Ausländische Investitionen kontrollieren

BERLIN: Mitten in der Corona-Krise bringt das Kabinett eine Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes auf den Weg. Das Ziel: Die unerwünschte Übernahme deutscher Firmen - etwa durch chinesische Investoren - erschweren. Aus der Wirtschaft kommt Kritik.

Die Bundesregierung will die Kontrolle ausländischer Investitionen verschärfen - und so in strategisch wichtigen Bereichen die Übernahme deutscher Firmen erschweren. Das Bundeskabinett brachte dazu am Mittwoch eine Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes auf den Weg. Investitionen aus Nicht-EU-Staaten sollen umfassender und vorausschauender geprüft werden können. Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) sagte, das «sehr liberale» Außenwirtschaftsrecht werde mit Blick auf deutsche Sicherheitsinteressen nachgeschärft.

Es gehe zum Beispiel um die Versorgung mit lebenswichtigen Gütern wie Impfstoffen sowie um kritische Infrastrukturen. Dies sind etwa Stromnetze. Die Änderungen waren noch vor dem Ausbruch der Corona-Krise geplant worden. Hintergrund ist etwa, dass die Bundesregierung den Einstieg eines chinesischen Konzerns beim Stromnetzbetreiber 50Hertz nur mit Mühe verhindern konnte.

Im vergangenen Jahr haben Firmen aus China erneut weniger Geld für Übernahmen in Europa eingesetzt. Die Direktinvestitionen in die 28 EU-Länder sanken 2019 um 33 Prozent auf zwölf Milliarden Euro, wie aus einer Analyse des Berliner Merics-Instituts und der US-Beratungsfirma Rhodium Group hervorgeht. Nach dem bisherigen Höchststand im Jahr 2016 ist es der dritte Rückgang in Folge. Chinesische Firmen hätten zwar immer noch großes Interesse, veränderte Rahmenbedingungen in China und Europa erschwerten es ihnen jedoch, Kapital aufzunehmen und notwendige Genehmigungen zu erhalten.

Altmaier hatte betont, er wolle einen «Ausverkauf» deutscher Wirtschaftsinteressen verhindern. Bundestag und Bundesrat hatten einen Stabilisierungsfonds beschlossen, über den der Staat sich notfalls auch an strategisch wichtigen Unternehmen beteiligen kann.

Im Außenwirtschaftsgesetz soll die nationale Investitionsprüfung gestärkt werden, um Sicherheitsinteressen besser schützen zu können. So soll es künftig darauf ankommen, ob ein Firmenerwerb eines Investors von außerhalb der Europäischen Union zu einer «voraussichtlichen Beeinträchtigung» der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit führt - bisher war eine «tatsächliche Gefährdung» maßgeblich. Zudem soll der frühzeitige Abfluss von Fachwissen unterbunden werden. Erwerbe können künftig «schwebend unwirksam» sein, bis das Geschäft als unbedenklich abgesegnet ist.

Altmaier will auch einen neuen «Fall Kuka» verhindern: Der Roboterhersteller war 2016 von einem chinesischen Konzern übernommen worden. Versuche, die Übernahme abzuwehren, waren gescheitert - auch weil das damalige Außenwirtschaftsrecht dies nicht zugelassen hatte.

Der Maschinenbauverband VDMA warnte davor, ausländische Investoren unter Generalverdacht zu stellen. «Wer in der aktuell schwierigen Lage der Weltwirtschaft die Prüfung für Auslandsinvestitionen verschärft, setzt ein völlig falsches Zeichen», sagte VDMA-Präsident Carl Martin Welcker. Deutschland sei wie kein anderes Land auf offene Märkte angewiesen. «Wie sollen wir das von unseren Handelspartnern verlangen, wenn wir uns selbst stärker abschotten?»

Der Außenwirtschaftschef des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK), Volker Treier, sagte, eine zu starke Regulierung bei der Zufuhr ausländischen Kapitals könnte Wachstums- und Beschäftigungschancen inländischer Standorte beschränken. «Die Politik muss sich auch in Krisenzeiten dafür einsetzen, dass staatliche Eingriffe bei ausländischen Kapitalbeteiligungen in deutsche Unternehmen die Ausnahme bleiben.»

Der FDP-Wirtschaftspolitiker Reinhard Houben betonte, das bestehende Instrumentarium funktioniere. «Die jetzt beschlossene Verschärfung bei der Investitionskontrolle gängelt deutsche Unternehmen ebenso wie ausländische Investoren. Das Gesetz ist ein Schritt weg von der freien Marktwirtschaft hin zur lenkenden Industriepolitik.»

Wie die Untersuchung von Merics-Instituts und Rhodium Group betont, schafft die Coronavirus-Pandemie für chinesische Firmen auch Kaufmöglichkeiten in Europa und anderswo, da die Aktienmärkte weltweit eingebrochen sind. Ein Kaufrausch bei chinesischen Investoren wie nach der Finanzkrise 2009 und der Eurokrise 2013 sei dieses Mal jedoch weniger wahrscheinlich.

«Es ist zu erwarten, dass chinesische Unternehmer in Einzelfällen, zum Beispiel in Großbritannien in der Chipindustrie oder in Deutschland im Automobilsektor, versuchen werden zuzugreifen», sagte Merics-Direktor Mikko Huotari. Die Lage in China mache ihnen das aber nicht leicht. «Europäische Stabilisierungs- und Abwehrmaßnahmen werden das außerdem weitgehend verhindern», so Huotari.

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Jürgen Franke 10.04.20 23:12
Jetzt will die Politik nun auch noch die
freie Marktwirtchaft Deutschlands regulieren, obwohl die Ergebnissse aus der DDR doch hinreichend bekannt sein müßten. Hauptsache wir können unsere Rüstungsgüter noch exportieren.
Frank Matthias 10.04.20 19:54
Unterstützung
Ich bin mit der Bundesregierung einverstanden.
Der Ausverkauf deutscher Schlüsseltechnologie muss stark hinterfragt, nötigenfalls unterbunden werden.
Die Souveränität des Staates Gerät sonst in Gefahr.