Nach Netanjahus Scheitern soll jetzt Gantz Israels Regierung bilden

Benjamin Netanjahu, Premierminister von Israel, gibt vor dem Likud-Parteitreffen im Parlament eine Erklärung ab. Foto: Ilia Yefimovich/Dpa
Benjamin Netanjahu, Premierminister von Israel, gibt vor dem Likud-Parteitreffen im Parlament eine Erklärung ab. Foto: Ilia Yefimovich/Dpa

TEL AVIV (dpa) - Israels Langzeit-Regierungschef Netanjahu hat es nicht geschafft, eine neue Koalition auf die Beine zu stellen. Jetzt kommt Benny Gantz an die Reihe, der bei der Wahl eigentlich gewonnen hatte.

Nach dem Scheitern des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu mit der Bildung einer neuen Regierung ist jetzt sein Rivale Benny Gantz am Zug. Präsident Reuven Rivlin kündigte noch am Abend nach Medienberichten an, dass er nunmehr das Mandat an den früheren Militärchef Gantz vom Mitte-Bündnis Blau-Weiß weitergeben wolle. Nach Medienberichten könnte das schon am Dienstag geschehen.

Netanjahus Herausforderer hat dann vier Wochen Zeit für die schwierige Mission, eine Koalition zu bilden. Sollte auch er keine Koalition mit Mehrheit auf die Beine stellen können, steht es jedem Abgeordneten frei, 61 Knesset-Kollegen für eine Koalition zu suchen. Scheitert auch dies innerhalb von 21 Tagen, droht Israel eine dritte Parlamentswahl innerhalb eines Jahres.

Netanjahu war nach den Wahlen im September mit der Regierungsbildung beauftragt worden, gab sein Mandat aber am Montag zurück. Der Rechtskonservative bereits nach der vergangenen Wahl im April mit der Regierungsbildung gescheitert. Der Premier, der seit 2009 ununterbrochen regiert, erklärte in einer Stellungnahme auf Facebook, es sei ihm nicht gelungen, Gantz an den Verhandlungstisch zu bringen.

Netanjahu und Gantz hatten sich bereits in den vergangenen Wochen gegenseitig für die Schwierigkeiten bei der Regierungsbildung verantwortlich gemacht. Der Likud hatte Blau-Weiß zuletzt eine Blockadehaltung gegenüber einer Einheitsregierung mit paritätischer Aufteilung unter den Partnern vorgeworfen. Gantz hatte dagegen betont, seine Partei werde nicht in einer Regierung sitzen, «deren Vorsitzender sich einer schwerwiegenden Anklage stellen muss».

Netanjahu droht eine Anklage in drei Korruptionsfällen. Nach einer viertägigen Anhörung zu den Vorwürfen will der Generalstaatsanwalt nun bis Jahresende über eine Anklage entscheiden.

Außerdem hatte Netanjahu direkt nach der Wahl einen Block mit den rechten und religiösen Parteien gebildet. Er besteht darauf, diese in ein Regierungsbündnis aufzunehmen. Gantz strebt jedoch eine säkulare große Koalition an.

Rund eine Woche nach der Wahl am 17. September hatte Rivlin Netanjahu den Auftrag zur Regierungsbildung erteilt. Blau-Weiß war bei der Wahl mit 33 Mandaten zwar stärkste Kraft geworden. Der Likud kam nur auf 32 Mandate. Netanjahu erhielt allerdings 55 Empfehlungen von Abgeordneten für das Amt des Ministerpräsidenten - Gantz dagegen nur 54. Weder das rechts-religiöse noch das Mitte-Links-Lager hat eine Mehrheit zur Regierungsbildung.

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