Nordkorea verabschiedet Gesetz zum präventiven Atomschlag

Nord Korea erklärt sich mit der Verabschiedung eines Gesetzes zu einem Atomwaffenstaat. Foto: epa/Kcna
Nord Korea erklärt sich mit der Verabschiedung eines Gesetzes zu einem Atomwaffenstaat. Foto: epa/Kcna

SEOUL: Nordkorea treibt trotz Sanktionen seit Jahren sein Atomwaffenprogramm voran. Die Waffen dienen dem isolierten Staat jedoch nicht nur zur Abschreckung. Was das bedeutet, hat Nordkorea jetzt auch per Gesetz geregelt.

Im Streit um Nordkoreas Atomwaffenprogramm hat sich die Position des autoritären asiatischen Landes weiter verhärtet. Die Oberste Volksversammlung - Nordkoreas weitgehend machtloses Parlament - verabschiedete ein Gesetz zur staatlichen Atompolitik, das den Einsatz von Atomwaffen nicht nur als Abschreckung, sondern auch automatisch für den Fall eines drohenden Angriffs auf die Führung des Landes vorsieht. Mit dem neuen Gesetz sei der Status Nordkoreas als Atomwaffenstaat nun unwiderruflich, berichteten die Staatsmedien am Freitag. Nordkorea bezeichnet sich trotz weitgehender diplomatischer Isolation wegen seiner Waffenprogramme bereits in seiner Verfassung als Atommacht.

Das Gesetz wurde den Berichten zufolge bei einer Parlamentssitzung am Donnerstag verabschiedet. Die Gesetzgebung sei von großer Bedeutung, weil damit «eine unverrückbare Linie gezogen wird, so dass über unsere Atomwaffen nicht verhandelt werden kann», wurde Machthaber Kim Jong Un zitiert. Den USA warf Kim vor, nicht nur die Kernwaffen seines Landes beseitigen, sondern auch dessen Regierung stürzen zu wollen.

Die Verhandlungen zwischen den USA und Nordkorea kommen seit dem gescheiterten Gipfeltreffen Kims mit dem früheren US-Präsidenten Donald Trump im Februar 2019 in Vietnam nicht mehr voran. Beide Seiten konnten sich damals nicht auf einen Fahrplan zur atomaren Abrüstung Nordkoreas einigen.

Das neue Gesetz gibt Kim «die entscheidende Macht» über die Atomwaffen des Landes. Sollte das Kommando oder das Kontrollzentrum für die Nuklearstreitmacht in Gefahr sein, angegriffen zu werden, könne ein Atomschlag «automatisch und sofort» erfolgen, um die feindlichen Kräfte zurückzuschlagen, hieß es. Die Atomwaffen könnten auch im Falle eines Angriffs mit anderen Massenvernichtungswaffen eingesetzt werden.

Nach Ansicht von Beobachtern stellt sich Nordkorea mit dem neuen Gesetz offensiver als bisher im Atomstreit auf. Im April hatte Kim Jong Un bereits erklärt, den Ausbau der Atomstreitkräfte beschleunigen und ihren Zweck nicht auf die Abschreckung begrenzen zu wollen. «Vieles ist nicht neu, dennoch: Die Kriegsabschreckung und die Abwehr einer Invasion, sollte die Abschreckung zum Beispiel scheitern, sind schon immer Zwecke der nordkoreanischen Atomwaffen gewesen», schrieb der Experte Ankit Panda, zum neuen Gesetz auf Twitter.

Die Verabschiedung des Gesetzes und Kims Äußerungen fallen in eine Zeit wachsender Unsicherheiten in der Region. Nordkorea hat in diesem Jahr bereits mehrfach atomwaffenfähige Raketen getestet und damit gegen UN-Resolutionen verstoßen. Wegen seines Atomprogramms ist Pjöngjang harten internationalen Sanktionen unterworfen. Nordkorea wiederum wirft den USA eine feindselige Politik vor.

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Thomas Sylten 10.09.22 20:40
Liegt das nicht in der (zu verurteilenden!!) militärischen Logik?
Eine Abschreckungswaffe, die im Falle scheiternder Abschreckung (also eines Angriffs) nicht auch eingesetzt würde, wäre doch gar keine Abschreckung. Dieses Recht auf Erstschlag nehmen sich auch die USA ausdrücklich heraus. Also was bitte sollen diese Krokodilstränen??
Ingo Kerp 10.09.22 13:50
Damit hat sich N.Korea eindeutig positioniert und erkennbar gemacht, das Abrüstungsgespräche so überflüssig sind, wie ein Kropf am Hals.