Kritik an Geistlichem im Iran 

​Nach Aufnahmen von Frau ohne Kopftuch

Geistliche aus dem Iran nehmen am Freitagsgebet in der Imam-Khomeini-Moschee in Teheran teil. Archivfoto epa/ABEDIN TAHERKENAREH
Geistliche aus dem Iran nehmen am Freitagsgebet in der Imam-Khomeini-Moschee in Teheran teil. Archivfoto epa/ABEDIN TAHERKENAREH

TEHERAN: In der iranischen Pilgerstadt Ghom hat ein Zusammenstoß zwischen einer Frau und einem Geistlichen in einem Krankenhaus für Aufsehen gesorgt. Ein Video der Situation, das vielfach in sozialen Netzwerken geteilt wurde, zeigt, wie der Geistliche die Frau ohne Kopftuch mit dem Handy fotografiert, während sie am Boden sitzend ein Baby hält. Die Frau konfrontiert den Mann kurz darauf und fordert ihn lautstark dazu auf, die Aufnahmen von ihr zu löschen. Nutzer in sozialen Medien gingen davon aus, dass er die Frau wegen ihres Verstoßes gegen die im Iran herrschende Kopftuchpflicht filmte.

Wie die Zeitung «Etemad» am Freitag berichtete, erntete der Mann nun Kritik aus eigenen Reihen. Aufnahmen von Fehltritten zu machen, sei nicht Aufgabe eines religiösen Schülers, zitierte «Etemad» einen hochrangigen Geistlichen in Ghom.

Der Vorfall dürfte sich bereits vor mehreren Tagen zugetragen haben. Laut der Nachrichtenagentur Tasnim wurden mittlerweile vier Personen im Zusammenhang mit der Verbreitung des Videos über den Vorfall festgenommen mit dem Vorwurf, die Gesellschaft spalten zu wollen. Zum Verbleib der Frau gab es zunächst keine Informationen.

Seit den von Frauen angeführten Protesten im Iran im Herbst 2022 ignorieren immer mehr Frauen in dem Land mit fast 90 Millionen Einwohnern die strengen islamischen Kleidungsvorschriften. Religiöse Hardliner versuchen, dagegen anzukämpfen. Ein neues Gesetz sieht drakonische Strafen für Verstöße gegen die Kopftuchpflicht vor. Die Reform wurde bereits vom Parlament verabschiedet, ist aber noch nicht in Kraft getreten.

Ausgelöst wurden die Proteste gegen das System der Islamischen Republik 2022 vom Tod der jungen iranischen Kurdin Jina Mahsa Amini. Sittenwächter hatten die junge Frau wegen eines angeblich schlecht sitzenden Kopftuchs mutmaßlich gewaltsam festgenommen, Amini fiel ins Koma und starb nur wenige Tage später.

Überzeugen Sie sich von unserem Online-Abo:
Die Druckausgabe als voll farbiges PDF-Magazin weltweit herunterladen, alle Artikel vollständig lesen, im Archiv stöbern und tagesaktuelle Nachrichten per E-Mail erhalten.