Nepal hat seine Tigerpopulation fast verdreifacht

Ein Paar bengalischer Tiger ruht sich im zentralen Zoo in Kathmandu aus. Foto: epa/Narendra Shrestha
Ein Paar bengalischer Tiger ruht sich im zentralen Zoo in Kathmandu aus. Foto: epa/Narendra Shrestha

KATHMANDU: Die Zahl der bedrohten Tiger nimmt wieder zu. Tierschützer freuen sich. Aber die Zunahme ist auch eine Gefahr für Menschen.

Nepal hat die Zahl seiner frei lebenden Tiger in rund einem Jahrzehnt nach offiziellen Angaben fast verdreifacht. Die neueste Zählung habe 355 Tiger in freier Wildbahn ermittelt, teilte Nepals Behörde für Nationalparks und Artenschutz bei einer Veranstaltung zum Welttigertag an diesem Freitag mit. Im Jahr 2009 seien lediglich 121 Tiger gezählt worden. Die Großkatzen sind vom Aussterben bedroht, doch langsam nimmt auch ihre weltweite Zahl laut Umweltstiftung WWF wieder zu.

«Wenn lokale Gemeinden, Regierungen und Naturschutzorganisationen an einem Strang ziehen, dann gelingt der Schutz des Tigers vor dem Aussterben», sagte Michael Zika, Asien-Experte bei der Umweltstiftung WWF Deutschland. Aber: «So sehr uns die neuen Zahlen aus Nepal freuen, bleibt die größte Katze der Welt eine stark bedrohte Art.»

Mit den nun veröffentlichten Resultaten erreichte Nepal ein Ziel, dass sich Tiger-Staaten in Südasien, Südostasien, Russland und China vor 12 Jahren in St. Petersburg gesetzt haben: Die Tigerzahl bis zum chinesischen «Jahr des Tigers» 2022 zu verdoppeln. Nepal habe dieses Ziel nach Indien als zweites Land erreicht, sagte ein WWF-Sprecher. In Indien lebten mit Abstand am meisten Tiger, rund 3000 Tiere. Weltweit gibt es nach neusten bekannten Zahlen, die der Umweltstiftung vorliegen, rund frei lebende 4500 Tiger. Auch in Bhutan, China und Russland könnten Erfolge im Tigerschutz gefeiert werden, aber in Südostasien sei die Lage weiterhin besorgniserregend. Die Raubtiere seien durch Wilderei, Lebensraumverlust und schrumpfende Bestände ihrer Beutetiere bedroht.

Nepal habe seine Tiger sowohl im Jahr 2009 als auch im Jahr 2022 mit 1000 Kamerafallen im Lebensraum der Tiere über je einen Zeitraum von rund fünf Monaten mit der gleichen Zählmethode gezählt, sagte Tigerexperte Chiran Pokharel von Nepals Behörde für Nationalparks und Artenschutz, der bei der neusten Zählung involviert war.

Bei den beiden Zählungen hätten auch mehrere Dutzend Elefanten und ihre Elefantentreiber mitgewirkt, die Mitarbeiter von Wildtierbehörden, Tierärzte, Sicherheitskräfte und Material durch den Wald trugen. Elefanten werden an Orten eingesetzt, wo Autos nicht hinkommen und sie schützen die Zähler auch vor Angriffen anderer Tiere wie Tiger oder Nashörner, die vor den großen Elefanten Angst haben.

Doch die Zunahme der bedrohten Tiger stößt in Nepal nicht nur auf Freude - unter anderem bei etlichen Menschen, die gleich neben den Tigerlebensräumen leben. Mindestens 62 Menschen verloren nach Behördenangaben in den vergangenen drei Jahren bei Tigerangriffen ihr Leben. Tendenz steigend. «Wir wissen nicht, wie viele Tiger unsere Wälder gut beherbergen können und ob es dabei genügend Beutetiere für Tiger gibt», sagte Thakur Bhandari von der Federation of Community Forestry Users, die sich für die Anliegen von Waldanwohnern in Nepal einsetzt.

Bhandari wirft seiner Regierung vor, sich mehr für eine Zunahme der Tiger zu interessieren, als für die oft armen Menschen, die um Wälder herum leben und teils ihre Angehörigen wegen Tigern verlieren oder selbst bedroht sind.

Der Sprecher der Artenschutzbehörde sagte dazu, dass sie sich des Problems von Tiger-Mensch-Konflikten bewusst sei und Angehörigen der Opfer eine Entschädigung zahle sowie bei Verletzten die Behandlungskosten übernehme. Auch habe die Regierung Weiterbildungsprogramme für Waldanwohner, damit diese Jobs erlernen könnten, die ihnen einen Gang in den Wald ersparten und die Gefahr von Tigerangriffen reduzierten. Teils würden Tiger, die Menschen angriffen, auch gefangen und in Zoos gebracht. In Nepal ist sich die Regierung zudem der Wichtigkeit von Tigern für Wildtiertourismus bewusst.

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