Netanjahu sagt Reise von Delegation in die USA ab

Israelischer Premierminister Benjamin Netanjahu in Jerusalem. Foto: epa/Abir Sultan Anp Sonderauftrag
Israelischer Premierminister Benjamin Netanjahu in Jerusalem. Foto: epa/Abir Sultan Anp Sonderauftrag

JERUSALEM: Washington ermöglicht im Gaza-Krieg erstmals eine UN-Sicherheitsratsresolution, die für die israelische Regierung unangenehm ist. Eine Reaktion folgt direkt.

Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat die geplante Reise von einer israelischen Delegation in die USA abgesagt. Das teilte das Amt des Regierungschefs am Montag in Jerusalem mit. Es ist eine Reaktion auf die Stimmenthaltung der USA bei einer Resolution des UN-Weltsicherheitsrates, die erstmals eine Waffenruhe im Gazastreifen fordert.

Der Minister für strategische Angelegenheiten, Ron Dermer, und der nationale Sicherheitsberater Zachi Hanegbi hätten am Montag in die USA fliegen sollen, um sich mit hochrangigen Regierungsvertretern zu treffen. Diese hätten den israelischen Gästen Alternativen zu einer von Israel geplanten, von den USA und anderen Verbündeten abgelehnten Bodenoffensive in der südlichen Gaza-Stadt Rafah vorlegen wollen. Weiteres Thema der Gespräche wären die Vorschläge Washingtons für eine Ausweitung der humanitären Hilfe für die Not leidende Bevölkerung im Gazastreifen gewesen.

Das mächtige UN-Gremium hatte am Montag erstmals eine «sofortige Waffenruhe» im Gazastreifen gefordert. Zudem verlangt es die umgehende und bedingungslose Freilassung aller von der islamistischen Hamas festgehaltenen Geiseln. Die Vetomacht USA enthielt sich bei der Abstimmung am Montag und ermöglichte damit die Annahme der Resolution. Die 14 übrigen Mitglieder des Gremiums stimmten dafür.

Die Absage der USA-Reise von Dermer und Hangebi, zweier Vertrauter des Regierungschefs, markiert einen weiteren Tiefpunkt im Verhältnis Israels zu seinem wichtigsten Verbündeten. Die Beziehungen zu den USA sind angespannt, weil Washington mit der Kriegsführung Israels im Gazastreifen zunehmend nicht einverstanden ist. Streitpunkt ist unter anderem die humanitäre Hilfe für die Zivilbevölkerung, die aus Sicht der USA und internationaler Organisationen nur unzureichend erfolgt.

Der Sprecher des nationalen Sicherheitsrates der USA, John Kirby, zeigte sich enttäuscht über die Reiseabsage der israelischen Regierungsvertreter. Das bedeute aber nicht, «dass wir keine Möglichkeit mehr haben, mit ihnen zu sprechen und Gespräche zu führen», fügte er hinzu. Auslöser des Gaza-Kriegs war das beispiellose Massaker, das Terroristen der islamistischen Hamas sowie anderer extremistischer Palästinenserorganisationen am 7. Oktober in Israel nahe der Grenze zum Gazastreifen verübt haben.


USA irritiert von Absage israelischen Besuches: Wir sind perplex

WASHINGTON: Die Tonlage zwischen der Regierung der USA und Israels verschärft sich zunehmend. Die Absage eines kritischen Treffens zeigt nun einmal mehr Spannungen zwischen beiden Seiten.

Die US-Regierung hat sich offen irritiert gezeigt durch die Absage des Washington-Besuches einer hochrangigen israelischen Delegation. «Ich muss Ihnen sagen, (...), wir sind ziemlich perplex», sagte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrates, John Kirby, am Montag im Weißen Haus mit Blick auf die Absage durch Israels Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu. Kirby sagte, das Büro des Premierministers scheine durch seine öffentlichen Erklärungen anzudeuten, dass die US-Seite ihren Kurs gegenüber Israel geändert habe. «Das haben wir nicht.» Es scheine auch so, als wolle das Büro des Premierministers den Eindruck erwecken, dass es Differenzen gebe, obwohl das gar nicht nötig sei.

Zugleich wies Kirby diverse Fragen dazu zurück, ob die Beziehung zwischen Israel und den USA - und konkret zwischen Netanjahu und US-Präsident Joe Biden - an einem neuen Tiefpunkt angelangt sei. Das sei nicht der Fall. «Natürlich stehen wir immer noch hinter Israel», betonte er. «Israel ist nach wie vor ein enger Verbündeter und ein Freund.» Er schob jedoch nach: «Das bedeutet nicht, dass wir in allem übereinstimmen, und meine Güte, das tun wir nicht.» Als Freunde könnten beide Seiten aber über ihre Meinungsverschiedenheiten offen sprechen.

Auf Nachfrage sagte Kirby, Biden und Netanjahu hätten am Montag nicht miteinander gesprochen. Er wisse auch nicht, wann sie das nächste Mal telefonieren würden. Das militärische Vorgehen Israels im Gaza-Krieg belastet die Beziehung der beiden zunehmend. Netanjahus Absage des Trips zeigt das einmal mehr auf ungewöhnliche Weise.

Der Weltsicherheitsrat hatte am Montag mit einer Resolution erstmals eine «sofortige Waffenruhe» im Gazastreifen gefordert. Die Vetomacht USA enthielt sich und ermöglichte damit die Annahme der Resolution. Netanjahu reagierte nach der Abstimmung umgehend und sagte eine geplante und - ursprünglich von der US-Seite eingeforderte - Reise einer israelischen Delegation nach Washington kurzfristig ab.

Der israelische Minister für strategische Angelegenheiten, Ron Dermer, und der nationale Sicherheitsberater Zachi Hanegbi hätten am Montag in die USA fliegen sollen, um sich dort mit hochrangigen Regierungsvertretern zu treffen. Diese hätten den israelischen Gästen Alternativen zu einer von Israel geplanten Bodenoffensive in der südlichen Gaza-Stadt Rafah vorlegen wollen - ein Vorhaben, das die US-Regierung vehement ablehnt.

Kirby sagte, es gebe keine Anzeichen dafür, «dass die Israelis sich unmittelbar darauf vorbereiten, eine Bodenoperation in Rafah durchzuführen» und dass dies in den kommenden Tagen passieren könnte. «Es scheint, dass sie noch weit davon entfernt sind, in Rafah einzumarschieren.»

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Rolf W. Schwake 27.03.24 19:50
Den UN-Sicherheitsrat habe ich ...
... nie gelobt: Dass 5 Mitglieder von 15 per Veto eines einzelnen die Handlungsfähigkeit dieses gesamten Gremiums beeinträchtigen, ist ein Relikt aus den 1940er Jahren. Da sich die Welt seitdem aber fortentwicklelt hat, sollte die UNO darüber nachdenken, mit 2/3-Mehrheit der Vollversammlung den UN-Sicherheitsrat auf 15 Mitglieder festzulegen, wobei 9 ständige Mitglieder und 6 temporär gewählte Mitglieder sind; die Beschlüsse des UN-Sicherheitsrates sollten dann stets mit 2/3-Mehrheit gefaßt werden. Veto-Einsprüche werden verboten, weil sie eine erpresserische Tyrannei und Gängelung nicht nur des Sicherheitsrates sondern auch der UNO-Vollversammlung darstellen!
Den Sicherheitsrat muss man nicht loben, wenn er eine Resolution gegen einen Kriegsverbrecher beschließt. Ganz abgesehen davon habe ich nie "den Sicherheitsrat gelobt, wenn er gegen den (Kreml-Verbrecher) gestimmt hat", wie Herr Franke schreibt, denn wenn der UN-Sicherheitsrat solche Themen behandelt hat, die sich gegen den Kreml-Mörder richteten, dann hat dieser Kreml-Mörder durch seine Sprachrohre ein Veto einlegen lassen - und der UN-Sicherheitsrat war handlungsunfähig, konnte.also gar nicht abstimmen.
Meiner Schlußfolgerung muss man sich selbstverständlich auchnicht anschließen und auf Verhandlungen bestehen - dann aber bitteschön Verhandlungen, BEVOR (!!!) eine der Vertragsparteien Internationeles Recht, abgeschlossene Verträge und abgegebene Zusagen bricht sowie bestialische Kriegsverbrechen begeht, Herr Franke!!!
Jürgen Franke 27.03.24 14:50
Herr Schwake, die Beschreibung des
UN-Sicherheitsrates ist Ihnen fabelhaft gelungen, obwohl Sie ihn wiederholt gelobt haben, wenn er gegen Putin gestimmt hat. Ihrer Schlussfolgerung kann ich mich nicht anschließen, da ich ein Kriegsgegner bin und Verhandlungen unter den Parteien vorziehe.
Rolf W. Schwake 26.03.24 21:20
Der UN-Sicherheitsrat ...
... hat sich zum größten Kasperletheater der Erde entwickelt: Mit 14 Ja-Stimmen und der US-Enthaltung wird eine Resolution verabschiedet, die Waffenruhe im Gazastreifen fordert.
Dass die VETO-Mitglieder Russland und China für eine "sofortige Waffenruhe im Gazastreifen" stimmen, ist die größte Lachnummer aller Zeiten angesichts des im dritten Kriegsjahr befindlichen verbrecherischen Angriffskrieges Russlands in der Ukraine, bewiesen durch zwei eindrucksvolle 2/3-Mehrheiten der UN-Vollversammlung - sowie dem Verhalten Chinas u.a. im südchinesischen Meer und Taiwan, der Geldwäsche der chinesischen Triaden in Hongkong und dadurch die weltweit verstärkte chines. Einflussnahme in allen Bereichen!
UN-Mitglieder, die gegen die Regeln der UN-Charta verstoßen, gehören nach Vorwarnung aus dem UN-Sicherheitsrat ausgeschlossen - und sogar aus der UNO, wenn sie das nach Androhung der Mitgliedschaftskündigung nicht unterlassen.
Der Ausschluß aus der Weltgemeinschaft MUSS verbunden sein mit einer vollkommenen Ächtung, also dem Verbot aller übrigen Staaten, mit dem ausgeschlossenen Mitglied Kontakt aufzunehmen bzw. bestehende Kontakte sofort zu beenden.
Dann würde niemand mehr russische Bodenschätze oder chinesische Billigprodukte kaufen.
Nur das wäre im Rahmen einer Globalisierung der Weltwirtschaft ein Weg, um FRIEDEN und STABILITÄT auf Erden zu schaffen: Nur über den Umweg des mager werdenden Geldbeutels können gierige Politiker an die Einhaltung bestimmter Regeln erinnert werden!