SPD legt Wahlprogramm vor

Thomas Oppermann. Foto: epa/Bernd Von Jutrczenka
Thomas Oppermann. Foto: epa/Bernd Von Jutrczenka

BERLIN (dpa) - Klare Kante gegen Verbrechen und Terror, Entlastung bei Sozialausgaben, mehr Geld für Bildung: Mit ihrem Wahlprogramm will die SPD nach den Pleiten bei den jüngsten Landtagswahlen in die Offensive kommen.

«Ich finde, wir haben ein starkes Programm vorgelegt, vielleicht das beste seit Willy Brandt», sagte Fraktionschef Thomas Oppermann am Montag in Berlin. Die Vorschläge seien ein «klares Kontrastprogramm» zu den Ideen von CDU und CSU. Allerdings gibt es bei den SPD-Vorschlägen noch ein paar Unbekannte: Bei Steuern und Rente wird noch gerechnet. Reiche sollen aber auf alle Fälle mehr zum Allgemeinwohl beitragen.

Oppermann präsentierte als Co-Chef der Programmkommission in der Parteizentrale die Ergebnisse zweijähriger Beratungen. Endgültig beschlossen werden soll das Wahlprogramm am 25. Juni bei einem Sonderparteitag in Dortmund. Mit den Kerninhalten - 71 Seiten unter dem Titel «Mehr Zeit für Gerechtigkeit» - will Kanzlerkandidat Martin Schulz in die heiße Wahlkampfphase ziehen.

In der Flüchtlingspolitik bekennen sich die Sozialdemokraten zum Asylrecht. Es müsse aber eine konsequente Rückführung abgelehnter Asylbewerber geben, sagte Oppermann.

Zum Schutz vor Alltagskriminalität müsse der Staat im Alltag präsenter sein. So fordert die SPD 15.000 neue Polizisten in Bund und Ländern. «Sicherheit ist die Voraussetzung für die offene Gesellschaft», sagte Oppermann.

Der Staat müsse wehrhaft gegen Terroristen, Rechtsextreme und Kriminelle vorgehen: «Wir wollen, dass Straftäter in Deutschland die ganze Härte des Gesetzes spüren.» Oppermann kritisierte die Union, die sich als Hüterin der Inneren Sicherheit aufplustere. Innenminister Thomas de Maizière (CDU) habe zu verantworten, dass ein rechtsextremer Bundeswehrleutnant sich als Flüchtling habe tarnen können. De Maizière sei kein Minister für Innere Sicherheit, sondern «eher ein Sicherheitsrisiko».

In der Steuerpolitik will die SPD untere und mittlere Einkommen entlasten. Facharbeiter sollen profitieren, in dem der Spitzensatz von 42 Prozent erst später greift. Auch soll das Ehegattensplitting zu einem «Familientarif mit Kinderbonus» umgebaut werden, damit Eltern ohne Trauschein auch etwas davon haben. Das betreffe viele Familien: «Wir haben ein Steuerrecht, das an 3,4 Millionen Familien vorbeigeht», sagte Familienministerin Manuela Schwesig. Möglich ist, dass die SPD ihr durchgerechnetes Steuerkonzept erst nach dem Parteitag vorlegen wird. Von einer Vermögensteuer hat die SPD inzwischen Abstand genommen.

Bei der Rente will die SPD das Modell von Arbeitsministerin Andrea Nahles umsetzen. Es sieht eine sogenannte doppelte Haltelinie vor - ein Absinken des Rentenniveaus - also des Verhälnisses von Standardrente zu Durchschnittsentgelt - soll verhindert, gleichzeitig eine Explosion der Beiträge vermieden werden. Zu den Kosten sagt die SPD noch nichts. Diskutiert wird ein Rentenniveau von um die 48 Prozent, bei den Beiträgen ein Zielbereich von 22 bis 23 Prozent.

Beim Vererben von Firmenvermögen soll der Fiskus mehr kassieren - Familien sollen aber bei der Weitergabe von Omas und Opas Häuschen durch hohe Freibeträge unverändert geschont werden.

Nach den drei Niederlagen bei den Landtagswahlen im Saarland, in Schleswig-Holstein und im SPD-Stammland Nordrhein-Westfalen ist die Unruhe in der SPD erheblich. Parteichef Schulz sagte dort zum Wahlprogramm: «Was ich will, ist ein großer Wurf, ein nationaler Bildungspakt für Investitionen in Bildung, Forschung und den ländlichen Raum und keine hohlen Steuerversprechen, die eh kein Mensch mehr braucht.»

Die Beratungen der Parteispitze waren am Montag durch einen Bombenalarm unterbrochen worden. In der Poststelle des Willy-Brandt-Hauses war ein verdächtiger Gegenstand entdeckt worden. Die Spitzenpolitiker mussten für etwa 90 Minuten das Gebäude verlassen. Dann gab die Polizei Entwarnung.

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Jürgen Franke 24.05.17 15:24
Leider, Herr Gittner, wird auch die SPD einen
Koalitionspartner zum Regieren benötigen. Mein Vorschlag wären dann, die LINKEN mit ins Boot zu nehmen, unter der Bedingung: Raus aus der Nato und rein in ein EU Militärbündnis. Rückabwicklung der Agenda 2010. Aber bekanntlich ist die Dr. Wagenknecht nicht besonders beliebt, aufgrund ihrer hohen Intelligenz und brillanten Rhetorik. Wir werden auch wieder erleben, dass Personen gewählt werden und nicht ein Programm der Parteien. Der Lindner wurde gewählt und nicht sein Programm von vorgestern. Die Franzosen haben es uns vorgemacht, wie so etwas funktioniert. Übrigens, der Wähler steckt in keinem Dilemma, er muß sich lediglich informieren.
Hermann Auer 24.05.17 10:43
Den Namen ...
... Willy Brandt in den Mund zu nehmen, ist doch im vorliegenden Fall schon fast sowas wie Gotteslästerung! Die SPD der letzten 20 Jahre steht für den größten Sozialabbau der letzten 70 Jahre - im Mittelpunkt steht die Durchsetzung der Agenda 2010, die weiterhin mit Händen und Füßen verteidigt wird. Und was Schulz in der EU so getrieben hat, ist vielen nur nicht so recht bekannt, weil die meisten Leute nicht bis nach Brüssel geguckt haben. Er hat beispielsweise - nur ein kleines Beispiel von vielen - als Tribut an seinen Kumpel Juncker Maßnahmen zur Verfolgung von Steuerflucht erfolgreich torpediert. Ein Hoffnungsträger für die sozial Schwachen ist er keineswegs - das hat man in den drei Ländern mit den verlorenen Landtagswahlen wohl richtig erkannt. SPD - mir graut vor dir - noch mehr als vor schwarz und gelb (eine Farbenmischung, die bekanntlich braun ergibt).
Jürgen Franke 23.05.17 21:57
Es ist zu hoffen, dass die Demenz des
Wahlvolkes nicht noch weiter zunimmt und die SPD endlich im September, für ihre verantwortungslose Politik die entsprechende Quittung bekommt. Es ist eine nicht mehr tolerierbare Verachtung der Wähler, mit diesen wichtigen Themen vor dem Wahltermin rauszurücken, obwohl man Mitglied der Regierung immer noch ist. Dem Oppermann ist das völlig egal, da er über die Landesliste immer in den Bundestag kommt, egal wie viel Stimmen die SPD überhaupt noch bekommt. Kein Mensch wagt den Oppermann zu fragen, warum die Rentner in Österreich deutlich besser dastehen, als die, vor der Altersarmut stehenden, Rentner in Deutschland
Ingo Kerp 23.05.17 14:56
Und wie finanziert man sowas?