Prozess gegen Hongkonger Verleger Jimmy Lai hat begonnen

Die Außenseite des West Kowloon Court Buildings in Hongkong. Foto: epa/Bertha Wang
Die Außenseite des West Kowloon Court Buildings in Hongkong. Foto: epa/Bertha Wang

HONGKONG: Der 76-jährige Medienmogul Jimmy Lai ist für die chinesische Führung schon lange ein rotes Tuch. Dem Hongkonger Aktivisten droht nun eine lebenslange Haftstrafe. Westliche Politiker reagieren empört.

In Hongkong hat der Prozess gegen den Verleger und Demokratieaktivisten Jimmy Lai wegen unterstellter Verstöße gegen das umstrittene Sicherheitsgesetz der chinesischen Sonderverwaltungsregion begonnen. Der 76-Jährige erschien am Montag vor einem Gericht im Stadtteil West Kowloon, wie die Hongkonger Zeitung «South China Morning Post» und andere Medien übereinstimmend berichteten.

Lai ist Gründer der prodemokratischen Hongkonger Zeitung «Apple Daily». Das Blatt wurde 2021 zwangsweise eingestellt, nachdem es wegen angeblicher Verstöße gegen das Sicherheitsgesetz ins Visier der Behörden geraten war. Lai wurde bereits zu zwei Haftstrafen verurteilt und sitzt seit drei Jahren im Gefängnis. Sollte Lai, wie erwartet, auch in dem nun beginnenden Prozess schuldig gesprochen werden, droht ihm im schlimmsten Fall eine lebenslange Haftstrafe. Der Prozess, der schon mehrmals verschoben worden war, soll bis ins neue Jahr andauern.

Das Sicherheitsgesetz, das erst 2020 als Reaktion auf große Demonstrationen für mehr Demokratie in Kraft trat, richtet sich gegen die prodemokratische Opposition und gegen Aktivitäten, die Peking als umstürzlerisch, separatistisch, terroristisch oder verschwörerisch ansieht. Zahlreiche Aktivisten wurden seit dem Ende der Proteste bereits verurteilt oder sind ins Ausland geflohen.

Kurz vor Beginn des Prozesses in der früheren britischen Kronkolonie forderte die Regierung in London die sofortige Freilassung des Verlegers. Die politisch motivierte Strafverfolgung Lais, der auch einen britischen Pass hat, müsse umgehend eingestellt werden, sagte Außenminister David Cameron einer Mitteilung vom späten Sonntagabend zufolge.

Der frühere Premierminister zeigte sich besorgt über das umstrittene Gesetz zum Schutz der nationalen Sicherheit, gegen das Lai verstoßen haben soll. China breche damit seine internationalen Verpflichtungen, sagte Cameron. «Es hat Hongkong geschadet und Rechte und Freiheiten erheblich ausgehöhlt. Verhaftungen auf der Grundlage des Gesetzes haben die Stimmen der Opposition zum Schweigen gebracht.»

Ein Sprecher des Pekinger Außenministeriums wies die Kritik am Montag als «Einmischung» zurück. Lai sei der «Hauptplaner der antichinesischen Unruhen» und «die treibende Kraft hinter dem Chaos in Hongkong», sagte Sprecher Wang Wenbin.

Der Geschäftsführer des Vereins Reporter ohne Grenzen, Christian Mihr, kritisierte das Verfahren gegen Lai. «Kurz vor diesem historischen Prozess ist es wichtiger denn je, dass sich die internationale Gemeinschaft hinter Jimmy Lai stellt», sagte Mihr laut einer Mitteilung. «Das Gericht muss sich an die Rechtsstaatlichkeit halten und dieses fadenscheinige Verfahren einstellen.»

In den vergangenen drei Jahren hätten die Behörden das Sicherheitsgesetz und andere Gesetze als Vorwand genutzt, um mindestens 28 Journalistinnen und Journalisten sowie Verteidiger der Pressefreiheit in Hongkong zu verfolgen.

Seit dem 1. Juli 1997 gehört die einstige britische Kronkolonie wieder zu China und wird nach dem Grundsatz «ein Land, zwei Systeme» regiert. Diese Vereinbarung sieht eigentlich vor, dass Hongkonger für 50 Jahre bis 2047 «ein hohes Maß an Autonomie» und viele Freiheiten genießen. Seit der Verabschiedung des Sicherheitsgesetzes reden viele jedoch nur noch von «ein Land, ein System».

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