Bankette, Todesurteile und Feuergefahr

​Prachtbau Westminster Hall 

Eine Gesamtansicht des Parlaments in Westminster, London. Foto: epa/Neil Hall
Eine Gesamtansicht des Parlaments in Westminster, London. Foto: epa/Neil Hall

BERLIN/LONDON: Die Westminster Hall ist der älteste erhaltene Teil des ursprünglichen Palastes von Westminster und damit das älteste Gebäude auf dem Parlamentsgelände. Sie war Zeuge vieler Ereignisse - darunter Brände, Gerichtsverhandlungen und Krönungsbankette. Ein Blick in ihre über 900-jährige Geschichte:

Der Bau: Die Westminster Hall wird im Jahr 1097 unter Wilhelm II. (Rufus), dem Sohn von Wilhelm dem Eroberer, in Auftrag gegeben und schon zwei Jahre später fertiggestellt. Zu dieser Zeit ist sie mit einer Grundfläche von 1547 Quadratmetern die bei weitem größte Halle in England. Im Inneren der zwei Meter dicken Wände befinden sich Arkaden mit großen Bögen und Fenstern.

Hammerbalkendach: Ihre heutige Form erhält die Westminster Hall Ende des 14. Jahrhunderts, als König Richard II. sie etwa sechs Jahre lang umbauen und renovieren lässt. Ihm ist auch zu verdanken, dass die Blicke der Besucher heute oft nach oben gehen. Richard II. veranlasst 1393, ein neues Dach mit einer freitragenden Holzkonstruktion einbauen zu lassen. Das prächtige Hammerbalkendach ist das größte mittelalterliche Holzdach in Nordeuropa.

Königlicher Palast: Über Jahrhunderte spielt die Westminster Hall eine wichtige Rolle im königlichen Leben. Zwischen 1189 und 1821 ist die Halle der traditionelle Ort für Krönungsbankette neuer Monarchen. Das Krönungsbankett von Richard III. im Jahr 1483 besuchen etwa 3000 Gäste. Erst als Wilhelm IV. 1830 König wird, verzichtet er dort auf ein Krönungsbankett - und die Tradition endet. Heute wird die Westminster Hall für feierliche Ansprachen und Ausstellungen genutzt. Zu den berühmten Persönlichkeiten, die dort sprachen, gehören Barack Obama, Nelson Mandela und Papst Benedikt XVI.

Bauwerk in Gefahr: 1834 bricht im House of Lords, dem Oberhaus des britischen Parlaments, ein Feuer aus und breitet sich zur Westminster Hall aus. Um das Holzdach zu retten, beschließt der damalige Premierminister, es mit Wasser übergießen zu lassen. Während viele andere Gebäude verloren gehen, kann die Westminster Hall gerettet werden. Im Zweiten Weltkrieg werden die Westminster Hall und das Unterhaus von Brandbomben getroffen. Während letzteres komplett zerstört wird, konzentrieren sich die Rettungsmaßnahmen auf die mittelalterliche Halle - wieder mit Erfolg.

Prozesse: Die Westminster Hall ist Zeugin vieler hochkarätiger Gerichtsverhandlungen. Zu verantworten haben sich dort der schottische Patriot William Wallace (im Jahr 1305), Thomas More, der Berater von Heinrich VIII. (1535), und die Verschwörer des Gunpowder Plots um den katholischen Offizier Guy Fawkes (1606) nach ihrem Attentatsversuch auf den protestantischen König Jakob I. und das englische Parlament. Alle werden zum Tode verurteilt. Die berühmteste Verhandlung ist die gegen Karl I. (englisch: Charles I.) im Januar 1649. Noch nie zuvor wird ein englischer König vor Gericht gestellt und zum Tode verurteilt. Die königlichen Gerichtshöfe ziehen 1882 in die Londoner Straße Strand, wo sie sich noch heute befinden.

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