Staaten sollten für Gleichstellung mehr tun

Spanisches Industrieministerium nimmt an der OECD-Ministertagung in Paris teil. Foto: epa/Teresa Suarez
Spanisches Industrieministerium nimmt an der OECD-Ministertagung in Paris teil. Foto: epa/Teresa Suarez

PARIS: Männer und Frauen sollen eigentlich gleichberechtigt sein. Doch in der Realität hapert es bei der Gleichstellung der Geschlechter noch gewaltig, wie eine neue Studie der OECD belegt. Das hat demnach große Auswirkungen - vor allem auf den Wohlstand der Länder.

Die Industriestaatenorganisation OECD hat dazu aufgefordert, die Chancengleichheit für Männer und Frauen zu erhöhen. «Wenn wir nicht auf die Gleichstellung von Männern und Frauen hinarbeiten, wird unser gemeinsamer künftiger Wohlstand gefährdet», hieß es in einer Studie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), die am Dienstag in Paris veröffentlicht wurde. «Die Beseitigung geschlechtsspezifischer Ungleichheiten ist nicht nur eine Frage der eigenen Werte und ein moralischer Imperativ. Sie kann auch Wachstum, Produktivität, Wettbewerbsfähigkeit und die Nachhaltigkeit der Volkswirtschaften verbessern.» Wenn man die Lücken bei Erwerbsbeteiligung und Arbeitszeiten schließe, könnte bis 2060 das Bruttoinlandsprodukt in allen OECD-Ländern durchschnittlich um 9,2 Prozent steigen.

Es habe zwar in den vergangenen Jahren deutliche Fortschritte gegeben, etwa bei Elternzeit, Lohntransparenz oder dem Zugang zu flexiblen Arbeitsmöglichkeiten. Die Ungleichheit zwischen den Geschlechtern besteht nach Angaben der OECD jedoch in allen Lebensbereichen fort. Selbst in Ländern, die bei Gleichstellungspolitik eigentlich eine Vorreiterrolle einnähmen, seien Mädchen und Frauen weiterhin auf dem Arbeitsmarkt, zuhause und im öffentlichen Leben benachteiligt.

Frauen verbringen der Studie zufolge unverhältnismäßig viel Zeit mit unbezahlter Pflege oder Hausarbeit, was ihre Teilhabe am Arbeitsmarkt einschränkt. Weniger Wochenarbeitsstunden, erschwerte Aufstiegschancen und die Aufteilung in klare Männer- und Frauendomänen haben demnach zur Folge, dass Frauen weiterhin weniger verdienen als Männer. Das führt laut OECD nicht nur dazu, dass Frauen weniger Vermögen aufbauen können und schlechtere Renten haben werden. Vielmehr bedeute das «verpasste Chancen für die Schaffung von Arbeitsplätzen, Wachstum und Innovation - was die gesamte Wirtschaft betrifft».

Problematisch sei auch, dass durch die Krisen der vergangenen Jahre - Pandemie, Ukraine-Krieg, Inflation - viele Fortschritte möglicherweise zunichte gemacht worden seien. Frauen arbeiteten demnach überdurchschnittlich häufig in Bereichen, die von der Pandemie besonders durchgeschüttelt wurden. Sie übernahmen einen Großteil der zusätzlichen Betreuungsarbeit und da sie in der Regel ein niedrigeres Einkommen hätten, seien sie auch eher von Armut durch steigende Preise betroffen.

Die Regierungen müssten mehr in Zusammenhängen denken und eine ganze Reihe unterschiedlicher Faktoren einbeziehen, so die OECD. Staaten sollen etwa dafür sorgen, dass mehr Frauen in der Politik tätig sind. Denn obwohl Frauen im öffentlichen Dienst überrepräsentiert seien, seien sie in der Politik und in Führungspositionen weiterhin zu wenig vertreten. Dadurch würden Fragen, die Frauen beträfen, nicht ausreichend gewürdigt. Entscheidend sei auch die Erhebung von geschlechtsspezifischen Daten. Besonders dringend sei zudem, Gewalt gegen Frauen zu verhindern.

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