Trump als abgewählter Präsident im Wahlkampf

​Helfer oder Hindernis? 

Foto: epa/Doug Mills
Foto: epa/Doug Mills

WASHINGTON: Wie viele Versprechen Biden als Präsident erfüllen kann, entscheidet sich im Januar in Georgia. Amtsinhaber Trump soll die Republikaner im Kampf um zwei Senatssitze unterstützen. Doch in seinem Ärger über das Wahlergebnis könnte er ihnen einen Bärendienst erweisen.

Wenn der abgewählte US-Präsident Donald Trump an diesem Samstag nach Georgia aufbricht, dürften einige Republikaner nervös werden. Der 74 Jahre alte Noch-Amtsinhaber schäumt angesichts seiner Niederlage gegen Joe Biden (78) weiter vor Wut. Kaum ein Tag vergeht, an dem er nicht über angeblichen Betrug klagt und damit das Vertrauen ins Wahlsystem weiter untergräbt. Einen Monat vor wichtigen Stichwahlen um zwei Sitze im mächtigen US-Senat soll er den republikanischen Kandidaten bei einem Auftritt in der Stadt Valdosta (Sonntag 01.00 Uhr MEZ) Schützenhilfe leisten. Doch bei Parteikollegen geht die Sorge um, dass der grollende Trump im Kampf um seine politische Zukunft die Republikaner mit in den Abgrund reißen könnte.

Die Stichwahlen am 5. Januar entscheiden darüber, welche der beiden Parteien künftig den Senat in Washington kontrolliert. Setzen sich die demokratischen Herausforderer Jon Ossoff und Raphael Warnock gegen die beiden republikanischen Amtsinhaber David Perdue und Kelly Loeffler durch, hätte Biden beim Regieren beide Kammern des US-Kongresses auf seiner Seite. Verteidigen die Republikaner dagegen ihre Mehrheit, können sie Gesetzesvorhaben und Kandidaten des Präsidenten für Regierungsämter oder Richterposten blockieren. Die von Biden angestrebte drastische Umkehr von Trumps Politik würde viel schwieriger, das gleiche gälte für weitreichende Reformen.

Einer vor wenigen Tagen veröffentlichten Umfrage zufolge liegt Warnock derzeit sieben Prozentpunkte vor Loeffler. Ossoff und Perdue sind beinahe gleichauf, mit zwei Punkten Vorsprung für den Demokraten. Wer am Ende in dem knappen Rennen gewinnt, wird auch davon abhängen, wie viele Unterstützer die jeweiligen Lager mobilisieren können. Mit den unbelegten Wahlbetrugsbehauptungen, die Trump nicht müde wird zu wiederholen, könnte der Präsident seinen Republikanern einen Bärendienst erweisen.

Trump erkennt seine Niederlage gegen Biden noch immer nicht an und behauptet, die Demokraten hätten ihn durch großangelegten Betrug um den Sieg bei der Wahl am 3. November gebracht. Obwohl es dafür weiterhin keine Belege gibt und Erfolge seiner Anwälte ausbleiben, versucht der Präsident, die Ergebnisse in mehreren Bundesstaaten zu kippen. Eric Johnson, ein Berater der Republikanerin Loeffler, sagte der «New York Times», man könne nicht von einem manipulierten Wahlsystem sprechen und zugleich die Menschen zur Stimmabgabe aufrufen. Trump müsse seine Vorwürfe entweder fallenlassen oder an die Menschen appellieren, den Republikanern mit ihren Stimmen zu einem so eindeutigen Sieg zu verhelfen, dass niemand daran rütteln könne.

Es sind aber nicht nur Trumps Wahlbetrugsbehauptungen, die für die Republikaner zum Problem werden könnten. Trump geht in seinem Ärger über das Wahlergebnis auch die eigenen Parteifreunde in Georgia offen an. Zu spüren bekam das in den vergangenen Tagen vor allem der republikanische Gouverneur Brian Kemp. Trump sagte am Sonntag in einem Interview, er schäme sich mittlerweile dafür, Kemp bei den Gouverneurswahlen unterstützt zu haben. Auf Twitter ging er so weit, Kemp aufzufordern, die Stichwahlen abzublasen. Sie seien überflüssig, wenn man die Wahl vom 3. November nur richtig prüfen würde, so Trumps Logik.

Kemp konterte Trumps Attacken nicht. «Ich bin genauso frustriert wie er, viele Leute sind es», sagte er stattdessen am Donnerstag. Kemp zog einen Vergleich zu seiner Erfahrung in der Football-Mannschaft in Highschool-Zeiten: Während man im Trainingslager gegen seine eigenen Freunde spielen musste und sich ständig die Köpfe eingeschlagen habe, sei man zum Start der Saison und bei den großen Spielen wieder zusammengerückt.

Das müsse nun auch in der Republikanischen Partei passieren, sagte Kemp. «Ich denke, dass wir alle an einem Strang ziehen und herausfinden müssen, was wir tun müssen, um den Leuten zu versichern, dass ihre Stimmen wichtig sind.» Alles andere spiele den Demokraten in die Hände. «Es wird den Radikalen alles geben, was sie wollen.» Ein Trump-Berater machte gegenüber dem Nachrichtensender CNN deutlich, dass es in Valdosta darauf ankomme, dass sich Trump an den vorbereiteten Redetext halte - was er in der Vergangenheit gerade bei Wahlkampfauftritten oft nicht tat. «Wenn er die wenigen Dinge sagt, die wir von ihm brauchen, wird das hilfreich sein.»

Trumps Verhalten bringt die republikanischen Kandidaten in ein Dilemma. Widersprechen sie seinen hartnäckigen Wahlbetrugsvorwürfen, laufen sie Gefahr, Trumps Basis zu vergraulen. Trump ist noch immer in weiten Teilen der Bevölkerung beliebt. Landesweit bekam er immerhin 74,2 Millionen oder fast 47 Prozent aller Stimmen. In Georgia votierten rund 2,46 Millionen von knapp fünf Millionen Wählern für ihn.

Republikaner treibt in Georgia noch eine andere Sorge um. Sie befürchten, dass Trump mit den anhaltenden Betrugsbehauptungen seine Anhänger weiter aufstachelt. Der republikanische Staatssekretär Brad Raffensperger, der in Georgia federführend für die Wahl verantwortlich ist, berichtet von Gewalt- und gar Morddrohungen.

Einer seiner Mitarbeiter, Gabriel Sterling, richtete angesichts dieser Auswüchse einen unmissverständlichen Appell an Trump. «Zeigen Sie Größe, hören Sie auf. Schreiten Sie ein, sagen Sie Ihren Unterstützern: Seid nicht gewalttätig. Hört auf zu drohen. All das ist falsch, es ist nicht amerikanisch.» Er warnte, dass es im Streit um das Wahlergebnis Verletzte und gar Tote geben könnte.

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Rudolf Lippert 09.12.20 13:52
Knobelsdorf 07.12.20
Nur kurz: was ist denn jetzt die Aussage ihres Beitrags? Worum geht es eigentlich? Ich fühle mich bei dem Text wie in einem Gebäude mit verschachtelten Fluren. Alle Wege führen irgendwo hin, nur wohin gehts eigentlich?
Hans-Dieter Volkmann 08.12.20 16:22
E. v. Knobelsdorf 07.12.20 17:30
Sehr geehrter Herr Knobelsdorf.
Seit einiger Zeit lese ich Ihre Kommentare und bin ziemlich beeindruckt bezüglich Ihrer Ausdrucksweise. Dabei stellt sich mir unverzüglich die Frage: Wie verhält sich dieser Mensch im Umgang mit anderen Menschen? Was denken die Nachbarn? Ich kann mir nicht vorstellen mit einem Menschen wie Sie meine Freizeit zu verbringen. Vielleicht einmal und dann nicht wieder. Aber vielleicht wollen Sie das ja auch nicht mit mir. Nichts für Ungut, solche Überlegungen kommen mir gezwungenermaßen, denn ein solcher Mensch ist mir in meinem ganzen Leben noch nicht begegnet.
Mike Dingo 07.12.20 20:37
@von Knobelsdorf
Flugsicherung ? Im Keller in Frankurt ? Oder vertue ich mich da etwa.
Mark Stehrenberger 07.12.20 17:32
...but wait, there's more!
The best is yet to come! Noch haben wir nicht das Letzte von Trump gehört. Er hat noch einige Optionen auf Lager, glauben Sie's mir, und er scheut sich nicht, sie zu gebrauchen. Und er hat fast die Hälfte der Amerikaner hinter sich. Liest man, wie der Verkauf von Schusswaffen in den Himmel steigt, sollte man sich nicht wundern, wenn es zu üblen Ausschreitungen, ja sogar Bürgerkrieg, kommen könnte. Die Laune ist momentan extrem hässlich, nicht nur Trump,'s wegen, aber auch wegen des erneuten Covid-19 Lockdowns. Denken wir possitiv!
Norbert K. Leupi 06.12.20 18:52
Knast / Herr Herbert
Ich sehe ihn (Trump) lieber in einem chinesischen Umerziehungslager als im Knast !
Klaus Olbrich 06.12.20 16:52
Fuer so einen Typ wie Trump hilft nur eines...
Parteiausschluss.!!!
Werner Schilling 06.12.20 14:52
Die USA Wahl
ist vorbei. Die Mehrheit im Senat aber noch offen. Hoffentlich verlieren, wegen Trump's Verhalten (geht bereits gegen seine eigene rep. Basis vor), auch noch ihre letzte Bastion. Wuerde die Amerikanische Aussen-Politik wieder berechenbarer machen.
Ingo Kerp 06.12.20 13:15
Nach 4 Jahren Unterwürfigkeit vor dem stabilen Genie, bekommen in der Partei jetzt etliche doch kalte Füße. Was passiert mit ihnen, wenn Biden ab Jan. Präsident ist? Die Partei der Republikaner hat sich in hündischer Ergebenheit dem Trump mit all seinen Lügen und Beschimpfungen unterworfen. Einige erkennen jetzt, nach dem Irrsinn der Behauptung der Wahlfälschung, das es doch langsam Zeit wird, Trump Gegenwind zukommen zu lassen.
Markus Boos 06.12.20 12:37
Unglaublich
Dieser Hirnverletzte Typ richtet nach seiner Abwahl noch mehr Schaden an, als während seiner Amtszeit.
Jetzt will er auch noch sich und seine Mitstreiter vorsorglich begnadigen lassen. Das stinkt heftig nach einem Schuldeingeständnis. Und da gibt es immer noch so weltfremde Anhänger dieses Amerikavandalen. Sie tun mir echt leid Herr Haase. Wachen Sie auf.
Mike Dingo 06.12.20 12:22
Der ist wie Herpes. Wird man nicht wieder los.
Dieter Kowalski 06.12.20 11:05
@ Herr Haase
Sie sind also auch einer der Mitfahrer in Trumps Fake-Express.
Fakten: In jüngerer Vergangenheit haben zweimal die Stimmenschwächeren den Präsidenten gestellt (George W. Bush anstelle von Al Gore, sowie Donald Trump anstelle von Hillary Clinton).
Diesesmal hat Trump 74.188.990 Stimmen erhalten, dagegen Joe Biden 81.237.902.
Das ist eine Differenz von mehr als 7 Millionen Stimmen! Glauben Sie ernsthaft, dass ein paar rollende Koffer daran etwas ändern würden? Abgesehen davon sind die Republikaner Weltmeister im Betrügen.
Erinnern Sie sich an die nicht offiziellen Wahlurnen der Republikaner in Kalifornien ?
Falls nicht, hier der Link: https://www.spiegel.de/politik/ausland/us-praesidentschaftswahl-republikaner-stellen-falsche-wahlurnen-vor-waffenlaeden-auf-a-f211e7cc-18e3-4c99-82f3-56f004ea279c