Regierungskrise wegen Coronaspitzt sich zu

In Bratislava geht eine Frau zur Treppe, als sie sich in der Wand spiegelt. Foto: epa/Martin Divisek
In Bratislava geht eine Frau zur Treppe, als sie sich in der Wand spiegelt. Foto: epa/Martin Divisek

BRATISLAVA: Die slowakische Vier-Parteien-Regierung ist in eine schwere Krise gestürzt, weil sie die Corona-Pandemie nicht in den Griff bekommt. Im Verhältnis zur Bevölkerungszahl sterben in der Slowakei seit Wochen mehr Menschen als in jedem anderen Land Europas. Der populistisch-konservative Ministerpräsident Igor Matovic und ein Teil seiner Koalitionspartner fordern sich gegenseitig zum Rücktritt auf. Ein Vermittlungsversuch von Staatspräsidentin Zuzana Caputova blieb am Dienstag erfolglos.

Auf Druck der Koalitionspartner trat vergangene Woche der zur Matovic-Partei gehörende Gesundheitsminister Marek Krajci zurück. Am Montag folgte ihm überraschend der rechtspopulistische Arbeits- und Sozialminister Milan Krajniak. Die beiden kleineren Regierungsparteien drohten dennoch mit dem Verlassen der Koalition, falls nicht Matovic selbst abtrete. Mit seinen eigenmächtigen Entscheidungen trage er die Hauptschuld am Corona-Chaos.

Der letzte Eskalationsschritt war, dass Matovic gegen einen offiziellen Regierungsbeschluss den in der EU nicht zugelassenen Impfstoff Sputnik V aus Russland bestellte und eine erste Lieferung von 200.000 Dosen persönlich am Flughafen abholte.

Mögliche Neuwahlen würde die seit einem Jahr regierende Koalition nach Umfragen klar verlieren. Lachender Dritter des Koalitionsstreits wäre der sozialdemokratische Ex-Ministerpräsident Peter Pellegrini mit seiner neu gegründeten Partei Stimme. Auch dank seiner im März 2020 vor der Amtsübergabe an Matovic ergriffenen Maßnahmen war die Slowakei von der ersten Corona-Welle kaum betroffen.

Bis Dienstag verzeichnete die 5,5 Millionen Einwohner zählende Slowakei nach Angaben des Europäischen Zentrums für die Prävention und Kontrolle von Krankheiten (ECDC) 246,25 Corona-Tote pro eine Million Einwohner innerhalb der vergangenen 14 Tage. Das sind fünfmal so viele wie in Deutschland.

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