Deutliche Worte an Le Pen

Foto: epa/Patrick Kovarik
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PARIS (dpa) - Die Hauptkonkurrenten von Marine Le Pen bei der Präsidentenwahl haben die Wähler über alle Parteigrenzen hinweg in scharfer Form vor dem Abschottungskurs der Front-National-Chefin gewarnt.

Der Konservative François Fillon bezeichnete sie bei der ersten TV-Debatte der fünf aussichtsreichsten Kandidaten wegen ihrer Forderung nach einem Ausstieg aus dem Euro als «Serienkiller der Kaufkraft». Der Wahlfavorit Emmanuel Macron warf Le Pen mit Blick auf ihre Haltung zum Islam vor, die Gesellschaft zu spalten.

Im Durchschnitt verfolgten fast 10 Millionen Fernsehzuschauer den Schlagabtausch, wie der Sender TF1 am Dienstag mitteilte. Einen Monat vor dem ersten Wahlgang ging Macron laut einer Blitzumfrage gestärkt aus der teils hitzigen Debatte hervor. 29 Prozent der befragten Zuschauer hielten ihn am Montagabend für am überzeugendsten. Auf Platz zwei kam der Linkspolitiker Jean-Luc Mélenchon (20 Prozent), gefolgt von Le Pen und Fillon (jeweils 19 Prozent). Benoît Hamon von den regierenden Sozialisten hielten dagegen nur 11 Prozent für den Überzeugendsten.

Le Pen wetterte erneut gegen die Europäische Union und die Einwanderung. Während die übrigen Kandidaten das EU-Thema weitgehend mieden, bot Fillon ihr bei der Forderung nach einer Rückkehr zu einer eigenen französischen Währung klar Paroli. «Sie sind dabei, das Land in ein regelrechtes wirtschaftliches und soziales Chaos zu ziehen», sagte er. Macron schloss sich der Kritik an.

Die Rechtsaußen-Kandidatin will ein Referendum über den Verbleib in der EU sowie den Austritt aus dem Euro und dem Schengenraum, der die Grenzkontrollen in weiten Teilen Europas abgeschafft hat. Le Pen bezeichnete die Angriffe als Angstmacherei. «Das wurde vor dem Brexit und vor der Wahl von Donald Trump benutzt.»

Le Pen und der sozialliberale Bewerber Emmanuel Macron gelten als Favoriten für den ersten Wahlgang. Bei einer Stichwahl zwischen ihnen sagen Umfragen Macron derzeit einen deutlichen Sieg voraus, allerdings ist die Entscheidung vieler Wähler noch unsicher.

Die beiden gerieten in der mehr als dreistündigen Debatte mehrfach aneinander - unter anderem, als Le Pen über ein Verbot religiöser Symbole im öffentlichen Raum sprach und Macron unterstellte, für sogenannte Burkinis zu sein, Ganzkörper-Schwimmanzüge für Musliminnen. «Sie tappen mit ihren Provokationen in die Falle (...), aus den vier Millionen Französinnen und Franzosen, deren Religion der Islam ist, (...) Feinde der Republik zu machen», sagte Macron.

«Ich möchte, dass man an diese jungen Frauen denkt, die sich heute nicht kleiden können, wie sie wollen», entgegnete Le Pen, «weil man dem islamistischen Fundamentalismus freie Hand gelassen hat». Die Debatte über die Rolle des Islams ist in Frankreich seit Jahren brisant, auch vor dem Hintergrund der islamistischen Terrorserie.

Macron musste sich ebenfalls gegen harte Kritik wehren: Mehrere Kokurrenten warfen ihm ein vages Programm vor. «Man weiß nicht, was Sie wollen», sagte Le Pen, die ihn der «absoluten Leere» bezichtigte. «Wenn Sie es nicht verstanden haben: Im Gegensatz zu Ihnen will ich nicht mit Herrn Putin gemeinsame Sache machen», entgegnete Macron.

Kaum eine Rolle spielten dagegen die Affären Fillons und Le Pens, die in den vergangenen Wochen die Schlagzeilen bestimmt hatten. Fillon ist wegen des Verdachts einer Scheinbeschäftigung seiner Frau auf Parlamentskosten unter Druck. Le Pen steht im Visier der Justiz, weil Mitarbeiter von FN-Abgeordneten im EU-Parlament in Wahrheit für die Partei gearbeitet haben sollen.

Fillon war infolge der Affäre auf den dritten Platz in den Umfragen abgerutscht. Er stellte in der Debatte seine staatsmännische Erfahrung als früherer Premierminister heraus. «Ich werde der Präsident der nationalen Sanierung sein.» Er will weitgehende Wirtschaftsreformen und einen klaren Sparkurs.

Die Franzosen wählen ihren neuen Staatschef in zwei Runden am 23. April und am 7. Mai. Insgesamt treten elf Kandidaten an. Vor dem ersten Wahlgang sind zwei weitere TV-Debatten geplant.

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Jürgen Franke 22.03.17 23:41
Es ist zu hoffen, dass die
Wähler in Frankreich sich diese Debatten ansehen, um sich eine Meinung zu bilden, um sich nicht später über den Ausgang dieser Wahl zu wundern. Der Wahlausgang des Brexit oder Trump sollten ausreichend gewarnt haben.
Dracomir Pires 22.03.17 16:34
"Deutliche Worte von Le Pen"
Die Islam- und EU-Kritikerin kann noch so deutlich warnen, wie sie will. Im zweiten Wahlgang werden sich die anderen Parteien zusammenrotten und die Wahl der ersten Präsidenten Frankreichs verhindern. Schade ...
Ingo Kerp 22.03.17 14:35
Erstaunlich, das der korrupte und inzwischen wegen etlicher Verfehlungen ins Visier geratene Fillon immer noch dabei ist. Warum nimmt ihn seine Partei nicht aus dem Rennen, nach dem er stur an seinem Stuhl klebt und keine Konsequenz zieht?.