Übergangsrat vereidigt

Haitis Premierminister zurückgetreten 

Übergangspremierminister Michel Patrick Boisvert spricht zu den Mitgliedern des Übergangspräsidentenrats von Haiti. Foto: epa/Johnson Sabin
Übergangspremierminister Michel Patrick Boisvert spricht zu den Mitgliedern des Übergangspräsidentenrats von Haiti. Foto: epa/Johnson Sabin

PORT-AU-PRINCE: Gut sechs Wochen hat es bis zur Umsetzung einer Einigung auf eine politische Übergangslösung für Haiti gedauert. Nun ist die Ablösung des Interimspremierministers offiziell.

Nach der Amtseinführung eines Übergangs-Präsidialrats im Krisenstaat Haiti ist der bisherige Interims-Premierminister Ariel Henry zurückgetreten. Seine Nachfolge tritt übergangsweise der bisherige Finanzminister Michel Patrick Boisvert an, wie haitianische Medien am Donnerstag berichteten. Kurz zuvor waren am Morgen (Ortszeit) im Präsidentenpalast in der Hauptstadt Port-au-Prince die neun Mitglieder des Übergangsrats vereidigt worden. Dieser soll eine neue Übergangsregierung ernennen, den Weg hin zu den ersten Wahlen in dem Karibikstaat seit 2016 ebnen und eine vom UN-Sicherheitsrat genehmigte multinationale Sicherheitsmission in Haiti unterstützen.

Der Rat setzt sich aus Vertretern verschiedener politischer, zivilgesellschaftlicher, Wirtschafts- und religiöser Gruppen zusammen - sieben der Mitglieder sind stimmberechtigt. Die Schaffung des Rats war am 11. März bei einem Treffen der Karibischen Gemeinschaft Caricom in Jamaika als Ausweg aus der schweren Staats- und Sicherheitskrise in Haiti vereinbart worden. Seitdem war über seine Zusammensetzung verhandelt und gestritten worden.

Henry hatte seinen Rücktritt angekündigt, sobald der Rat steht. Der Neurochirurg regierte seit kurz nach der Ermordung des Präsidenten Jovenel Moïse im Juli 2021. Wegen der heftigen Gewalt mächtiger Banden, die Henrys Rücktritt forderten, kehrte er von einer Auslandsreise Ende Februar nicht zurück.

Die US-Regierung begrüßte die Einsetzung des Übergangsrats. Mit dessen Vereidigung seiner Mitglieder sei ein «entscheidender Schritt auf dem Weg zu freien und fairen Wahlen» getan worden, sagte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrats, John Kirby, am Donnerstag. Um die Kapazitäten der haitianischen Polizei zu stärken, hätten die USA eine erste Lieferung mit Ausrüstung auf den Weg gebracht. Die USA seien weiterhin entschlossen, die von Haiti geführten Bemühungen um die Wiederherstellung von Sicherheit und Rechtsstaatlichkeit zu unterstützen, sagte er.

Schon vor der jüngsten Eskalation kontrollierten nach UN-Angaben bewaffnete Gruppen etwa 80 Prozent von Port-au-Prince. Mehr als 1500 Menschen wurden in den ersten drei Monaten des Jahres getötet, rund 95.000 innerhalb eines Monats aus der Hauptstadtregion vertrieben. Eine bereits bestehende Hungerkrise verschärfte sich. Alle Linienflüge fielen aus, ausländische Diplomaten und Bürger wurden aus Haiti evakuiert.

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