Mehr als 130 000 Häuser in Nepal zerstört

Wettlauf gegen die Zeit: Überleben unter Trümmern

Foto: Palani Mohan / International Fed, epa
Foto: Palani Mohan / International Fed, epa

Kathmandu: Nach dem schweren Erdbeben in Nepal schwinden die Hoffnungen, weitere Überlebende aus den Trümmern zu retten. Die Such- und Rettungsaktionen gingen langsam zu Ende, teilte das Büro für UN-Katastrophenhilfe (Ocha) in der Nacht zu Freitag mit. Am Donnerstag waren noch zwei überlebende geborgen worden. Nun sei die Herausforderung, Tote zu bestatten, Vermisste zu identifizieren und Familien wieder zusammenzuführen. Bei dem Beben am vergangenen Samstag waren mehr als 6000 Menschen ums Leben gekommen.

Nach Erdbeben können unter Trümmern eingeschlossene Menschen meist nur wenige Tage überleben. «Entscheidend ist die Hilfe in den ersten drei Tagen», erklärt Tankred Stöbe, Präsident von Ärzte ohne Grenzen Deutschland, mit Blick auf die Erdbebenkatastrophe in Nepal. «Und genau das ist in dieser extrem zerklüfteten Bergwelt mit wenig Straßen, die jetzt auch verschüttet sind, sehr schwierig.» Essei ein Wettlauf gegen die Zeit. An diesem Samstag ist das Beben im Himalaya genau eine Woche her.

Nur wenn die Verschütteten Zugang zu Flüssigkeiten haben, gibt es auch nach mehreren Tagen eine realistische Überlebenschance. Ein Mensch kann nur etwa drei Tage überleben, ohne zu trinken. Essen ist weniger wichtig. «Es gibt da keine ganz starren Regeln, aber wenn der Mensch drei Tage lang kein Wasser und keine Lebensmittel zu sich nimmt, dann sinken die Überlebenschancen rapide», betont Stöbe.

Auch wenn Regenfälle die Arbeit der Retter häufig erschweren, können sie für Verschüttete extrem wichtig sein. Denn dann dringt Wasser auch in die zerstörten Häuser ein und erreicht dort Menschen in Not, wie die Hilfsorganisation I.S.A.R. am Donnerstag betonte.

Verschüttete haben in extremen Ausnahmefällen schon viele Tage unter Trümmern überlebt. Als Wunder bezeichneten Ärzte die Rettung eines 19-jährigen Rumänen im März 1977. Der junge Mann wurde elf Tage nach einem Erdbeben in Bukarest geborgen. Eine pakistanische Frau hielt es nach einem Beben im Oktober 2005 mit Essensresten und Regenwasser sogar mehr als zwei Monate unter Trümmern aus.

Chronologie der Katastrophe

Die UN-Katastrophenhelfer verdeutlichten das schiere Ausmaß der Katastrophe auch anhand der Sachschäden: mindestens 130 000 Häuser wurden demnach zerstört, weitere 85 000 beschädigt.

25. April: Ein Erdbeben der Stärke 7,8 erschüttert Nepal und das benachbarte Indien sowie das chinesische Tibet. Das Zentrum lag westlich der Hauptstadt Kathmandu. Viele Gebäude stürzen ein,darunter Unesco-Welterbestätten. Wegen des Bebens löst sich eine Lawine am Mount Everest und verschüttet Bergsteiger.

26. April: Aus vielen Ländern kommen Beileidsbekundungen und Hilfsangebote für die Katastrophenregion. Auch aus Deutschland machen sich Helfer auf den Weg. Die Lage in Nepal ist schwierig: kaum Strom, überfüllte Krankenhäuser, Menschen schlafen auf den Straßen. Nachbeben verursachen weitere Zerstörungen und Opfer.

27. April: Die Hilfe aus aller Welt kommt nur schwer ins Erdbebengebiet. Der Flughafen von Kathmandu ist überlastet, viele Straßen sind unpassierbar.

28. April: Bei den Menschen in Nepal wachsen Verzweiflung und Wut auf die Regierung. Zehntausende fliehen aus Kathmandu. Nepals Regierung räumt ein, trotz Warnungen vor einem bevorstehenden großen Beben nicht ausreichend vorbereitet gewesen zu sein. Unter den Toten ist auch ein Geografie-Professor aus Göttingen.

29. April: Fehlende Hilfsgüter und der Streit um Trinkwasser lösen teils Feindseligkeiten unter Überlebenden aus. Nach langer Hängepartie landet ein in Berlin gestarteter Hilfsflug mit Gütern wieZelten, Decken und Hygienepaketen in Kathmandu. Die Rettung Überlebender gleicht inzwischen fast einem Wunder. Allein in Nepal gibt es schon mehr als 5000 Tote, die Zahl steigt weiter.

30. April: Erste Rettungsteams erreichen entlegene Gebiete, wo Opfer seit Tagen auf Hilfe warten. In Kathmandu wird fünf Tage nach dem Beben ein verschütteter 18-Jähriger lebend gerettet. Ganz in der Nähe wird kurz danach eine Nepalesin geborgen, die sich allerdings in kritischem Zustand befand.

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