Verhandlungen über Rettungspaket für Lufthansa

BERLIN: Die Lufthansa ist in der Corona-Krise schwer unter Druck geraten. Eine Einigung mit der Bundesregierung steht kurz bevor. Ein Paket sieht eine Beteiligung des Staates vor, es geht um viel Geld.

Die Verhandlungen zwischen der Bundesregierung und der Lufthansa über ein milliardenschweres Rettungspaket für die angeschlagene Fluggesellschaft sind auf der Zielgeraden. Die Lufthansa bestätigte in der Nacht zum Donnerstag in einer Pflichtmitteilung an die Börse, dass das Management aktuell «fortgeschrittene Gespräche» zur konkreten Ausgestaltung eines Stabilisierungspakets führe. Die Lufthansa setze die Gespräche mit dem Ziel fort, «zeitnah einen Abschluss» zu erreichen, um die Solvenz des Unternehmens nachhaltig zu sichern.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte am Mittwoch gesagt, bei Verhandlungen mit der Lufthansa sei «in Kürze» mit einer Entscheidung zu rechnen. Die Regierung sei in «intensiven Gesprächen» mit dem Unternehmen und der EU-Kommission. Die Bundesregierung und die Lufthansa verhandeln seit Wochen über Staatshilfen.

Nach Angaben der Lufthansa sieht das noch nicht final vereinbarte Konzept Stabilisierungsmaßnahmen im Umfang von bis zu 9 Milliarden Euro vor - davon 3 Milliarden als Darlehen über die Staatsbank KfW. Über eine Kapitalerhöhung sei über den Wirtschaftsstabilisierungsfonds des Bundes eine Beteiligung an der Lufthansa in Höhe von 20 Prozent geplant - sowie eine Wandelschuldverschreibung im Wert von fünf Prozent plus einer Aktie. Der Fonds beabsichtige, diese nur in Ausnahmefällen wie dem Schutz vor einer Übernahme auszuüben.

Über die Kapitalerhöhungen soll laut Lufthansa eine außerordentliche Hauptversammlung entscheiden. Es seien außerdem Auflagen geplant - etwa ein Verzicht auf künftige Dividendenzahlungen und Beschränkungen der Managementvergütung. Außerdem sollten zwei Sitze im Aufsichtsrat in Abstimmung mit der Bundesregierung besetzt werden. Dem Stabilisierungspaket müssten Vorstand und Aufsichtsrat der Lufthansa zustimmen. Außerdem stehe es unter dem Vorbehalt der Genehmigung durch die Europäische Kommission.

Nach dpa-Informationen hatte sich die Regierung am Mittwoch auf einen gemeinsamen Vorschlag für ein Lufthansa-Rettungspaket geeinigt. Demnach will sich der Bund zunächst mit weniger als 25 Prozent direkt an der Lufthansa beteiligen. Demnach hätte der Bund keine Sperrminorität - er könnte wichtige strategische Entscheidungen nicht blockieren. Über die Konstruktion eine Wandelanleihe im Wert von fünf Prozent plus einer Aktie solle der Staat in die Lage versetzt werden, im Falle des Versuchs einer feindlichen Übernahme eine Sperrminorität aufzubauen, hieß es. Zuerst hatte das «Handelsblatt» über die Ausgestaltung berichtet.

Zuvor hatte der «Spiegel» berichtet, die Bundesregierung habe sich darüber geeinigt, wie der Staat bei der Fluggesellschaft einsteigen soll. Merkel, Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) und Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) hätten einen Kompromiss erzielt.

Dem Lufthansa-Konzern droht das Geld auszugehen. Das Unternehmen war wie die gesamte Branche vom Corona-Schock hart getroffen worden und verliert derzeit rund 800 Millionen Euro Barmittel im Monat. Von den angeblich vorhandenen Bar-Reserven von mehr als 4 Milliarden Euro gehören 1,8 Milliarden Euro eigentlich den Kunden, die auf Erstattungen für nicht durchgeführte Flüge warten.

Das Virus mit den folgenden Reisebeschränkungen hatte den globalen Flugverkehr mit Ausnahme der Fracht nahezu zum Erliegen gebracht. Lufthansa reduzierte den Passagierbetrieb auf ein Minimum und flog zwischenzeitlich nur noch knapp 1 Prozent der Passagiere im Vergleich zum Vorjahr. Inzwischen läuft der Verkehr langsam wieder an, so dass bis Ende Juni rund 14 Prozent des eigentlich geplanten Verkehrs wieder in der Luft sein sollen.

Die Politik hatte in der Corona-Krise umfassende Hilfsprogramme beschlossen, um die wirtschaftlichen Folgen abzufedern - darunter einen milliardenschweren Wirtschaftsstabilisierungsfonds. Dieser sieht die vorübergehende Beteiligung des Staates an Unternehmen vor.

Die Modalitäten der Staatshilfen für die Lufthansa waren in der schwarz-roten Koalition lange umstritten. Vor allem die Union hatte vor einer «Quasi-Verstaatlichung» der Airline gewarnt. Ein diskutiertes Modell einer Staatsbeteiligung von rund 25 Prozent plus einer Aktie und damit einer Sperrminorität wurde in der Union sehr kritisch gesehen.

Das Lufthansa-Management hatte wiederholt vor einem zu starken Staatseinfluss auf unternehmerische Entscheidungen und einer zu hohen Verschuldung gewarnt.

Die Lufthansa und ihre Betriebsräte hatten am Dienstag schnelle Entscheidungen zu der geplanten Staatshilfe gefordert. Die Arbeitnehmervertreter warnten in einem Offenen Brief vor einer Insolvenz oder einem Schutzschirmverfahren für den Dax-Konzern. Beides berge unkalkulierbare Risiken und würde wirtschaftlich und politisch das falsche Signal setzen, argumentierten die Beschäftigten.

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TheO Swisshai 21.05.20 21:42
@Beat Sigrist / Gleiche Fehler
Allerdings konnte das Lufthansa-Management die Corona-Krise und das Reiseverbot nicht voraussehen, das konnte niemand, nicht mal im Traum. Bei der Swissair war das anders, das hatte sich das Management selbst eingebrockt, resp.es verbockt. Vor der Krise hat das LH-Management und die Strategie gut funktioniert, man hat Geld verdient, Dividenden wurden ausbezahlt und Arbeitsplätze gesichert. Dass keine Reserven in der Höhe von 9 Milliarden Euro auf die hohe Kante gelegt wurden, ist angesichts der unvorhersehbaren Geschehnissen auch kein Wunder. Der Vergleich mit der Swissair ist meiner Meinung nach an den Haaren herbeigezogen.
Beat Sigrist 21.05.20 13:26
Kein Investor auf diesem
Planeten würde noch eine einzige Aktie von Lufthansa erwerben, wenn keine Dividenden mehr ausbezahlt werden dürfen in Zukunft. Die Aktien würden selbstverständlich auch aus dem DAX rausfliegen und ins Bodenlose absinken.Der Kurs der Aktien ist innerhalb von einem Jahr von 17.91 Euro auf 7.92 gesunken und ist weiter im steilen Sinkflug. Faktisch gesehen ist die Lufthansagruppe pleite wie die Thai Airways ebenso. Für den Milliardenkredit der Schweiz an die Tochterfirma Swiss, musste die Swiss 100% der Aktien auf der Bank für die Schweiz als Sicherheit hinterlegen. Ein solcher Deal legt offen wie schlimm und aussichtslos es um die Lufthansa Gruppe wirklich steht. Für die Austrian Airline verlangt die Lufthansa von Österreich eine Finanzspritze von knapp 800 Millionen. Der Vorstand der Lufthansa sagte deutlich, wenn Österreich nicht bezahle werde man die Austrian in den Konkurs schicken. Wie kann man unter solchen Erpressungen noch an die LH Gruppe glauben? Die LH Gruppe hat die gleichen Fehler gemacht wie die Swissair damals. Alles aufkaufen und was auf dem Markt zu haben ist und ein unfähiges und überzahltes Management an der Spitze.