Hooligans stören Trauer in Brüssel

​Brüssel nach dem Terror: Trauer, Randale und ein Stück Normalität

Foto: epa/Olivier Hoslet
Foto: epa/Olivier Hoslet

Brüssel (dpa) - Schwarz gekleidet, kurz geschoren und teils vermummt - aggressive Hooligans stören am Brüsseler Börsenplatz das Gedenken an die Terroropfer. Es sind vor allem junge Männer. Mehrere Hundert sind gekommen - vermeintlich, um ihrerseits gegen den islamistischen Terror zu protestieren, der die Stadt nur wenige Tage zuvor erschüttert hat. «Alle gemeinsam gegen den Islamischen Staat», skandieren sie. Ein Augenzeuge berichtet von «sehr aggressiver» Stimmung, andere von rechtsextremen Parolen.

In kaum einer Stunde drängt ein massives Polizeiaufgebot die randalierende Gruppe mit Hilfe von Wasserwerfern zurück zum Bahnhof. Und die Menschen am Börsenplatz tun das, was die ganze Stadt versucht: Sie tasten sich an die Normalität heran. Wenig später stehen sie wieder vor dem Gebäude, reden, halten Fahnen oder Transparente hoch, schreiben mit Kreide auf den Asphalt.

Der Platz vor der alten Börse in der Brüsseler Innenstadt ist in den Tagen davor zum zentralen Gedenkort mit Blumen und Kerzen geworden. Bei Explosionen am Flughafen und in einer Metrostation hatten Selbstmordattentäter am Dienstag 28 unschuldige Menschen in den Tod gerissen, rund 340 wurden verletzt. Ein Gedenkmarsch «Gegen die Angst» war wegen Überlastung der Polizei abgesagt worden, viele kamen trotzdem. Der Platz gibt der Trauer einen Ort.

Seit Tagen komme sie hierher, berichtet eine junge Studenten aus Portugal, die um die Ecke wohnt. «Ich mochte die Stimmung, eine sehr stille und warme Stimmung», erzählt sie. Seltsam sei dieser Auftritt der Störer gewesen.

Dabei ist Brüssel doch eigentlich auf dem Weg zurück in den Alltag. Leer wirkt die Stadt am Osterwochenende, jedenfalls jenseits der Börse. Reisenden und Touristen ist zwar ein Zögern anzumerken. Aber Abgeklärtheit scheint sich durchzusetzen: Was soll man machen? Es muss ja irgendwie weitergehen.

Am wichtigen Bahnhof «Gare Centrale» wartet eine Brüsselerin auf ihren Mann und ihre Kinder, die mit der Metro ankommen sollen. «Vor den Anschlägen ist man automatisch in die Bahn gestiegen», sagt die 38-Jährige. «Jetzt zögert man ein bisschen, denkt darüber nach.» Aber Angst? Nein, Angst habe sie nicht.

Bei Sehenswürdigkeiten der Stadt ist am Osterwochenende wenig los. Vor dem Königlichen Museum der Schönen Künste steht morgens normalerweise eine lange Schlange. Rund 2.000 Besucher seien es am vergangenen Samstag gewesen, erzählt eine Mitarbeiterin. «Heute sind es weniger als an einem ruhigen Wochentag.»

Auch auf dem historischen Marktplatz - dem Grand Place - geht es trotz sonnigen Wetters ruhig zu. Bis eine Hochzeitsgesellschaft in ausgelassener Stimmung aus dem Rathaus tritt. Das nächste Paar steht schon bereit, ebenfalls samt fröhlicher Entourage.

Die Laune von zwei Studentinnen, die dort Fotos machen, ist ebenfalls gut. Seit Montag sind sie in der Stadt. Sie waren nicht weit entfernt, als der Anschlag in der Metro passierte. «Erst am Abend habe ich etwas Angst und vor allem Erschöpfung gespürt», erzählt die eine. «Am Mittwochabend sind wir sogar ausgegangen», ergänzt ihre Freundin. Die Metro haben die beiden seit Dienstag allerdings nicht benutzt. Wenn sie am Sonntag zum Flughafen-Shuttle müssen, werden sie das aber tun. Alles andere wäre zu kompliziert.

Für Sicherheit sollen Soldaten und Polizisten sorgen. Sie bewachen die nach wie vor teilweise gesperrten Bahnhöfe. Vor der Metrohaltestelle Arts-Loi - eine Station vom Anschlagsort Maelbeek entfernt - kontrollieren Soldaten die Taschen der Fahrgäste. Wer eine Station vorher einsteigt oder aus der anderen Richtung kommt, bleibt allerdings unbehelligt. Auch am Gare Centrale gibt es keine ausführlichen Kontrollen mehr, die lange Schlangen zur Folge hatten. Bereits seit Donnerstag gilt nicht mehr die höchste Terrorwarnstufe.

Die Metro fährt auf der betroffenen Strecke wieder. In Maelbeek hält sie allerdings nicht, die Station wird nur angesagt. Oben am Ausgang liegen Blumen - auf jeder Straßenseite ein kleines Häufchen. Dazwischen rollt wie gewohnt der Verkehr über die vierspurige Straße.

Man muss sich dabei auch in Erinnerung rufen: Bewaffnete Soldaten gehören bereits seit Anfang 2015 zum Brüsseler Straßenbild. Damals verhinderten die Behörden nach eigenen Angaben einen größeren Islamisten-Anschlag. Doch manchmal ist der Grund für eine Absperrung am Bahnhof auch einfach «Frische Farbe».

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Leserkommentare

Vom 11. bis 21. April schließen wir über die Songkranfeiertage die Kommentarfunktion und wünschen allen Ihnen ein schönes Songkran-Festival.

Jack N.Kurt Leupi 22.12.16 18:00
Hooligans
Das Bild erinnert mich eher an eine Landsgemeinde in der Schweiz(Kanton Glarus), wo mit Hand erheben abgestimmt und somit die "direkte Demokratie" gelebt wird !Lachnummer?
Jürgen Franke 29.03.16 09:13
In den Tagesthemen
kam ein langer Bericht über diese Aktion. Schlimm genug, dass auch darauf die Polizei nicht ausreichend vorbereitet war und die Wasserwerfer zu spät kamen. Alexander, noch eine Bitte: Versuche doch mal kurze Sätze zu bilden und nicht alle Gedanken in einen Satz unterzubringen.
Jürgen Franke 29.03.16 08:20
Leider waren es doch
Hooligans, die die Trauerfeier störten. Denn soviel friedliche Bürger mit kahlrasierten Kopf gibt es auch in Belgien nicht. Schlimm ist nur, dass die Polizei so lange brauchte, um das zu erkennen. Die Polizeispitzel haben diese Gefahr nicht rechtzeitig erkannt.
Jürgen Franke 28.03.16 22:20
Europa bricht
auseinander, wenn es nicht gelingt die Zusammenarbeit der Polizeikräfte zu bündeln. Die Belgier waren von der Türkei gewarnt. Die Bürger sollen nicht demonstrieren, sondern lieber aufpassen, was in ihren Straßen und in der Nachbarschaft passiert.
Dracomir Pires 28.03.16 19:34
Hooligans?
Nein, es waren keine Hooligans. Es waren erzürnte und verängstigte Bürger, die ihre Wut auf die Islamisten und deren Terror offenbarten. Und dies absolut zu recht!
Johann Riedlberger 28.03.16 14:38
das stimmt so
Es ist lachhaft den Glauben an einen "Allmächtigen" mit Feuer und Schwert verbreiten zu müssen. Da lobe ich die Budhisten.
Johann Riedlberger 28.03.16 12:31
berechtigte Wut
Bier und Schweinebraten sind ein unverzichtbarer Teil meines Speiseplans. Eine Beschneidung lehne ich für mich ab. Meine Frau soll nicht in einem Müllsack gekleidet herumlaufen müssen. Islam heißt Unterwerfung und das werde ich nicht tun. Der Koran weist seine Gläubigen an vielen Stellen an die Ungläubigen zu terrorisieren. Es reicht!