Zäher Datenfluss: Kritik an Behörden nach Lockdown in Leicester

Foto: Pixabay
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LONDON: Nach der Wiedereinführung von Kontaktbeschränkungen in der mittelenglischen Stadt Leicester hat die britische Ärztegewerkschaft BMA Kritik an den Behörden geübt. Die Regierung müsse offener und transparenter mit lokalen Daten umgehen, so die Medizinervereinigung. Leicesters Bürgermeister Peter Soulsby hatte sich bereits zu Beginn der Woche über den «zutiefst frustrierenden» Prozess beschwert, an aktuelle Daten zu kommen. Die Stadt mit rund 340.000 Einwohnern unterliegt seit Anfang der Woche wieder verschärften Kontaktbeschränkungen.

Einem Bericht der «Financial Times» zufolge wurden den lokalen Behörden in der Stadt die Zahlen über das Infektionsgeschehen erst mit großer Verzögerung zugänglich gemacht. Veröffentlicht wurden demnach nur die Testergebnisse aus Krankenhäusern, nicht aber die aus privaten Laboren - dort wurden aber in der zweiten Juni-Hälfte bis zu 90 Prozent der täglichen Neuinfektionen verzeichnet. Der Anstieg blieb den örtlichen Behörden damit verborgen.

Die britische Regierung ist seit Monaten wegen ihres Umgangs mit der Coronavirus-Pandemie in der Kritik. Programme für flächendeckende Tests und Kontaktverfolgung liefen nur schwerfällig an. Die späte Einführung von Kontaktbeschränkungen Ende März kostete nach Ansicht des Wissenschaftlers Neil Ferguson vom Imperial College London Zehntausende Menschen das Leben. Eine App, die bei der Kontaktverfolgung helfen sollte, wurde Mitte Juni nach einer Testphase verworfen.

Kein anderes Land in Europa verzeichnet so viele Todesfälle durch die Coronavirus-Pandemie wie das Vereinigte Königreich. Dort starben bislang mehr als 43.700 Menschen, nachdem sie positiv auf das Virus getestet wurden. Die Zahl der Sterbefälle insgesamt, bei denen die Lungenkrankheit Covid-19 als Ursache angenommen wurde, liegt bei mehr als 54.000. Es dürfte aber noch viele unerkannte oder indirekte Fälle gegeben haben: Die sogenannte Übersterblichkeit für die Zeit der Pandemie liegt im Vereinigten Königreich bei über 65.000.

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