Arme Würstchen: «Der Spalter» im ZDF

23. November

Lars (Axel Stein, M.) will den Polizisten (Marian Meder, Viktor Bleischwitz, l.) erklären, was passiert ist in einer Szene aus «Der Spalter». Foto: Oliver Vaccaro/Zdf/dpa
Lars (Axel Stein, M.) will den Polizisten (Marian Meder, Viktor Bleischwitz, l.) erklären, was passiert ist in einer Szene aus «Der Spalter». Foto: Oliver Vaccaro/Zdf/dpa

BERLIN: Alles fängt ganz harmlos an. Bianca (Marlene Morreis) und Oliver (Fabian Busch) laden ihre Nachbarn und Freunde Dila (Susana Abdulmajid) und Simon (Sebastian Schwarz) zu einem gemeinsamen Grillnachmittag ein. Dann klingelt es plötzlich und Olivers Vorgesetzter Lars (Axel Stein) steht vor der Tür. Eigentlich waren die beiden zum Eishockey verabredet, doch Oliver hat seine kranke Schwiegermutter vorgeschützt, um daheim feiern zu können. Nun bleibt Lars einfach da - und sprengt in kürzester Zeit die Runde. Die Komödie «Der Spalter» läuft an diesem Mittwoch um 20.15 Uhr im ZDF.

Lars stellt merkwürdige Behauptungen auf, ohne Belege zu liefern, streut falsche Nachrichten und bringt mit seinen Provokationen nach und nach die anderen vier auf die Palme. Allmählich schafft es der Kollege, auch das Nachbarspaar, das mit seiner Familienplanung hadert, gegeneinander aufzuwiegeln und sogar zu vertreiben.

Während Vertriebsprofi Oliver aus Angst vor dem Einfluss von Lars - er ist der Schwager des Chefs - den feigen Opportunisten gibt, will seine Frau ihre festen Überzeugungen keineswegs für die Karriere ihres Mannes opfern. Sie ist ohnehin gerade dabei, sich selbst zu verwirklichen und es mit Fotokunst zu versuchen. Zudem sorgt sie sich um ihren pubertierenden Sohn, der dem spießigen Heim entfleucht und als heimlicher Tierschützer bei verbotenen Aktionen unterwegs ist.

Regisseurin Susanna Salonen («Ausgerechnet Sylt») ist ein realistischer und aktueller Film gelungen, dem stellenweise jedoch der rote Faden abhanden kommt. Er ist mitnichten eine Satire, sondern ist angesichts von Rassismus und Sexismus in unserer von Dauerkrisen geschüttelten Gesellschaft leider richtig aus dem alltäglichen Leben gegriffen (von einem blutigen Zwischenspiel einmal abgesehen).

Zu sehen und hören sind Dialogszenen mit viel Wortwitz, aber auch ziemlich gemeine Untertöne und subtile Sticheleien. Zutage treten kleine Geheimnisse, es bilden sich Risse in Freundschaften, mit der scheinbaren Harmonie ist es bald vorbei.

Alle Schauspieler agieren hervorragend, in dem sie die Schwachstellen ihrer Figuren offenlegen und so Dinge tun, die sie sonst nicht getan hätten: Sie brüllen sich an, sie werfen mit Dingen um sich, sie lassen sich von einem richtigen Kotzbrocken provozieren, den Axel Stein («Mein Freund, das Ekel») sehr glaubhaft darstellt. Er hetzt, er petzt, er intrigiert, er weidet sich an den Streitigkeiten der anderen und lässt nur seine kruden und abseitigen Meinungen gelten - dabei hat er selbst ein verpfuschtes Privatleben. Im Grunde ist er ein armes Würstchen - aber selbst die werden ja irgendwann gegrillt.

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