Klimaschutz im Ölstaat? 

​Emirate richten Weltklimagipfel aus

Foto: Pixabay/Gerd Altmann
Foto: Pixabay/Gerd Altmann

DUBAI/BERLIN: Gastgeber für die Klimakonferenz sind in diesem Jahr die Vereinigten Arabischen Emirate. Als Ölstaat sind sie nicht als Vorreiter beim Klimaschutz bekannt. Doch nicht nur deswegen ist die Präsidentschaft umstritten.

Der Durchbruch im Kampf gegen die Erderwärmung soll ausgerechnet dort passieren, wo diese maßgeblich weiter angefacht wird: Die Vereinigten Arabischen Emirate zählen zu den größten Ölproduzenten der Welt - und sind gleichzeitig in diesem Jahr Ausrichter der UN-Weltklimakonferenz in Dubai. Und damit nicht genug: Der Chef des staatlichen Ölkonzerns Adnoc ist sogar offizieller Gastgeber des Treffens. «Das ist so, als ob das Umweltbundesamt vom Chef von VW geleitet würde», beschrieb es der deutsche Greenpeace-Chef Martin Kaiser.

Wo Klimakonferenzen stattfinden, hat jedoch nichts mit der Klimabilanz eines Landes zu tun: Ausschlaggebend ist, dass ein Land den riesigen Gipfel mit Zehntausenden Delegierten logistisch und finanziell stemmen könne, wie es von den Vereinten Nationen heißt. Darüber hinaus wechseln sich die großen Weltregionen ab. Das Angebot der Emirate, die COP28 (30. November bis 12. Dezember) auszurichten und zu leiten, wurde laut UN von dem zuständigen Gremium im Konsens angenommen.

Ausstieg aus Fossilen fraglich

Doch genau das könnte den Erfolg des Treffens behindern. Denn um eine Chance zu haben, die im Pariser Klimaschutzabkommen festgehaltenen Ziele auch nur annähernd im Rahmen des Greifbaren zu halten, muss sich die Welt schnellstmöglich von der Nutzung aller fossiler Energieträger wie Öl, Gas und Kohle verabschieden. «Das wird aber bei der Klimakonferenz mit dieser Präsidentschaft schwierig», hält Klima-Expertin Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) im Gespräch der Deutschen Presse-Agentur fest. «Insofern sehe ich die nächste Klimakonferenz unter ganz, ganz schlechten Vorzeichen und habe wenig Erwartungen, dass wirklich was kommt. Das liegt in erster Linie an der Präsidentschaft und an diesem Präsidenten, der alles verhindern wird, was eigentlich notwendig ist», sagt Kemfert.

Tatsächlich ließ Sultan Ahmed Al-Dschaber bereits durchblicken, worauf seine Hoffnungen bei der Bekämpfung der Klimakrise ruhen: Er will im großen Stil auf Technologien wie CO2-Speicherung und -Abscheidung setzen, die allerdings extrem teuer und bislang technisch unausgereift sind. Ob sie wirklich jemals eine entscheidende Rolle übernehmen, ist zweifelhaft - und damit zu planen, eine riskante Wette auf die Zukunft.

Kollisionskurs mit 1,5 Grad

Daheim investiert Adnoc weiter ungebremst in fossile Projekte: «Während Adnoc-Konzernchef Sultan Ahmed al-Dschaber den Ende November beginnenden Weltklimagipfel in Dubai leiten wird, befindet sich sein Unternehmen auf direktem Kollisionskurs mit dem 1,5-Grad-Ziel», schreibt die Naturschutzorganisation Urgewald, die mit weiteren NGO-Partnern dazu eine Datenauswertung veröffentlicht hat. Erst vor kurzem habe Adnoc eine endgültige Investitionsentscheidung für ein riesiges Gasprojekt namens «Hail & Ghasha» bekanntgegeben. Das Projekt solle im Marawah-Biosphärenreservat entstehen, das viele gefährdete Arten beherbergt und das größte Meeresschutzgebiet im Arabischen Golf ist.

Allein im zweiten Halbjahr 2022 hat Adnoc acht neue Bohrinseln in Betrieb genommen, der Nettogewinn stieg um mehr als 30 Prozent auf etwa 800 Millionen US-Dollar. Immerhin gilt Al-Dschaber zugleich als Treiber beim Ausbau erneuerbarer Energien im Golfstaat. Er sitzt etwa einem staatlichen Unternehmen für nachhaltige Energiegewinnung vor und ist seit vielen Jahren Vertreter seines Landes bei Klimaverhandlungen.

Überwachung statt Protesten

Wie Ägypten, Gastgeber der Vorjahreskonferenz, stehen die Emirate immer wieder in der Kritik wegen der Lage der Menschenrechte. Der reiche Golfstaat präsentiert sich auf der Weltbühne als progressiv und weltoffen, nicht zuletzt in seiner Rolle als Gastgeber Weltausstellung Expo 2021/22 in Dubai.

Doch Rechte etwa auf freie Meinungsäußerung und Versammlungsfreiheit sind der US-Organisation Freedom House zufolge massiv beschnitten. Zudem gibt es immer wieder Berichte über den Ausbau der umfassenden Überwachung, sowohl im Internet wie auch im öffentlichen Raum, etwa durch Gesichtserkennungstechnik. Die Überwachungstechnik in den Emiraten gilt als so fortgeschritten wie in nur wenigen anderen Ländern der Welt. Die aus sieben Emiraten bestehende Föderation wird von Präsident Mohammed bin Sajid beherrscht.

Die unrechtmäßige Haft von Aktivisten wie dem prominenten Blogger Ahmed Mansur bringen dem Land Kritik ein, wie auch die eingeschränkten Rechte von Arbeitsmigranten, Frauen und Mitgliedern der LGBTQ-Gemeinde. «Außerhalb werden wir nichts sehen, wie es sonst bei den COPs üblich ist», meint BUND-Expertin Susann Scherbarth. Auch im vergangenen Jahr, im autoritär regierten Ägypten, waren Proteste von Aktivistinnen und Aktivisten rund um das Treffen quasi unmöglich - nur auf dem Gelände selbst, das während der Konferenz Territorium der Vereinten Nationen ist, konnten sich kritische Stimmen Gehör verschaffen.

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