Nawalny muss ins Lager und Strafe zahlen

​Ein Tag, zwei Prozesse

Alexei Navalny vor Gericht in Moskau. Foto: epa/Yuri Kochetkov
Alexei Navalny vor Gericht in Moskau. Foto: epa/Yuri Kochetkov

MOSKAU: Innerhalb weniger Stunden muss sich Kremlkritiker Nawalny zweimal vor Gericht verantworten - und verliert beide Prozesse, die von vornerein als politisch motiviert in der Kritik standen. Der Kreml lobt unterdessen die «sehr vielschichtige» russische Politik-Landschaft.

Gleich zweimal an einem Tag hat Kremlgegner Alexej Nawalny vor der russischen Justiz Niederlagen einstecken müssen. In einem Berufungsverfahren am Samstagmittag bestätigt ein Moskauer Richter die Anfang Februar gegen den Oppositionspolitiker verhängte umstrittene Straflagerhaft. Am Abend wurde Nawalny dann im selben Gerichtsgebäude zu einer hohen Geldbuße von 850.000 Rubel (umgerechnet 9400 Euro) verurteilt, weil er einen Weltkriegs-Veteranen beleidigt haben soll. Das ist in etwa das Doppelte eines durchschnittlichen Jahresgehalts in Russland.

Begleitet von landesweiten Protestaktionen war Nawalny vor mehr als zwei Wochen zu dreieinhalb Jahren Straflager verurteilt worden. Er soll in einem früheren Strafverfahren gegen Bewährungsauflagen verstoßen haben, während er sich in Deutschland von einem Giftanschlag erholte. Ihm werden aber ein mehrmonatiger Hausarrest und frühere Haftzeiten angerechnet. Demnach könnte er nach Berechnungen seiner Anwälte nach zwei Jahren, sechs Monaten und zwei Wochen freikommen - Ende Juli oder Anfang August 2023. Möglicherweise wird er bereits in den kommenden Tagen von einer Moskauer Haftanstalt ins Lager verlegt. Unklar war zunächst, in welches.

Einmal mehr bezeichnete der Oppositionelle nun vor Gericht den Vorwurf, er habe sich vor der Justiz verstecken wollen, als «absurd». Er sei schließlich freiwillig nach Russland zurückgekehrt. «Die ganze Welt wusste, wo ich mich aufhalte.» Seine Anwälte kündigten an, die Gerichtsentscheidung vor einer höheren Instanz anfechten zu wollen.

Mit der Bestätigung des Urteils ignoriert Russland eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, der vor wenigen Tagen die unverzügliche Freilassung des Oppositionellen gefordert hatte. Während der Gerichtshof seine Entscheidung als für Russland bindend bezeichnet, hatte der Kreml sie als Versuch der Einmischung in innere Angelegenheiten zurückgewiesen. Das Vorgehen der russischen Justiz ist auch ein Signal in Richtung Brüssel, wo die EU-Außenminister am Montag über mögliche weitere Sanktionen gegen Russland beraten wollen.

Der Kreml kommentierte die neue Gerichtsentscheidung gegen Nawalny nur indirekt: Auf die Frage, welche Auswirkungen sie haben werde, lobte Sprecher Dmitri Peskow Russlands politische Landschaft als «sehr vielschichtig». Er fügte hinzu: «Wir haben einen ausreichenden Pluralismus in der politischen Arena.»

Kritik kam dagegen aus Deutschland: Die Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt sprach von «politischer Willkür» und forderte die Bundesregierung auf, sich energischer für die sofortige Freilassung Nawalnys einzusetzen. Der FDP-Außenpolitiker Alexander Graf Lambsdorff sagte, die Entscheidung zeige, wie der Kreml mit aller Härte gegen die demokratische Opposition vorgehe - vor allem mit Blick auf die Parlamentswahl im September.

Nur zwei Stunden nach der Urteilsbestätigung wurde im selben Gebäude der nächste Prozess fortgesetzt. Sogar die Staatsanwältin sei dieselbe, spottete Nawalnys Team auf Twitter: «Bald teilen sie ihm einen persönlichen Richter und persönliche Polizisten zu.»

Es war der vierte Verhandlungstag in dem Prozess um angebliche Veteranen-Beleidigung, Nawalny durfte das letzte Wort sprechen - schon das zweite an diesem Tag. «Ich spreche so oft das letzte Wort», scherzte er. «Falls sich jemand entschließen sollte, meine letzten Worte zu veröffentlichen, wird ein dickes Buch dabei herauskommen.»

Hintergrund dieses zweiten Prozesses ist die Kritik Nawalnys an einem Video, das das Staatsfernsehen im vergangenn Sommer ausgestrahlt hatte. Darin werben mehrere Bürger - unter anderem ein heute 94-jähriger Veteran des Zweiten Weltkrieges - für eine Verfassungsänderung, die auch der Machtsicherung von Präsident Wladimir Putin diente. Nawalny beschimpfte die Protagonisten damals auf Twitter als «Verräter».

Der alte Mann soll sich von den Äußerungen so sehr beleidigt gefühlt haben, dass sich sein Gesundheitszustand verschlechtert habe. Nawalny hingegen sieht den Veteranen als «Marionette» in einem politisch motivierten Prozess und wirft dem Staat Scheinheiligkeit vor: Alleine der Gerichtsprozess habe mehr Geld verschlungen, als der alte Mann in den vergangenen Jahren an staatlichen Zuwendungen bekommen habe. Nawalnys Anwälte kündigten auch gegen dieses Urteil Berufung an.

Erneut kritisierte Nawalny am Samstag, dass alles mögliche vor Gericht thematisiert werde, nur der im August auf ihn verübte Anschlag nicht. Obwohl mehrere westliche Labore, darunter eines der Bundeswehr, in seinem Körper zweifelsfrei den Kampfstoff Nowitschok nachwiesen, will Russland in dem Fall nicht ermitteln. Am Samstag beschuldigte die russische Generalstaatsanwaltschaft die deutsche Seite erneut, ein Rechtshilfegesuch unzureichend beantwortet zu haben.


Nawalny wegen Veteranen-Beleidigung zu hoher Geldstrafe verurteilt

MOSKAU: Nur Stunden nach der Bestätigung eines umstrittenen Straflager-Urteils ist Kremlkritiker Alexej Nawalny in Russland zu einer hohen Geldstrafe verurteilt worden. Weil er einen Veteranen des Zweiten Weltkriegs beleidigt haben soll, verhängte das Moskauer Gericht am Samstag eine Geldbuße in Höhe von 850.000 Rubel (rund 9400 Euro) gegen den Oppositionspolitiker. Das ist in etwa das Doppelte eines durchschnittlichen Jahresgehalts in Russland.

Nawalny hatte im vergangenen Sommer ein in den russischen Staatsmedien ausgestrahltes Video scharf kritisiert. Darin werben mehrere Bürger - unter anderem ein heute 94-jähriger Veteran des Zweiten Weltkrieges - für eine Verfassungsänderung, die auch der Machtsicherung von Präsident Wladimir Putin diente. Nawalny beschimpfte die Menschen im Clip damals auf Twitter als «Verräter».

Als einen Beleg dafür, dass der alte Mann kein Verräter ist, verwies die Richterin in ihrer fast einstündigen Urteilsverkündung auf das Innenministerium, das ihn weder als Landesverräter noch als Spion liste. Nawalny hatte immer wieder sein Recht auf freie Meinungsäußerung verteidigt und betont, dass er den Mann als Protagonisten in dem Video kritisiert habe und nicht in seinem Veteranenstatus. Er bezeichnet den 94-Jährigen als «Marionette» in einem politisch motivierten Prozess.

Am Vormittag hatte das Gericht bereits eine Verurteilung zu dreieinhalb Jahren Straflager bestätigt. Auf Nawalny war im Sommer vergangenen Jahres ein Giftanschlag verübt worden. Anschließend wurde der 44-Jährige in der Berliner Charité-Klinik behandelt. Nach einem längeren Deutschland-Aufenthalt kehrte er im vergangenen Monat nach Russland zurück. Dort wurde er sofort festgenommen.


Nawalny zum zweiten Mal an einem Tag vor Gericht

MOSKAU: Nur zwei Stunden nach Bestätigung des umstrittenen Straflager-Urteils gegen Kremlkritiker Alexej Nawalny ist am Samstag in Moskau ein zweites Verfahren fortgesetzt worden. Dem 44-Jährigen droht wegen Beleidigung eines Weltkriegsveteranen eine hohe Geldstrafe. Die Verhandlung fand im selben Gerichtsgebäude statt wie das Berufungsverfahren am Vormittag. Sogar die Staatsanwältin sei dieselbe, schrieb Nawalnys Team - halb amüsiert, halb entrüstet - auf Twitter. «Bald teilen sie ihm einen persönlichen Richter und persönliche Polizisten zu.»

Hintergrund des Prozesses ist Nawalnys Kritik an einem Video, das im vergangenen Sommer in den russischen Staatsmedien ausgestrahlt wurde. Darin werben mehrere Bürger - unter anderem ein heute 94-jähriger Veteran des Zweiten Weltkrieges - für eine Verfassungsänderung, die auch der Machtsicherung von Präsident Wladimir Putin diente. Nawalny beschimpfte die Protagonisten damals auf Twitter als «Verräter».

Der alte Mann soll sich von den Äußerungen so sehr beleidigt gefühlt haben, dass sich sein Gesundheitszustand verschlechtert habe. Nawalny hingegen bezeichnet den Veteranen als «Marionette» in einem politisch motivierten Prozess. Am Vormittag hatte das Gericht eine Verurteilung zu dreieinhalb Jahren Straflager bestätigt. Auf Nawalny war im Sommer vergangenen Jahres ein Giftanschlag verübt worden. Anschließend wurde er in der Berliner Charité-Klinik behandelt. Nach einem längeren Deutschland-Aufenthalt kehrte er im vergangenen Monat nach Russland zurück. Dort wurde er sofort festgenommen.


Berlin verweigert Zusammenarbeit in Fall Nawalny

MOSKAU: Im Fall des Kremlkritikers Alexej Nawalny hat Russland Deutschland erneut mangelnde Zusammenarbeit vorgeworfen. Die deutsche Antwort auf eine russische Anfrage vom 21. Januar enthalte «eine wiederholte Weigerung zur Zusammenarbeit bezüglich der Umstände, die zu A. Nawalnys Krankenhausaufenthalt geführt haben», hieß es am Samstag in einer Mitteilung der russischen Generalstaatsanwaltschaft. Es sei offensichtlich, dass die deutsche Seite «für sie unangenehmen Fragen» ausweiche.

Die Behörde hatte Deutschland schon früher vorgeworfen, Rechtshilfegesuche völlig unzureichend beantwortet zu haben. Das Bundesamt für Justiz hingegen erklärte, inzwischen bereits vier russische Rechtshilfegesuche zum Giftanschlag auf Nawalny beantwortet zu haben.

Der Oppositionspolitiker war am 20. August in Russland auf einem Inlandsflug zusammengebrochen und lag danach mehrere Wochen im Koma, zunächst in Sibirien und dann in Berlin. Nach den Befunden mehrerer westlicher Labore wurde in seinem Körper zweifelsfrei der Kampfstoff Nowitschok nachgewiesen. Russland hingegen betont, man habe kein Gift in Nawalnys Körper gefunden und wolle deshalb nicht ermitteln.

Nawalnys Verurteilung zu dreieinhalb Jahren Straflager wurde am Samstag von einem Gericht in Moskau bestätigt.


Moskauer Gericht prüft Bewährungsstrafe gegen Kremlkritiker Nawalny

MOSKAU: Unter starken Sicherheitsvorkehrungen hat in der russischen Hauptstadt Moskau eine Berufungsverhandlung gegen den Kremlkritiker Alexej Nawalny begonnen. Ein Gericht prüfte am Samstag eine vor zweieinhalb Wochen verhängte mehrjährige Haft in einem Straflager. Vor dem Gebäude im Nordosten der Hauptstadt bezogen Sicherheitskräfte Stellung, wie eine Reporterin der Deutschen Presse-Agentur vor Ort berichtete. Dutzende Journalisten warteten vor dem Gericht.

Nawalny war Anfang Februar verurteilt worden, weil er gegen Bewährungsauflagen in einem früheren Strafverfahren verstoßen haben soll. Er hielt sich zu dieser Zeit zur Behandlung in Deutschland auf, nachdem ein Giftanschlag auf ihn verübt worden war. Von dreieinhalb Jahren Straflager soll er nach Anrechnung von Hausarrest und Haftzeiten noch zwei Jahre und acht Monate absitzen. Ihm droht noch eine Vielzahl anderer Verfahren.

Bereits für den Samstagnachmittag wurde ein weiterer Prozess gegen Nawalny angesetzt. In dem Verfahren wird ihm vorgeworfen, einen 94 Jahre alten Teilnehmer des Zweiten Weltkrieges beleidigt zu haben. Die Staatsanwaltschaft forderte eine hohe Geldstrafe.

Der 44-Jährige wurde am frühen Morgen aus der Untersuchungshaft zu dem Gerichtsgebäude gebracht, wie Fotos zeigten. Zu Beginn der Verhandlung habe sich Nawalny gut gelaunt gezeigt, berichteten Journalisten aus dem Gerichtssaal. Er habe auf den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte verwiesen, der Nawalnys Freilassung fordert. Der Richter sagte: «Darüber werden wir noch diskutieren.»

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