Zeitungen zum Geschehen am Montag

Foto: Pixabay/Gerd Altmann
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«Handelsblatt» zu Hannover Messe

Der Kanzler und der Industriepräsident leben in demselben Land, nehmen aber die wirtschaftliche Lage völlig unterschiedlich wahr.

Siegfried Russwurm kritisiert "zwei verlorene Jahre" durch die Ampelkoalition, Olaf Scholz attestiert sich bei der Eröffnung der Industriemesse in Hannover "zwei Turnaround-Jahre". Der Kanzler will Deutschland starkreden, der Wirtschaftsmann verweist auf die Stagnation der Exporte und die internationalen Rankings, in denen Deutschland nach hinten durchgereicht wird. Die Wirtschaft hatte auf ein Einsehen des Kanzlers gehofft. Doch der lässt zuverlässig jede Gelegenheit verstreichen, auf die Wirtschaft zuzugehen oder zumindest seinen Plan für Deutschland zu erklären. Die Zeiten jedenfalls, wo Scholz die Probleme schönreden oder gar ignorieren kann, sind vorbei. Angesichts der ernsten Gesamtlage müsste der Kanzler sich jetzt als Restrukturierer des Landes begreifen: sinnlose Projekte stoppen, Ausgaben priorisieren und Ziele mit allen Beteiligten vereinbaren.


«Frankfurter Rundschau» zu Sipri/Militärausgaben

Die Zahlen des Friedensforschungsinstituts Sipri zu den weltweiten Militärausgaben sind beängstigend, doch leider nicht überraschend.

So war mit dem russischen Überfall auf die Ukraine klar, dass Kiew und deren Verbündeten viel Geld ausgeben müssen, damit Ukrainerinnen und Ukrainer sich verteidigen können. Ähnliches gilt für Chinas Machtstreben, auf den Japan und andere Staaten mit Aufrüstung reagieren. Und so berechtigt es auch ist von Sipri, diese Entwicklung anzuprangern, so schwer ist es, Wege der Deeskalation zu finden. Das zeigen nicht nur die Debatten über den Krieg gegen die Ukraine, sondern auch zum militärischen Konflikt zwischen Israel und der Hamas. Selbst vergleichsweise kleine Projekte wie das von der Ampel angekündigte Rüstungsexportkontrollgesetz kommen in diesem politischen Klima unter die Räder. Davon spricht spätestens seit dem Überfall der Hamas auf israelische Zivilistinnen und Zivilisten kaum noch jemand. Um dies zu stoppen, ist mehr nötig als Statistiken.


«Stuttgarter Zeitung» zu Wirtschaftspapier der FDP

Beim Thema Rente lässt sich erkennen, dass die FDP Nebelkerzen wirft.

Wer sich Sorgen über die dauerhafte ­Finanzierbarkeit der gesetzlichen Rente macht, dürfte nicht gemeinsam mit der SPD die Festschreibung des Rentenniveaus von 48 Prozent bis 2039 ins Gesetz schreiben - die teuerste Sozialreform der Ampel überhaupt. Das, was die FDP beim Thema Aktienrente dafür im Gegenzug bekommt, ist mickrig. Hier hat sich Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) gegen Lindner durchgesetzt. Vom FDP-Papier bleiben also zwei Erkenntnisse: Lindner ist ein Meister der politischen Kommunikation, aber nicht der politischen Verhandlungen. Und: Er muss sich fragen lassen, ob er in der Regierung noch ­regieren will - oder nur opponieren. Falls es tatsächlich um Letzteres geht, sollte er sich - zum Wohl der Landes - an den berühmtesten Satz erinnern, den er in seinem politischen Leben gesagt hat: "Es ist besser, nicht zu regieren, als falsch zu regieren.".


«Frankfurter Allgemeine Zeitung» zu Plan der FDP

(.)Die Forderungen nach einer "Beschleunigung der Wirtschaftswende" sind schon deshalb keine "Scheidungsurkunde" für die Ampel, weil CSU-Chef Markus Söder das so sagt.

Das ist aber ein deutliches Signal an die Anhänger wie an die Koalitionspartner, dass sich etwas tun muss - nicht nur für die FDP, sondern für das Land. Es ist nicht besonders sozialdemokratisch, wenn man fürs Nichtstun ebenso viel oder sogar mehr bekommt als für harte Arbeit. Es ist nicht grün, wenn Deutschland den Bach heruntergeht. Es sind nicht unbedingt rote Linien, welche die FDP jetzt aufzeigt. Es ist ein Weckruf. Wenn ihn die Ampel nicht hört, dann mag sich spätestens der Wähler daran erinnern.


«Rzeczpospolita»: Der große Krieg im Nahen Osten ist nicht abgewendet

WARSCHAU: Die Situation nach den Luftschlägen Israels gegen den Iran kommentiert die polnische Tageszeitung «Rzeczpospolita» am Montag:

«Nach dem iranischen Angriff mit mehreren hundert Drohnen und Raketen bekommt Israel plötzlich große Unterstützung aus dem Westen und aus Teilen der arabischen Welt. Der Gazastreifen und das Leiden der palästinensischen Zivilbevölkerung sind in den Hintergrund getreten. Israel hat sich im Lager der Guten positioniert, das vom Lager der Bösen angegriffen wird, in dem der Iran einen noch wichtigeren Platz einnimmt als sein Verbündeter Russland.

Es schien, dass Israel diese plötzliche Veränderung seines Images ausreichen könnte. Doch es kam anders. Allerdings ist die Art und Weise der Vergeltungsmaßnahmen auf dem Staatsgebiet der Ayatollahs rätselhaft. Die Iraner sprechen von «ein paar Drohnen». Das Ausmaß des Schadens ist gering, in der Tat ist fast nichts darüber bekannt. Allerdings hat Teheran schon früher damit gedroht, dass ein israelischer Angriff auf iranisches Territorium eine sofortige und harte Reaktion nach sich ziehen würde. Zählt der «schmerzlose» Treffer in der Nähe von Isfahan dazu? Ist es vielleicht möglich, dass es keine Vergeltungsmaßnahmen gegen israelische Ziele geben wird? Und wenn doch: wo und wann? Das fragt sich jetzt die halbe Welt. Mit einem Gefühl wachsender Beunruhigung. Der große Krieg im Nahen Osten ist vorerst leider nicht abgewendet.»


«Iswestija»: Alles auf gelb-blau in den USA

MOSKAU: Zur Verabschiedung des neuen Hilfspakets für die Ukraine im US-Repräsentantenhaus nach monatelanger Blockade schreibt die kremlnahe russische Zeitung «Iswestija» am Montag:

«Der jetzige Sumpf in Washington geht zweifellos als der am meisten stinkende weltweit in die Geschichte des Planeten ein. Seinerzeit wurden die Abgeordneten der Werchowna Rada wegen ihrer Käuflichkeit in der Ukraine «Kadaver» genannt. Die amerikanischen Kongressabgeordneten sind «Kadaver auf Steroiden». Beim Thema Käuflichkeit sind die gewählten US-Vertreter selbst den Parlamentariern des korruptesten Landes in Europa voraus. Was denken Sie, worüber sich die mit gelb-blauen Flaggen schwenkenden Kongressabgeordneten so freuen? Über die Rettung der ukrainischen «Demokratie»? Sie pfeifen darauf. (...)

Von jeder neuen Milliarde an Militärausgaben bekommen die «Kümmerer» der Ukraine, Israels, Taiwans und anderer unendlich weit von Amerika liegenden Länder stabile Kommissionen. Und eine großzügige Sponsorenhilfe für die nächste Amtszeit von denjenigen, die daraufhin die Kosten für die Produktion von Militärgütern fast auf das Tausendfache schrauben. (...)

Unabhängig davon, welche Art von Demokraten oder Republikanern formell an der Macht sind, die amerikanische Kriegspartei regiert weiter. (...)

Konkret für ist heute und morgen wichtig zu verstehen: In keinem Fall darf der Gegner unterschätzt werden. (...) Der Westen hat sich fest in die unglückliche Ukraine verbissen und ist eher bereit, sie in verbrannte Erde zu verwandeln, als seine Niederlage gegen Russland einzugestehen.»


«Corriere della Sera»: Wende in der US-Hilfe ist unser aller Glück

MAILAND: Zur Verabschiedung des neuen Hilfspakets für die Ukraine im US-Repräsentantenhaus nach monatelanger Blockade und der Rolle des Vorsitzenden der Parlamentskammer schreibt die italienische Zeitung «Corriere della Sera» am Montag:

«Die US-Republikaner - und wir alle - haben Glück, dass sie einen Mann wie Mike Johnson an ihrer parlamentarischen Spitze haben. Andere wären wie Kegel gefallen und es wäre zweifelhaft, dass die 61 Milliarden US-Dollar (57 Milliarden Euro) für die Ukraine durchgekommen wären. (...) Sollte Trump die Wahl im November gewinnen, ist es nicht sicher, dass die Dinge für Johnson gut ausgehen werden. Es ist sogar möglich, dass er noch vor diesem Termin abgewählt wird. Trotzdem hat er seine Karriere aufs Spiel gesetzt und am Ende eines komplexen parlamentarischen Manövers Erfolg gehabt. (...)

Vielleicht erweist sich der Vorsommer aufgrund der Verzahnung der US- und EU-Hilfen für die Ukraine als der beste Zeitpunkt, um eine verlässliche Einigung zwischen Angreifer und dem Angegriffenen zu erzielen. Sie werden sich bald in einer ähnlichen Lage befinden wie vor einem Jahr. (...) In diesem Fall könnten neue Waffen eingesetzt werden, um einen Waffenstillstand zu erzielen und zu sichern, der zunächst unsicher und wenig beruhigend wirkt. Aber später... Wenn das der Fall wäre, sollte der Friedensnobelpreis nicht denen verliehen werden, die das Wort Frieden mehr als zwei Jahre dreist missbrauchen, sondern Johnson, der durch den Brückenschlag zwischen Biden und Trump dies ermöglicht hat.»


«Washington Post»: Johnson hat politischen Mut bewiesen

WASHINGTON: Zur Verabschiedung der Ukraine-Hilfen im US-Repräsentantenhaus nach monatelanger Blockade durch die Republikaner am Samstag schreibt die «Washington Post»:

«Fürs Erste können die Verbündeten der USA aufatmen, allen voran dank des Vorsitzenden des Repräsentantenhauses, (dem Republikaner) Mike Johnson, und seiner - wenn auch viel zu späten - Bereitschaft, sich den radikalen Kräften in seiner eigenen Partei zu widersetzen (...). Auch (der demokratische Minderheitsführer (Hakeem) Jeffries zeigte sich der Situation gewachsen (...). Er deutete an, dass die Demokraten Johnson helfen würden, falls er mit einer Revolte der Radikalen in seiner Partei wegen der Ukraine konfrontiert würde. Diese geschickte Andeutung (...) scheint letztlich dazu beigetragen zu haben, die Drohungen der (republikanischen) Abgeordneten Marjorie Taylor Greene, Johnson abzusetzen, zu entschärfen. (...)

Dies ist ein historischer Moment. Eine de facto überparteiliche Koalitionsregierung hat die globale Glaubwürdigkeit der USA gewahrt. (...) Die US-Bündnisse haben Bestand, aber die Weichen für eine Neuausrichtung ihrer Bedingungen sind gestellt. (...) US-Verbündete in Europa und Asien können in der Tat mehr zu ihrer eigenen Verteidigung beitragen; Israel kann die Sorgen über die menschlichen Kosten des Krieges in Gaza besser berücksichtigen. (...) Was auch immer geschieht, die Führungsrolle der USA kann ohne die Qualität, die Johnson gerade bewiesen hat, keinen Erfolg haben: politischen Mut.»

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