Kurz fordert EU-Grenzschutzin Nordafrika

Der österreichische Kanzler Sebastian Kurz. Foto: epa/Vassil Donev
Der österreichische Kanzler Sebastian Kurz. Foto: epa/Vassil Donev

BERLIN/ROM (dpa) - Österreichs Kanzler Kurz fordert in der Migrationspolitik einen härteren Kurs. Er will, dass die EU-Grenzschutzagentur Frontex zum Schutz der Außengrenzen ein neues Mandat bekommt. Steigt die Zahl der Flüchtlinge auf dem Mittelmeer und entlang der Balkanroute wieder an?

Der österreichische Kanzler Sebastian Kurz will den Einsatz der EU-Grenzschützer auf Nordafrika ausweiten, um Migranten schon an der Überfahrt über das Mittelmeer zu hindern. Die Grenzschutzagentur Frontex brauche ein neues Mandat, um in Drittstaaten mit Einverständnis der dortigen Regierung tätig zu werden, sagte der konservative Politiker der «Welt am Sonntag». Es gehe darum, «das schmutzige Geschäftsmodell der Schlepper zu beenden und zu verhindern, dass sich Schlepperboote überhaupt erst auf den gefährlichen Weg über das Mittelmeer machen». Österreich übernimmt im Juli den EU-Ratsvorsitz.

Vor der libyschen Küste sind in den vergangenen Tagen nach Angaben von Helfern mehr als 1.500 Menschen aus Seenot gerettet worden. Allein am Donnerstag und Freitag hätten Schiffe von Nichtregierungsorganisationen (NGO) sowie der italienischen Küstenwache und Marine diese Zahl von Migranten vor dem Ertrinken gerettet, teilte die Hilfsorganisation SOS Mediterranee mit. An den Einsätzen waren auch deutsche Helfer beteiligt.

Libysche Menschenhändler haben nach Angaben der Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen mindestens 15 aus Gefangenschaft fliehende Migranten erschossen. Dutzende weitere seien nahe der Stadt Bani Walid im Nordwesten des Landes verletzt worden, teilte die Organisation am Freitagabend mit. Überlebende berichteten, bis zu drei Jahre lang gefangen gewesen zu sein.

Seit Monaten werden deutlich weniger Flüchtlinge in den internationalen Gewässern des Mittelmeers gerettet. Viele Menschen, die von Libyen aus die Flucht nach Europa wagen, werden bereits in den Hoheitsgewässern aufgehalten und zurück in das Bürgerkriegsland gebracht.

Frontex sollte nach Ansicht von Kurz «illegale Migranten an den Außengrenzen stoppen, versorgen und dann im Idealfall unverzüglich in das Herkunfts- oder Transitland zurückschicken». Die seit Monaten in der EU umstrittene Verteilung von Flüchtlingen nach Quoten in Europa sei dagegen nicht realistisch. Damit sei die Migrationskrise auch nicht langfristig zu lösen, sagte er.

Zur Beilegung des Streits über die Reform der europäischen Asylpolitik setzt die bulgarische EU-Ratspräsidentschaft dagegen auf einen neuen Kompromissvorschlag: Flüchtlinge sollen nur dann automatisch in der EU umverteilt werden, wenn es wie 2015 zu einem sehr starken Zustrom kommt. In dem Jahr waren fast 900.000 Migranten nach Deutschland eingereist.

Balkanroute verstärkt im Blick

Österreichs Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) zeigte sich am Wochenende besorgt über einen Anstieg der Flüchtlingsbewegung über die Balkanroute. «Im Fall der Fälle» werde er alle Grenzen zu Österreich dicht machen, sagte er der österreichischen Nachrichtenagentur APA. Am Montag will Kickl mit Vertretern der betroffenen Balkan-Staaten - «von Griechenland bis Slowenien» - in Kontakt treten, um den Anstieg der Flüchtlingsbewegung zu besprechen.

Nach aktuellen Zahlen, die der APA vorliegen, wird die Balkanroute nach Mitteleuropa wieder populärer. So seien die Ankünfte von Migranten in Griechenland im Vergleich zur Vorwoche um 45 Prozent (von 848 auf 1.229 Ankünfte) gestiegen, zeigten Daten aus den betroffenen Staaten. Anstatt über Serbien werde außerdem immer öfter die Route über Bosnien-Herzegowina genommen.

In Bosnien-Herzegowina sind seit Jahresbeginn 3.500 Menschen angekommen. Nach offiziellen Angaben der Regierung sind im Moment etwa 1.000 Migranten im Land, die anderen sind in Richtung Westeuropa weitergezogen. Das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR sagte zuletzt, die Zahl der Migranten sei unter Kontrolle. In Serbien sitzen weniger als 3.000 Menschen fest, deren Zahl langsam abnimmt. In Mazedonien zählt das UNHCR täglich etwa 50 Menschen neu, was nicht mehr als zu Jahresbeginn ist.

In Griechenland haben nach wiederholten Massenschlägereien zwischen Migranten verschiedener Nationalitäten rund 300 Menschen, in ihrer Mehrheit Familien, das Flüchtlingslager von Moria auf der Insel Lesbos verlassen. Sie protestierten damit gegen als unerträglich bezeichnete Zustände und eine langsame Bearbeitung ihrer Asylanträge, wie der staatliche Regionalsender (ERT-Nord-Ägäis) am Samstag weiter berichtete.

Im Auflieger eines Sattelschleppers seien in der Nähe der kleinen griechischen Grenzortschaft Soufli 91 Migranten entdeckt worden, teilte die griechische Polizei am Samstag mit. Diese hatten zuvor den türkisch-griechischen Grenzfluß Evros überquert und waren offensichtlich auf dem Weg zu einem der westgriechischen Häfen, von wo aus eine Route weiter nach Italien und Richtung Mitteleuropa führt.

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Jürgen Franke 28.05.18 21:37
Ein Land ohne Grenzen,
hat aufgehört, zu existieren. Es ist zu hoffen, dass Herr Kurz bei seiner harten Linie bleibt.