Debatte um Todesstrafe in Russland entfacht

Foto: Pixabay
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MOSKAU: Wie jetzt nach dem Terroranschlag kocht in Moskau immer wieder die Debatte um die Wiederanwendung der Todesstrafe hoch. 1996 wurde sie zuletzt in Russland vollstreckt. Sie könnte bald wiederkommen.

Der russische Parlamentschef Wjatscheslaw Wolodin hält die Wiederanwendung der Todesstrafe in Russland für schnell machbar. «In unserer Verfassung und im Strafrecht hat niemand die Todesstrafe abgeschafft», sagte Wolodin am Dienstag bei einer Parlamentssitzung. Das Verfassungsgericht könne die Anwendung beschließen. Es seien keine Referenden oder anderen Entscheidungen nötig. Bisher gilt ein Moratorium auf die Anwendung der Todesstrafe in Russland. Führende Politiker, darunter von der Kremlpartei Geeintes Russland, haben sich nach dem Terroranschlag bei Moskau am Freitag für eine Wiedereinführung dieser Höchststrafe ausgesprochen.

Wolodin hatte sich nach dem Anschlag auf das Veranstaltungszentrum Crocus City Hall, bei dem mindestens 139 Menschen starben, noch am Freitag für eine Tötung der Täter ausgesprochen. Nun sagte er, dass eine Entscheidung über die Wiederanwendung der Todesstrafe mit kühlem Verstand und nach einer Diskussion getroffen werden müsse.

Das letzte Todesurteil durch Erschießen wurde in Russland 1996 unter dem damaligen Präsidenten Boris Jelzin ausgeführt. Russland führte dann ein Moratorium ein, durch das die Todesstrafe ausgesetzt wurde.

Duma-Chef Wolodin sagte nun, dass Russland sich nach seinem Austritt aus dem Europarat nicht mehr an die dort geltenden internationalen Vereinbarungen halte. Russlands Nachbar Belarus - beide Länder haben einen Unionsstaat gebildet - führt als letztes Land in Europa noch die Todesstrafe aus, und zwar durch Genickschuss.

Die Debatte um die Wiederanwendung der Todesstrafe kocht in Russland immer mal wieder hoch. Der Chef des russischen Verfassungsgerichts, Waleri Sorkin, sprach sich 2022 gegen die Wiederanwendung der Höchststrafe aus. Damals hatte Russlands Ex-Präsident Dmitri Medwedew die Wiedereinführung der Todesstrafe gefordert. Das Moratorium sei durchaus zu überwinden, wenn nur das Verfassungsgericht seine Einstellung ändere, sagte er.

Ein Kremlsprecher hatte am Montag gesagt, dass sich die Präsidialverwaltung nicht an der Diskussion beteilige. Im russischen Staatsfernsehen wurden Menschen bei einer Straßenumfrage gezeigt, unter denen es klare Gegner, aber auch Befürworter der Todesstrafe gab. Einige warnten davor, dass solche Urteile politisch missbraucht werden könnten.

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