Russische Truppen auf Kuba und in Venezuela? 

Moskau erhöht den Druck

Foto: Uncredited/Ap/dpa
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MOSKAU: Gespräche in Genf, Brüssel und Wien sollten Spannungen zwischen Russland und dem Westen abbauen. Stattdessen bringt Moskau neue Drohkulissen ins Spiel. Europäische Diplomaten wie Baerbock setzen trotzdem auf Dialog.

Nach Krisengesprächen zum Abbau der Spannungen zwischen Russland und westlichen Staaten hat Moskau den Druck weiter erhöht. Vize-Außenminister Sergej Rjabkow schloss am Donnerstag nicht aus, dass im Falle eines Scheiterns der Gespräche über verbindliche Sicherheitsgarantien für Moskau russisches Militär auf Kuba und in Venezuela stationiert werde. «Ich möchte weder etwas bestätigen noch ausschließen», sagte er auf eine entsprechende Frage im Sender RTVi. «Alles hängt von den Handlungen der amerikanischen Kollegen ab.» Russland ist einer der wichtigsten Verbündeten der beiden sozialistischen Länder, die relativ nah an den USA liegen.

Am Mittwoch hatten Vertreter der 30 Nato-Staaten und Russlands das erste Mal seit zweieinhalb Jahren Gespräche geführt - über den Ukraine-Konflikt und Sicherheitsgarantien, die Moskau von dem transatlantischen Militärbündnis fordert. Dazu gab es am Donnerstag auch eine Sitzung der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE). Bereits am Montag war ein hochrangiges Treffen von Vertretern Russlands und der USA in Genf abgehalten worden.

Russland sieht sich durch die Nato in seiner Sicherheit bedroht, fordert deshalb ein Ende der Nato-Osterweiterung und insbesondere auch einen Verzicht auf die Aufnahme der Ukraine. Westliche Staaten sind hingegen über den aktuellen russischen Truppenaufmarsch in der Nähe der Ukraine alarmiert.

Moskau zeigte sich enttäuscht von den Verhandlungen. Rjabkow sagte der Agentur Interfax zufolge, es gebe vorerst keine neuen Gespräche mit den USA. Außenminister Sergej Lawrow sprach von einer «ernsthaften Konfrontation auf der Weltbühne» und warf den Verhandlungspartnern eine «arrogante» Haltung vor. Die nächsten Schritte Russlands würden von der Reaktion auf Moskaus Vorschläge abhängen.

Russland pocht auf eine baldige Entscheidung zu den geforderten Sicherheitsgarantien. Eine Verzögerung könne zu einer «unvermeidlichen Verschlechterung der Sicherheitslage ausnahmslos aller Staaten» führen, warnte Moskaus OSZE-Botschafter Alexander Lukaschewitsch. «Russland ist ein friedliebendes Land. Aber wir brauchen keinen Frieden um jeden Preis», sagte er in Wien.

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock warb ungeachtet der bislang ausgebliebenen Ergebnisse für eine Fortsetzung der Gespräche mit Russland. «Auch wenn es derzeit keine wirklichen Bewegungen gegeben hat, ist es wichtig, dass man endlich wieder an den Dialogtisch zurückkehrt», sagte die Grünen-Politikerin am Donnerstag am Rande eines EU-Treffens im französischen Brest. «Das Wichtige ist, dass wir am Tisch sitzen, dass Gespräche jetzt geführt werden. Und zwar - auch wenn es hart ist - mit ganz, ganz viel Geduld und Ausdauer.»

Kollegen wie der Luxemburger Jean Asselborn äußerten sich in der nordwestfranzösischen Hafenstadt ähnlich. «Wir sind da (...), um Kriege zu verhindern, alles zu tun, damit keine Kriege entstehen», sagte der dienstälteste EU-Außenminister. Es dürfe keine Tür zugeschlagen werden. Vertreter von Ländern wie Dänemark, Schweden, Litauen und Polen forderten zugleich aber dazu auf, Russland und seinem Präsidenten Wladimir Putin klare rote Linien aufzuzeigen und nannten insbesondere die Forderung Moskaus nach einem Stopp der Nato-Erweiterung als Beispiel.

Bei der Sitzung der OSZE in Wien wurde hingegen die prekäre Situation betont. «Das Risiko eines Krieges im OSZE-Gebiet» erscheine so groß wie nie in den vergangenen 30 Jahren, sagte Polens Außenminister Zbigniew Rau, der dieses Jahr den Vorsitz der Organisation innehat. Rau schlug einen breiten Dialog über Sicherheitsfragen in Europa im Rahmen der OSZE vor, ohne Details zu nennen.

Die OSZE ist das einzige regionale Sicherheitsforum, bei dem USA und Russland regelmäßig an einem Tisch sitzen. Hunderte OSZE-Beobachter überwachen zudem die Lage in der Ostukraine, die mit Moskaus Unterstützung teilweise von Separatisten kontrolliert wird.

Washingtons OSZE-Vertreter Michael Carpenter benannte die Themen, über die in Wien aus Sicht der USA gesprochen werden sollte: Informationsaustausch zwischen Streitkräften und vertrauensbildende Maßnahmen könnten helfen, die Spannungen abzubauen. Dabei dürften jedoch keine regionalen Einflusssphären abgesteckt werden. Das Recht von Staaten zur freien Wahl ihrer Allianzen dürfe nicht beschnitten werden, betonte Carpenter.

Unterdessen legte der demokratische US-Senator Bob Menendez in Washington gemeinsam mit 26 Parteikollegen einen Gesetzentwurf vor, der für den Fall eines russischen Einmarschs in die Ukraine umfangreiche Sanktionen gegen russische Banken und Führungspersönlichkeiten vorsieht. So würden gegen Präsident Putin, Regierungschef Michail Mischustin, Außenminister Lawrow sowie ranghohe Militärs Einreiseverbote verhängt und ihre Vermögenswerte in den USA eingefroren.

Moskau reagierte empört. «Der Zeitpunkt dieser Erklärung ist ein Versuch, Druck auf Moskau auszuüben», sagte Peskow. Sollten die Strafmaßnahmen verhängt werden, könnte das zu einem Abbruch der Beziehungen führen. «Ich denke, das ist eine Art Nervenzusammenbruch», sagte Lawrow.

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Ingo Kerp 14.01.22 14:20
So langsam aber sicher marschieren Ost und West, rückwärtsgewandt wieder in die 60iger Jahre zurück. Der sog. Kalte Krieg wird dann neu belebt. Für die USA das kleinere Problem, derzeit zumindest. Sollten sie wieder in die Schußlinie geraten, wie bei der Kuba-Krise, wissen sie, wie sich Westeuropa und somit DE gefühlt hat.