Wohin steuert Indonesien unter Prabowo?

Siegeszug eines Ex-Generals

Der indonesische Verteidigungsminister und Präsidentschaftskandidat Prabowo Subianto (C) begrüßt seine Anhänger im Istora-Stadion in Jakarta. Foto: epa/Adi Weda
Der indonesische Verteidigungsminister und Präsidentschaftskandidat Prabowo Subianto (C) begrüßt seine Anhänger im Istora-Stadion in Jakarta. Foto: epa/Adi Weda

JAKARTA: In Indonesien kommt der umstrittene Ex-General Prabowo Subianto an die Macht. Damit geht die extrem erfolgreiche Ära Jokowi zu Ende. Die Wahl war eine Herkulesaufgabe - Dschungel inklusive.

Im Inselreich Indonesien wird aller Voraussicht nach ein Ex-General mit dunkler Vergangenheit neuer Präsident: Prabowo Subianto hat die Wahl am Mittwoch vorläufigen Berechnungen zufolge mit überragendem Vorsprung für sich entschieden. Nach Schnellauszählungen («Quick Counts») von Wahlzetteln aus allen Landesteilen kommt der 72-jährige amtierende Verteidigungsminister auf etwa 57 bis 59 Prozent der Stimmen, wie indonesische Medien am Mittwoch übereinstimmend berichteten. Das offizielle Endergebnis will die Wahlbehörde aber erst Ende März verkünden.

Am Abend (Ortszeit) erklärte Prabowo sich zum Wahlsieger. Alle Berechnungen zeigten, dass der Gewinner bereits nach der ersten Wahlrunde feststehe, sagte er. Seine Regierung werde allen gleichermaßen dienen, unabhängig von ethnischer Zugehörigkeit, Religion oder sozialem Hintergrund, versprach er: «Dieser Sieg muss ein Sieg für das gesamte indonesische Volk sein.»

Schon im Vorfeld galt Prabowo als klarer Favorit auf die Nachfolge von Joko Widodo, genannt Jokowi. Der beliebte Noch-Präsident durfte nach zwei Amtszeiten nicht erneut kandidieren. Bei den vergangenen beiden Wahlen 2014 und 2019 waren die beiden Politiker noch erbitterte Gegner.

Prabowos Kontrahenten - der frühere Gouverneur von Jakarta und Ex-Bildungsminister Anies Baswedan (54) und der Gouverneur der Provinz Zentraljava Ganjar Pranowo (55) - lagen mit etwa 25 Prozent und 16 Prozent weit abgeschlagen dahinter. Prabowo müsste somit nicht einmal in eine Stichwahl, die für Juni geplant war.

Der Wahlkampf war jedoch auch von Kritik geprägt: Denn als Vize-Präsidenten hat Prabowo den ältesten Sohn Jokowis, Gibran Rakabuming Raka (36), nominiert. Der wäre eigentlich zu jung für das Amt, durfte aber nach einer Entscheidung des Verfassungsgerichts trotzdem antreten. Daraufhin hagelte es Vorwürfe politischer Beobachter, Jokowi versuche eine politische Familiendynastie aufzubauen.

Aufregung gab es noch einmal am vergangenen Wochenende, als ein Dokumentarfilm des prominenten Investigativjournalisten Dandhy Laksono im Netz viral ging. In «Dirty Vote» wird Jokowi vorgeworfen, staatliche Mittel genutzt zu haben, um die Wahl zugunsten Prabowos und seines Sohnes zu manipulieren. Das Video wurde millionenfach geklickt - hat aber offenbar am Wahlausgang nichts geändert.

Denn bei der Bevölkerung kam das Gespann trotz aller Kritik extrem gut an - auch dank einer cleveren Social-Media-Kampagne, bei der sich Prabowo wahlweise als tanzender Opa oder mit seiner niedlichen Katze Bobby Kertanegara inszenierte. «Er steht für Kontinuität, vor allem was den wirtschaftlichen Aufschwung unter Jokowi betrifft», sagte Ketut Oka, Bewohner der Urlaubsinsel Bali. «Er war der einzige Kandidat, der genügend Erfahrung für das Amt mitbringt.»

Für Wayan Laksmi, die im Ort Ubud an der Rezeption eines Hotels arbeitet, gab hingegen die Nominierung Gibrans als Vize-Präsident den Ausschlag. «Am liebsten hätten wir, dass Jokowi im Amt bleibt. So ist wenigstens sein Sohn mit an der Regierung», erklärte sie. Mit dieser Meinung ist sie nicht alleine: Viele im Land schwärmen für den Noch-Präsidenten, unter dem sich Indonesien seit 2014 zu einer stabilen Demokratie und einem der mächtigsten Akteure im gesamten Indopazifik entwickelt hat.

Das war nicht immer so. Zwischen 1967 und 1998 wurde der Inselstaat vom brutalen Diktator Suharto gebeutelt. Unter ihm war Prabowo mächtiger General. Ein Drittel aller Wahlberechtigten in Indonesien ist aber jünger als 30 Jahre: Die Gen Z war zu dieser Zeit noch gar nicht geboren. Dass Prabowo der Schwiegersohn Suhartos war und ihm ebenfalls Menschenrechtsverletzungen während dessen Herrschaft vorgeworfen werden, scheint bei der Wahl keine Rolle gespielt zu haben. Wohin Indonesien nun unter dem neuen Präsidenten steuert, bleibt abzuwarten.

Mit seinen herrlichen Landschaften, Regenwäldern, Vulkanen und seltenen Tieren wie Orang-Utans ist Indonesien ein Traumziel für Reisende aus aller Welt. In dem riesigen Land mit seinen etwa 17.000 Inseln und drei verschiedenen Zeitzonen eine Wahl zu organisieren, ist zugleich eine Herkulesaufgabe. Stimmzettel und Wahlurnen mussten teils zu Fuß durch den Dschungel geschleppt werden. Auch Pferde und Boote kamen zum Einsatz.

Mit 274 Millionen Einwohnern ist der G20-Staat die drittgrößte Demokratie und das größte muslimische Land der Welt. Derzeit ist Deutschland der größte Handelspartner in der EU. Die wirklich wichtigen Partner sind aber andere. China und die USA vor allem, wobei Jakarta immer um eine möglichst neutrale Haltung gegenüber den beiden Großmächten bemüht ist.

Das Archipel ist dank riesiger Nickelerz-Vorkommen die größte Volkswirtschaft Südostasiens. Laut Prognosen wird Indonesien bis 2045 weltweit unter die Top 5 aufsteigen - und Deutschland überholen.

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