Unbegleitete Minderjährige: Viele aus Afrika

Foto: dpa/Uli Deck
Foto: dpa/Uli Deck

BERLIN (dpa) - Schlägereien, Diebstähle, Drogen, Extremismus. Schlagzeilen machen unbegleitete minderjährige Ausländer vor allem dann, wenn etwas schief gelaufen ist. Von den Jungen und Mädchen, die verbissen Deutsch-Vokabeln büffeln, hört man wenig. Das Bundesfamilienministerium hat eine erste Bestandsaufnahme vorgelegt. Die wichtigsten Fakten:

Wie viele unbegleitete minderjährige Ausländer leben in Deutschland?

Im Moment betreuen die Jugendämter über 43 000 Kinder und Jugendliche. Die größte Altersgruppe sind die 16- und 17-Jährigen (68 Prozent), gefolgt von den 14- und 15-Jährigen (24 Prozent). Acht Prozent der Ausländer ohne Eltern sind noch jünger. Die Zahl der Neuankömmlinge sinkt. Im Januar 2017 zählte die Bundespolizei 349 alleinreisende Minderjährige. Ein Jahr zuvor waren es noch 1890.

Viele haben keine Papiere, woher weiß man dann, wie alt sie sind?

Zunächst einmal fragen die Behörden die Schutzsuchenden. Wenn sie berechtigte Zweifel haben, kann eine Beurteilung durch Psychologen oder Ärzte vorgenommen werden. Von 2012 bis 2015 hat das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf 1600 junge Menschen untersucht, davon wurden 600 als minderjährig eingestuft.

Warum sollte sich jemand jünger machen?

Die Unterbringung in einer betreuten Jugendwohngruppe ist angenehmer als in einem Asylbewerberheim. Die Hürden für die Abschiebung von Minderjährigen sind hoch. Das Aufenthaltsgesetz fordert, dass im Rückkehrstaat ein Angehöriger, ein Vormund oder eine «geeignete Aufnahmeeinrichtung» bereitsteht. Vor diesem Hintergrund sind auch die Überlegungen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge für die Schaffung von Jugendheimen in Marokko zu sehen.

Wo kommen die Minderjährigen her?

2016 kamen die meisten unbegleiteten Minderjährigen aus Afghanistan, Syrien und dem Irak. Seit der Schließung der «Balkanroute» ändert sich das. Baden-Württemberg berichtet, seit Sommer 2016 kämen vor allem Jugendliche aus Somalia, Eritrea, Gambia und Äthiopien, die insbesondere über die Schweiz und Frankreich einreisen.

Warum sind die Kinder und Jugendlichen geflüchtet?

Die wichtigsten Gründe sind: Krieg, eine prekäre wirtschaftliche Lage, Perspektivlosigkeit, drohende Zwangsverheiratung oder Rekrutierung zum Dienst an der Waffe. Junge Flüchtlinge aus Syrien und dem Irak kommen oft mit dem Auftrag, den Familiennachzug zu organisieren. Junge Afghanen und Afrikaner hoffen eher, Geld verdienen zu können, um die Familie in der Heimat zu unterstützen.

Warum wurde 2015 das Gesetz geändert?

Früher wurden minderjährige Flüchtlinge - anders als Erwachsene - nicht auf die 16 Bundesländer verteilt. Das heißt, wer in Berlin erstmals Kontakt mit der Polizei hatte, durfte in Berlin bleiben. Als die Überlastung in Bayern und einigen anderen Ländern immer größer wurde, zog die Bundesregierung die Notbremse. Zwischen dem 1. November 2015 und dem 6. Februar 2017 wurden 14 436 unbegleitete Minderjährige in andere Länder geschickt. Niedersachsen und Sachsen verzeichneten seither netto die meisten Zugänge (jeweils rund 2600 Kinder und Jugendliche).

Wie viele Minderjährige erhalten Asyl?

2015 stellte etwa jeder zweite Minderjährige einen Asylantrag. Viele Betreuer raten ihren Schützlingen, vor Erreichen der Volljährigkeit keinen Antrag zu stellen. Das Bundesinnenministerium will das ändern. Ein Gesetzentwurf zur verbesserten Durchsetzung der Ausreisepflicht sieht vor, dass der Asylantrag unverzüglich gestellt werden muss. 385 Asylanträge von Minderjährigen sind 2016 abgelehnt worden. Die meisten Antragsteller (4989) wurden als Flüchtlinge anerkannt. 2698 Minderjährige erhielten «subsidiären Schutz» (Aufenthaltsberechtigung von einem Jahr statt drei Jahren; Familienzusammenführung erst nach zwei Jahren).

Wie sind die Minderjährigen untergebracht?

Die meisten leben in betreuten Wohngruppen oder in Heimen der Jugendhilfe. Nur wenige Familien haben Flüchtlinge aufgenommen.

Was kostet die Versorgung und Betreuung?

Einen bundesweiten Durchschnittswert gibt es nicht. Die Kosten schwanken zwischen 90 Euro und 205 Euro pro Tag.

Haben viele Minderjährige psychische Probleme durch Krieg und Flucht?

Es gibt keine belastbaren Daten. Thüringen schätzt den Anteil der traumatisierten Minderjährigen auf 30 Prozent. Bremen sagt, jeder Zweite berichte von traumatisierenden Erlebnissen.

Was ist mit der Bildung?

Es kommen Analphabeten und Schulkinder, die kriegs- und fluchtbedingt mehrere Jahre keinen Unterricht hatten, aber auch Jugendliche, die im Herkunftsland ein Jahr vor dem Abitur standen. Wer gut Deutsch lernt, kann einen Schulabschluss machen.

Sind unter den Minderjährigen auch Kriminelle und Terroristen?

Der Anteil ist sehr gering. Allerdings weisen Helfer auf die Gefahr eines Abdriftens der jungen Menschen in radikale Gruppen und kriminelle Strukturen hin, falls ihre Integration misslingen sollte.

Können minderjährige Flüchtlinge ihre Eltern zu sich holen?

Ja. In der Praxis kommt das allerdings kaum vor. Das liegt unter anderem daran, dass Asylverfahren oft lange dauern. Wenn ein Antragsteller volljährig wird, darf er seine Eltern nicht mehr holen.

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Jürgen Franke 18.03.17 11:05
Minderjährige ohne Begleitung sind
sofort zu kasernieren, da sie eine tickende Bombe darstellen. Sie gehören unter Aufsicht in ein Heim. Schule und Sport den ganzen Tag, dann kommen die nicht auf dumme Gedanken.
Jack Norbert Kurt Leupi 17.03.17 16:53
Warum ? /Herr Ingo Kerp
Erstens ,schauen Sie mal die Statistik an ! Die CH hat ca. 8,3 Mil. Einwohner ,davon sind über 2 Mil. Ausländer ,d.h. ein Viertel der Gesamtbevölkerung sind "Fremde " ! Zweitens haben wir keinen Platz mehr , denn das" Boot ist voll "! ( der arbeitende Schweizer muss morgens und abends im Zug ,Bus oder Tram stehen ,weil die Plätze von den "Sozialfällen " belegt sind !) Drittens haben wir dem Gesetz gegen eine Masseneinwanderung demokratisch zugestimmt und viertens betreiben wir keine Willkommenspolitik ! " Enough is enough "!
Ingo Kerp 17.03.17 10:57
Warum werden Jugendliche
aufgenommen, wenn sie über sichere Länder wie Schweiz oder Frankreich nach DE einreisen? Diese Länder sind wahrscheinlich froh, das die liberalen Deutschen jeden aufnehmen, ob mit oder Papiere, minderjährig oder erwachsen, jeder darf kommen.