Gaza-Konflikt: Aktuelles Geschehen am Dienstag

Nach einem israelischen Luftangriff in der Stadt Deir Al Balah im Gazastreifen steigt Rauch auf. Foto: EPA-EFE/Mohammed Saber
Nach einem israelischen Luftangriff in der Stadt Deir Al Balah im Gazastreifen steigt Rauch auf. Foto: EPA-EFE/Mohammed Saber

Irland will einen Staat Palästina formell anerkennen

DUBLIN: Irland hat sich im Nahostkonflikt für eine Zweistaatenlösung ausgesprochen und will Palästina in Kürze formell als Staat anerkennen. Das sagte der stellvertretende irische Premier und Außenminister Micheál Martin am Dienstagabend Medienberichten zufolge in Dublin. Die Anerkennung hinauszuzögern, sei «nicht länger glaubwürdig oder haltbar». Er habe mit anderen Ländern, die an Friedensinitiativen im Gaza-Krieg beteiligt seien, Gespräche über die Anerkennung geführt und habe die Absicht, der Regierung einen formellen Vorschlag zur Anerkennung zu unterbreiten, sobald die internationalen Diskussionen darüber abgeschlossen seien. «Aber haben Sie keine Zweifel, die Anerkennung eines palästinensischen Staates wird geschehen.» Die Regierung des EU-Mitglieds gehört seit Kriegsbeginn zu den Kritikern des israelischen Vorgehens im Gazastreifen.

Mit einer Zweistaatenlösung ist ein unabhängiger palästinensischer Staat gemeint, der friedlich Seite an Seite mit Israel existiert. Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu lehnt eine Zweistaatenlösung ebenso ab wie die islamistische Hamas.

Martin sagte weiter, in den vergangenen sechs Monaten habe er mit Ministerkollegen in anderen Ländern Gespräche darüber geführt, wie eine gemeinsame formelle Anerkennung der palästinensischen Staatlichkeit ein Beschleuniger sein könnte, um den Menschen in Gaza und im Westjordanland zu helfen und eine Friedensinitiative unter arabischer Führung zu fördern. Laut «The Irish Times» vom Dienstag wollen Irland und einige andere EU-Staaten eine formelle Anerkennung Palästinas ankündigen, sobald eine Friedensinitiative auf den Weg gebracht ist. Martin hat kürzlich Gespräche mit den Außenministern von Jordanien, Ägypten und Saudi-Arabien sowie mit Vertretern von EU-Ländern geführt, darunter Slowenien, Malta und Belgien.

Auslöser des aktuellen Gaza-Kriegs war das schlimmste Massaker in der Geschichte Israels, das Terroristen der Hamas sowie anderer extremistischer Gruppen am 7. Oktober in Israel nahe der Grenze verübt hatten. Dabei wurden mehr als 1200 Menschen getötet. Bei israelischen Gegenangriffen im Gazastreifen wurden nach Angaben der von der Hamas kontrollierten palästinensischen Gesundheitsbehörde in Gaza bisher 33.360 Palästinenser bei den israelischen Angriffen getötet, wobei die unabhängig kaum zu überprüfenden Angaben keinen Unterschied zwischen Kämpfern und Zivilisten machen


Israels Militär: Hisbollah-Stellungen in Syrien angegriffen

TEL AVIV/DAMASKUS: Das israelische Militär hat nach eigenen Angaben erneut Stellungen der proiranischen Hisbollah-Miliz in Syrien angegriffen. Wie die Armee am Dienstagabend bekannt gab, wurde militärische Infrastruktur der Miliz attackiert, die diese nach präzisen geheimdienstlichen Erkenntnissen «an der syrischen Front» genutzt habe. Man mache «das syrische Regime für alle Aktivitäten verantwortlich, die auf seinem Territorium stattfinden», hieß es. Die Angaben konnten unabhängig zunächst nicht überprüft werden. Israels Luftwaffe bombardiert immer wieder Ziele im benachbarten Syrien und will damit verhindern, dass der Iran und mit ihm verbündete Milizen wie die libanesische Hisbollah ihren militärischen Einfluss in dem Land ausweiten. Seit Beginn des Gaza-Kriegs zwischen Israel und der Hamas vor gut sechs Monaten haben die Angriffe zugenommen.

Nach dem mutmaßlich israelischen Luftangriff vor wenigen Tagen auf ein Gebäude der iranischen Botschaft in Syrien hatte die Hisbollah-Miliz erklärt, dass der Angriff nicht ohne Folgen bleiben werde. Auch der Iran hat mit Vergeltung gedroht. Der Iran ist der größte Unterstützer der Hisbollah. Die Schiitenmiliz kämpft politisch, aber auch mit Gewalt gegen Israel. Sie zählt zu Irans «Achse des Widerstands». Mit ihrer eigenen Miliz kontrolliert sie vor allem den Süden des Libanons an der Grenze zu Israel. Auch in Syrien ist die Hisbollah-Miliz aktiv. Dort kämpft sie an der Seite der Regierungstruppen von Machthaber Baschar al-Assad. Der Iran und Russland sind Assads wichtigste Verbündete im syrischen Bürgerkrieg.


Laut Israels Verteidigungsminister kein Rafah-Termin

TEL AVIV/WASHINGTON: Israels Verteidigungsminister Joav Galant hat Medienberichten zufolge seinem US-Kollegen Llyod Austin mitgeteilt, dass es noch keinen Termin für eine Bodenoffensive gegen die Stadt Rafah im Gazastreifen gibt. Galant habe damit der Darstellung seines Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu widersprochen, berichteten am Dienstagabend übereinstimmend die israelischen Zeitungen «Haaretz», «Times of Israel» sowie das Nachrichtenportal «Axios» unter Berufung auf informierte Quellen. Netanjahu hatte am Montag noch öffentlich erklärt, der Termin für die geplante Offensive in der derzeit mit Hunderttausenden Flüchtlingen überfüllten Stadt Rafah an der Grenze zu Ägypten stehe fest. Galant sagte dagegen den Berichten zufolge in einem Telefonat mit Austin, Israel sei derzeit noch dabei, Pläne für die Evakuierung der dortigen Zivilbevölkerung fertigzustellen.

Die US-Regierung will Israel von einem großen Militäreinsatz in Rafah abhalten. US-Außenminister Antony Blinken erwartet von Israel vorerst Stillhalten in der Frage. Für die kommende Woche sei ein Treffen mit einer israelischen Delegation geplant, um über die Bedenken der US-Seite gegen einen solchen Einsatz zu sprechen, sagte Blinken am Dienstag in Washington. «Ich gehe nicht davon aus, dass vor diesen Gesprächen irgendwelche Maßnahmen ergriffen werden», betonte er. Man sei nach wie der Überzeugung, dass ein größerer Einsatz in Rafah extrem gefährlich für die Zivilisten wäre.» Die israelische Seite habe der US-Regierung auch keinen Termin für eine Rafah-Offensive genannt, sagte Blinken.

Netanjahu wird von rechtsextremen Partnern seiner Koalition unter Druck gesetzt, in die Stadt Rafah einzumarschieren. Nach dem Rückzug israelischer Truppen aus Chan Junis im Süden Gazas schrieb Polizeiminister Itamar Ben-Gvir am Montag auf der Plattform X, vormals Twitter: «Wenn der Ministerpräsident entscheiden sollte, den Krieg zu beenden, ohne einen breiten Angriff auf Rafah, um die Hamas entscheidend zu schlagen, wird er kein Mandat haben, weiter als Regierungschef zu amtieren.» Netanjahu sagte daraufhin am Abend, der Termin für eine Offensive stehe fest. Am Dienstag legte er nach und sagte nach Angaben seines Büros, dass die israelische Armee alle Bataillone der Hamas zerstören werde. Dies gelte auch für die Stadt Rafah. «Keine Macht der Welt wird uns stoppen.» Es gebe «viele Kräfte, die versuchen, dies zu tun, aber es wird nichts helfen», sagte Netanjahu demnach.


Israel kauft 40.000 Zelte für geplante Räumung von Rafah

TEL AVIV/GAZA: Als Vorbereitung der angekündigten Offensive in der Stadt Rafah im Gazastreifen kauft Israel laut einem Medienbericht rund 40.000 Zelte für die Unterbringung evakuierter Zivilisten. Die «Jerusalem Post» berichtete am Dienstag, der Kauf diene dazu, den Weg für einen Militäreinsatz in der Stadt an der Grenze zu Ägypten «in der nahen Zukunft» zu ebnen.

Es gab keine offizielle Mitteilung über den Erwerb der Zelte. Ein israelischer Repräsentant bestätigte lediglich die Vorbereitung von Tausenden von «Unterkünften» für die Zivilisten in Rafah. Nach UN-Schätzungen drängen sich dort mehr als eine Million Flüchtlinge aus anderen Teilen des umkämpften Gazastreifens.

Israels Armee hatte angekündigt, für die Menschen aus Rafah weiter nördlich «humanitäre Inseln» zu schaffen. Außerdem haben nach Medienberichten nach dem Abzug israelischer Truppen aus der Stadt Chan Junis Einwohner begonnen, aus Rafah nach Chan Junis zurückzukehren.

Die USA und Deutschland haben Israel wiederholt vor einer großangelegten Bodenoffensive in Rafah gewarnt. US-Präsident Joe Biden hatte Netanjahu klargemacht, dass ein Einmarsch dort ohne vorherige Evakuierung der Zivilisten eine «rote Linie» für ihn wäre. Aus Israels Sicht ist ein Sieg über die islamistische Hamas ohne einen Einsatz in der Stadt an der Grenze zu Ägypten nicht möglich.


Blinken: Erwarten keine Rafah-Offensive vor Treffen mit Israel

WASHINGTON: Die US-Regierung will Israel von einem großen Militäreinsatz in Rafah im Gazastreifen abhalten. Doch Israels Ministerpräsident hält stetig dagegen. Wartet Netanjahu ein Treffen in den USA noch ab?

US-Außenminister Antony Blinken erwartet von Israel vorerst Stillhalten mit Blick auf eine mögliche und umstrittene Bodenoffensive in der Stadt Rafah im Gazastreifen. Für die kommende Woche sei ein Treffen mit einer israelischen Delegation geplant, um über die Bedenken der US-Seite gegen einen solchen Einsatz zu sprechen, sagte Blinken am Dienstag bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem britischen Außenminister David Cameron in Washington. «Ich gehe nicht davon aus, dass vor diesen Gesprächen irgendwelche Maßnahmen ergriffen werden», betonte er. «Wir sind nach wie vor der Überzeugung, dass größere Militäroperationen in Rafah extrem gefährlich für die Zivilbevölkerung wären.» Die israelische Seite habe der US-Regierung auch keinen Termin für einen Militäreinsatz in Rafah genannt, sagte Blinken auf Nachfrage.

Die USA als wichtigster Verbündeter haben Israel wiederholt vor einer großangelegten Offensive gegen die islamistische Hamas in Rafah gewarnt, weil dort Hunderttausende palästinensische Zivilisten Schutz vor den Kämpfen gesucht haben. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sagte jedoch am Montagabend, ein Termin für den Militäreinsatz stehe bereits fest. Am Dienstag legte Netanjahu nach und sagte nach Angaben seines Büros vor Rekruten in einer Militärbasis bei Tel Aviv, dass die israelische Armee alle Bataillone der Hamas zerstören werde. Dies gelte auch für die Stadt Rafah an der Grenze zu Ägypten. «Keine Macht der Welt wird uns stoppen.» Es gebe «viele Kräfte, die versuchen, dies zu tun, aber es wird nichts helfen», sagte Netanjahu demnach.

Die US-Regierung hält eine großangelegte Bodenoffensive in Rafah für falsch und möchte Israel bei einem Treffen Alternativen aufzeigen. Eigentlich hätte eine israelische Delegation dazu bereits im März nach Washington reisen sollen. Doch Israels Netanjahu hatte den Trip wegen Verstimmungen zwischen Israel und den USA kurzfristig abgesagt. Nach einer Video-Konferenz vor einigen Tagen hatten beide Seiten zunächst für diese Woche ein solches Treffen in Aussicht gestellt. Das soll nun aber erst in der kommenden Woche stattfinden.


Claims Conference: Deutschland hilft Holocaust-Überlebenden in Israel

NEW YORK/JERUSALEM: Deutschland stellt nach Angaben der Jewish Claims Conference insgesamt 25 Millionen Euro bereit, um in Israel lebenden Überlebenden des Holocausts während des Gaza-Krieges zu helfen. Die etwa 113.000 Menschen erhalten je 220 Euro aus dem Solidaritätsfonds, wie die Organisation am Dienstag auf Anfrage mitteilte.

Die 1951 gegründete Conference on Jewish Material Claims against Germany mit Sitz in New York ist der Dachverband jüdischer Organisationen, die sich um die materielle Entschädigung von Holocaust-Überlebenden kümmert. Die Zahlungen hätten bereits im März begonnen und es werde noch einige Monate dauern, den Betrag in Zusammenarbeit mit der israelischen Behörde für die Rechte von Holocaust-Überlebenden allen Berechtigten zukommen zu lassen, hieß es.

Claims-Präsident Gideon Taylor würdigte die Zahlungen Deutschlands. «Diese zusätzliche symbolische Anerkennungszahlung Deutschlands an Holocaust-Überlebende in Israel ist eine Botschaft der Solidarität», betonte Taylor. Bei Ausbruch des Krieges am 7. Oktober habe die deutsche Regierung Kontakt mit der Behörde für die Rechte der Überlebenden des Holocausts aufgenommen, um zu sehen, wie sie den Überlebenden in Israel mit ihren besonderen Bedürfnissen helfen könne, sagte Uri Maklew vom Büro des israelischen Regierungschefs.

Auslöser des Gaza-Kriegs war das beispiellose Massaker mit mehr als 1200 Toten, das Terroristen der Hamas und anderer Gruppen am 7. Oktober vergangenen Jahres in Israel verübt hatten. Aus den Orten im Grenzbereich zum Gazastreifen und aus dem Norden Israels, der von der Schiitenmiliz Hisbollah beschossen wird, wurden Zehntausende Israelis, darunter auch Holocaust-Überlebende, evakuiert.


Merz sichert Israel Unterstützung zu - und fordert Hilfe für Gaza

BERLIN: Unionsfraktionschef Friedrich Merz hat Israel weitere Unterstützung im Kampf gegen die islamistische Hamas zugesagt, zugleich aber auch mehr Hilfe für die notleidende Bevölkerung im Gazastreifen gefordert. Auf die Frage, ob er angesichts mehrerer entsprechender Klagen dafür sei, deutsche Waffenlieferungen an Israel auszusetzen, sagte Merz am Dienstag in Berlin: «Wir sollten uns nicht von Klagen von dem Weg abbringen lassen, Israel zu unterstützen.» Die Entscheidung über Waffenlieferungen sei keine parlamentarische Entscheidung, «sondern zunächst einmal eine Entscheidung der Bundesregierung, die sie treffen muss».

Bei einem Gespräch mit Israels Parlamentspräsident Amir Ochana in Berlin habe er zuvor deutlich gemacht, «dass wir auch trotz aller schwierigen Umstände fest hinter Israel stehen und an der Seite Israels stehen», sagte Merz. Er habe «allerdings auch darauf hingewiesen, dass die humanitäre Lage im Gazastreifen auch eine entsprechende Unterstützung durch die israelische Regierung erfordert». Die politische Unterstützung Israels schließe ein kritisches Wort dazu ein, was im Gazastreifen geschehe. Die humanitäre Lage dort sei katastrophal. «Israel steht auch in der Verantwortung, dafür zu sorgen, dass die Menschen mit einem Minimum an Nahrung und an Wasser ausgestattet werden, auch an entsprechender gesundheitlicher Fürsorge», fügte er hinzu.

Vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag hat Nicaragua Deutschland wegen Beihilfe zum Völkermord im Gazastreifen verklagt und ein Ende der Waffenlieferungen an Israel verlangt. Die Leiterin der deutschen Delegation, Tania von Uslar-Gleichen, hatte die Vorwürfe am Dienstag zurückgewiesen und unter anderem erklärt, Deutschland liefere zum weitaus größten Teil allgemeine Rüstungsgüter und nicht Waffen, die direkt bei Kampfhandlungen eingesetzt werden können.


Weiterer Hamas-Kommandeur im Gazastreifen getötet

TEL AVIV/GAZA: Israel hat nach eigenen Angaben bei einem Luftangriff einen weiteren Kommandeur der islamistischen Hamas im Gazastreifen getötet. Hatem Alramery habe zum militärischen Flügel der Hamas gehört und sei in dem Flüchtlingslager Magasi im Zentrum des Küstenstreifens für den Beschuss Israels zuständig gewesen, teilte die Armee am Dienstag mit.

Die Hamas betonte hingegen, bei einem Luftangriff auf ein Gebäude in Magasi seien fünf Menschen getötet worden, darunter der Bürgermeister der Stadt, Hatem al-Ghamri. Eine militärische Führungsrolle des Mannes wurde von der Terrororganisation nicht bestätigt. Die israelische Armee veröffentlichte ein Foto des Getöteten, das Al-Ghamri zeigt, und betonte, die leicht unterschiedliche Schreibweise seines Namens sei Folge der Übersetzung aus dem Arabischen. Die Angaben ließen sich zunächst nicht unabhängig überprüfen.

Im Flüchtlingslager Chan Junis im Süden des Gazastreifens tötete die israelische Armee zudem nach eigenen Angaben am Montag einen ungenannten Terroristen, der an dem Massaker in Israel am 7. Oktober teilgenommen habe. Bei dem Terrorangriff der Hamas auf das israelische Grenzgebiet, der den Krieg auslöste, waren mehr als 1200 Menschen getötet und über 250 Menschen in den Gazastreifen verschleppt worden. Bis heute werden dort nach israelischen Informationen noch 133 Menschen festgehalten, davon sollen noch knapp 100 am Leben sein.

Über ihre Freilassung und einen Waffenstillstand gingen unterdessen Verhandlungen in der ägyptischen Hauptstadt Kairo weiter, bei denen die USA, Katar und Ägypten vermitteln, weil die Hamas und Israels Führung aus Prinzip keine direkten Gespräche führen.


Deutschland vor Gericht: Völkermord-Vorwürfe Nicaraguas haltlos

DEN HAAG: Deutschland hat die Klage Nicaraguas wegen Beihilfe zum Völkermord im Gazastreifen als haltlos zurückgewiesen. «Diese Vorwürfe entbehren jeder rechtlichen und tatsächlichen Grundlage», sagte die Leiterin der deutschen Delegation, Tania von Uslar-Gleichen, am Dienstag vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag. Deutschland verletze weder die Völkermord-Konvention noch humanitäres Völkerrecht. «Deutschlands Handeln in diesem Konflikt wurzelt fest im internationalen Recht», sagte die Beauftragte für Völkerrecht im Auswärtigen Amt.

Nicaragua beschuldigt Deutschland vor dem höchsten UN-Gericht der Beihilfe zu einem Völkermord im Gazastreifen durch die Lieferung von Waffen an Israel. Deutschland demgegenüber wirft Nicaragua vor, falsche Angaben gemacht zu haben. Deutschland liefere zum weitaus größten Teil allgemeine Rüstungsgüter und nicht Waffen, die direkt bei Kampfhandlungen eingesetzt werden können. Seit Oktober 2023 seien nur vier Lizenzen für Waffen erteilt worden, dabei ging es um Munition für Trainingszwecke und ein U-Boot. Alle Rüstungsexporte nach Israel würden von deutschen Behörden außerdem eingehend geprüft.

Es ist der letzte Tag der Anhörung. Danach werden die 16 höchsten Richter der UN über einen Eilantrag Nicaraguas beraten. Nicaragua fordert unter anderem den sofortigen Stopp der Rüstungslieferungen an Israel sowie die Wiederaufnahme der Beiträge für das UN-Palästinenserhilfswerk UNRWA im Gazastreifen. Mit einer Entscheidung des Gerichts wird in etwa zwei Wochen gerechnet.

Deutschland habe nach den Massakern der islamistischen Hamas und anderer extremistischer Organisationen am 7. Oktober Israels Recht auf Selbstverteidigung bekräftigt, argumentierte von Uslar-Gleichen vor dem Gericht. Zugleich setze sich Deutschland aber auch für die Rechte und den Schutz der Zivilbevölkerung im Gazastreifen ein.


Türkei erlässt Handelsbeschränkungen gegen Israel

ISTANBUL: Die türkische Regierung hat Beschränkungen für den Handel mit Israel beschlossen und diese mit dem Vorgehen des Landes im Gazastreifen begründet. Künftig gelten zunächst Exportbeschränkungen auf mehrere Güter, darunter etwa Stahl-, Aluminium- und Eisenprodukte sowie weitere Baustoffe, wie aus einer Mitteilung des türkischen Handelsministeriums von Dienstag hervorging.

Das Ministerium beschuldigte Israel in der Mitteilung, für ein «Massaker an den Palästinensern» verantwortlich zu sein. Die Beschränkungen würden gelten, bis Israel eine Waffenruhe verkünde und ungehindert Hilfe in den Gazastreifen komme.

Alle Einwohner Gazas sind nach UN-Angaben von hoher, akuter Ernährungsunsicherheit, die Hälfte von ihnen sogar von katastrophaler Ernährungsunsicherheit betroffen. Israel wurde immer wieder vorgeworfen, die Hilfslieferungen zu behindern. Nach einer deutlichen Warnung des Verbündeten USA hatte Israel kürzlich Schritte beschlossen, um mehr humanitäre Hilfe im Gazastreifen zu ermöglichen.

Die beschlossenen Ausfuhrbeschränkungen sind nun auch vor dem Hintergrund des zunehmenden Drucks auf die türkische Regierung im eigenen Land zu verstehen. Präsident Recep Tayyip Erdogan wurde aus weiten Teilen der Opposition Doppelmoral vorgeworfen, weil er Israel einerseits scharf angehe, aber die Handelsbeziehungen mit dem Land uneingeschränkt aufrechterhalte. Die Türkei hat laut türkischem Statistikamt 2023 Waren im Wert von 5,4 Milliarden Dollar nach Israel exportiert. Israel stand letztes Jahr an zwölfter Stelle der wichtigsten Handelspartner im Außenhandel der Türkei.


Deutscher Außenpolitiker: Klage Nicaraguas «populistisches Spiel»

BERLIN/DEN HAAG: Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im deutschen Parlament, Michael Roth, hat den von Nicaragua erhobenen Vorwurf der deutschen Beihilfe zu einem Völkermord im Gazastreifen scharf zurückgewiesen. «Das ist ein sehr, sehr populistisches Spiel, leider auf dem Rücken von unschuldigen Menschen», sagte der SPD-Politiker am Dienstag im RTL/ntv Frühstart.

«Es ist schon frustrierend, dass ein autoritäres Regime wie Nicaragua eine Demokratie wie Deutschland anklagt, weil wir einem angegriffenen Staat zur Hilfe eilen.»

Nicaragua beschuldigt Deutschland vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag der Beihilfe zum Völkermord im Gaza-Krieg. Mit Waffenlieferungen an Israel ermögliche Deutschland einen Genozid und verstoße gegen internationales Recht, erklärten die Rechtsvertreter Nicaraguas am Montag vor dem Gericht. Deutschland will an diesem Dienstag seine Position darlegen. Eine Entscheidung wird in etwa zwei Wochen erwartet.

«Ich will immer noch mal daran erinnern, nicht von Israel geht Aggression aus, sondern von Hamas-Terroristen», betonte Roth. «Und Israel wehrt sich dieses Terrorismus. Und es ist nicht das Ziel Israels, Palästinenserinnen und Palästinenser zu töten, weil sie Palästinenser sind, sondern es geht um die Zerstörung der Infrastruktur des Terrors. Und dieser Terror ist nach wie vor eine akute Gefahr für das Existenzrecht Israels.»

Überzeugen Sie sich von unserem Online-Abo:
Die Druckausgabe als voll farbiges PDF-Magazin weltweit herunterladen, alle Artikel vollständig lesen, im Archiv stöbern und tagesaktuelle Nachrichten per E-Mail erhalten.
Pflichtfelder

Es sind keine Kommentare zum Artikel vorhanden, bitte schreiben Sie doch den ersten Kommentar.