Beweise für Vergiftung Nawalnys gefordert

Die jährliche Pressekonferenz des russischen Präsidenten Wladimir Putin. Foto: epa/Maxim Shipenkov
Die jährliche Pressekonferenz des russischen Präsidenten Wladimir Putin. Foto: epa/Maxim Shipenkov

MOSKAU: Nach den neuen Sanktionen der EU und den US-Strafmaßnahmen im Fall des vergifteten Kremlgegners Alexej Nawalny hat Russland erneut Beweise für das Attentat gefordert. «Es ist ungeheuerlich», sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Mittwoch, dass die USA behaupteten, dass der russische Inlandsgeheimdienst FSB hinter einer angeblichen Vergiftung Nawalnys stehe. Washington und Brüssel sollten Beweise für die Vergiftung vorgelegen, sagte er der Agentur Interfax zufolge. Am Dienstag hatten die USA und die EU Sanktionen erlassen wegen der Verfolgung des inzwischen inhaftierten Gegners von Kremlchef Wladimir Putin in Russland.

Russland bezweifelt, dass es am 20. August einen Anschlag mit dem international verbotenen chemischen Kampfstoff Nowitschok auf den Oppositionellen gegeben hat. Vier Labors, darunter eins der Bundeswehr, hatten das Nervengift im Blut Nawalnys nachgewiesen. Die EU hatte danach zunächst Sanktionen erlassen wegen der Vergiftung Nawalnys. Nach dessen Verurteilung zu mehr als zwei Jahren Straflager im Februar legte Brüssel am Dienstag weitere Sanktionen nach. Die USA folgten mit ihren Strafmaßnahmen.

Kremlsprecher Peskow nannte die Schritte nicht hinnehmbar und schädlich für die Beziehungen mit der EU und den USA. Es handele sich um eine Einmischung in die inneren Angelegenheiten Russlands. Zugleich erklärte er, dass die Strafmaßnahmen gegen die betroffenen Russen wirkungslos seien. «Diese Leute fahren ohnehin nicht ins Ausland und haben kein Recht, Konten bei ausländischen Banken zu eröffnen oder Eigentum im Ausland zu haben», sagte er.

Die neuen Sanktionen richten sich gegen Verantwortliche der Inhaftierung Nawalnys. Betroffen sind Russlands Generalstaatsanwalt Igor Krasnow und der Chef des zentralen Ermittlungskomitees, Alexander Bastrykin. Zudem werden der Chef des Strafvollzugs, Alexander Kalaschnikow, und der Befehlshaber der Nationalgarde, Viktor Solotow, genannt.

Das russische Außenministerium kündigte indes Gegensanktionen an. «Die Antwort kommt, sie wird schon erarbeitet. Machen Sie sich keine Sorgen», sagte die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, am Mittwoch im russischen Staatsfernsehen.


Lebenszeichen von Kremlgegner Nawalny: «Grüße aus dem Gefängnis»

MOSKAU: Nach tagelanger Unklarheit über seinen Verbleib gibt es von dem inhaftierten Kremlgegner Alexej Nawalny erstmals wieder ein Lebenszeichen: Er ist demnach noch nicht im Straflager. «Grüße aus dem Untersuchungsgefängnis Nummer 3 «Koltschugino» im Gebiet Wladimir», teilte Nawalny am Mittwoch bei Instagram mit. Nach Angaben seiner Anwälte soll er vorerst dort bleiben.

Seit Tagen hatten Staatsmedien berichtet, Nawalny sei bereits im Straflager 2 in dem Ort Pokrow rund 100 Kilometer östlich von Moskau - ebenfalls im Gebiet Wladimir. Bestätigt wurde das aber nicht. Auch seine Mitarbeiter hatten immer wieder betont, dass nicht klar sei, wo Nawalny sich befinde; sie fürchteten nach dem Mordanschlag mit dem Nervengift Nowitschok im August um sein Leben.

«Bei mir ist alles gut», schrieb Nawalny. Es gebe dort auch einen Hof für Spaziergänge. Er erhalte aber keine Post und wisse - anders als zuletzt im Untersuchungsgefängnis in Moskau - immer weniger Bescheid, was in der Welt geschehe. Weder die Bibliothek noch der Gefängnisladen seien bisher zugänglich. Abwechslung habe er kaum, abgesehen von kulinarischen Experimenten.

«Kaum zu glauben, aber wir trocknen hartes Brot, und ich hätte nie gedacht, dass das so unterhaltsam sein kann.» Nawalny berichtete in seinem gewohnt humorvollen Ton auch über die bei seinen Mitgefangenen beliebtesten Rezepte für getrocknetes Brot. «Ich hoffe, bei Euch ist alles gut und Ihr vermisst mich nicht. Vernachlässigt nicht die gesunde Ernährung.»

Nawalnys Anwalt Wadim Kobsew teilte bei Twitter mit, dass sein Mandant in einer Quarantäne-Zelle mit zwei Mitgefangenen lebe. «Er ist in kompletter Isolation», meinte Kobsew. Es gebe nur weder einen Kühlschrank noch einen Teekocher in der Zelle. Nawalny war in der vergangenen Woche aus dem Moskauer Untersuchungsgefängnis «Matrosenstille» abtransportiert worden, danach hatte jede Spur gefehlt von ihm.

Ein russisches Gericht hatte ungeachtet internationaler Forderungen nach einer Freilassung Nawalnys am 20. Februar dessen Verurteilung zu mehreren Jahren Straflager bestätigt. Nach Berechnungen seiner Anwälte könnte er in rund zweieinhalb Jahren im Sommer 2023 freikommen. Die russische Justiz wirft Nawalny einen Verstoß gegen Bewährungsauflagen in einem früheren Strafverfahren vor, während er sich in Deutschland von dem Giftanschlag erholte. Das Urteil steht im Westen als politisch motiviert in der Kritik.

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Bernd Lange 04.03.21 17:52
Strafmaßnamen gegen Russland,
sind nur halbherzig und wirkungslos- die "Bestraften nutzen die gegen sie gerichtete Maßnamen sowieso nicht- hier handelt es sich nur um ein Getue um den Anschein einer Tätigkeit zu dokumentieren--zur Verblödung der Menschen!
Klaus Olbrich 04.03.21 15:07
Ob man Nawalny nochmal lebend wiedersieht ist fraglich.
Wenn die Anschudungen in dieser Sache alle stimmen wird er sich in grosser Lebensgefahr befinden.