Facebook löscht Netzwerk von «Querdenken»-Bewegung

Foto: epa/Sascha Steinbach
Foto: epa/Sascha Steinbach

BERLIN: Facebook hat ein neues Verfahren entwickelt, um weltweit «schädliche Netzwerke» von seiner Plattform zu verbannen. Den ersten Fall hat der Konzern in Deutschland identifiziert: die «Querdenken»-Bewegung. Die umstrittene Gruppe will sich gegen die Löschung zur Wehr setzen.

Der Internet-Konzern Facebook hat am Donnerstagabend zahlreiche Konten, Gruppen und Seiten entfernt, die in Deutschland der umstrittenen «Querdenken»-Bewegung zugeordnet werden.

Es sei weltweit die erste gezielte Aktion, die sich gegen eine Gruppierung richte, die eine «koordinierte Schädigung der Gesellschaft» (Coordinated Social Harm) hervorrufe, sagte Facebook-Sicherheitsmanager Nathaniel Gleicher der Deutschen Presse-Agentur. Betroffen seien auch die Accounts von Querdenken-Gründer Michael Ballweg.

Die Aktion richtet sich gegen «Querdenker» auf Facebook selbst und Instagram. Es soll sich um «knapp 150 Konten, Seiten und Gruppen» handeln, teilte das Unternehmen mit. Wer nun das «Querdenken»-Angebot auf Instagram aufruft, bekommt nur noch eine Fehlermeldung angezeigt: «Diese Seite ist leider nicht verfügbar.» Nicht betroffen ist der Chatdienst WhatsApp, der ebenfalls zum Facebook-Konzern gehört. Facebook-Manager Gleicher warf den Querdenkern vor, in koordinierter Weise wiederholt gegen die Gemeinschaftsstandards von Facebook verstoßen haben. «Hierzu zählen die Veröffentlichung von gesundheitsbezogenen Falschinformationen, Hassrede und Anstiftung zur Gewalt.»

Die Anhänger der «Querdenken»-Initiative gehen in Deutschland seit Monaten gegen die staatlichen Corona-Maßnahmen auf die Straße. Bei den Demonstrationen in Berlin und anderen Städten kam es auch zu Angriffen auf Polizisten und Medienvertreter. Die Bewegung wird inzwischen von verschiedenen Landesverfassungsschutzämtern beobachtet. Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat die Szene als «Sammelbeobachtungsobjekt» im Visier, ähnlich wie beim Salafismus. Bei der Überwachung können auch geheimdienstliche Mittel eingesetzt werden, sowie Bankkonten und Finanzströme zwischen den Akteuren durchleuchtet werden.

Facebook hat zudem eine Liste von Webseiten der Querdenker identifiziert, die auf Facebook nicht länger verlinkt werden können.»

Ballweg kündigte an, gegen die Löschung rechtlich vorzugehen. Insbesondere die Facebook-Seite von «Querdenken711» mit über 30.000 Abonnenten habe nur Inhalte zu den Themen Grundrechte und Meinungsfreiheit zum Thema gehabt. Man habe sich bereits in den vergangenen Monaten mehrfach gegen ungerechtfertigte Löschungen rechtlich zur Wehr setzen können, sagte er der dpa.

Facebook betonte, das «schädliche Netzwerk» sei von Personen betrieben worden, die mit Gewalt außerhalb der Plattform und anderen «sozialen Schäden» in Verbindung gebracht würden. An diesen koordinierten Kampagnen seien in der Regel authentische Nutzer beteiligt.

Die Personen in dem Netzwerk nutzten aber auch doppelte Konten, um verletzende Inhalte zu posten und zu verbreiten. «Querdenken» konzentriere sich in erster Linie darauf, die Verschwörungserzählung zu fördern, dass die Covid-19-Beschränkungen der deutschen Regierung Teil eines größeren Plans sind, um die Bürger ihrer Freiheiten und Grundrechte zu berauben. «Wie aus den öffentlichen Medien bekannt ist, hat diese Gruppe in Deutschland reale Gewalt gegen Menschen ausgeübt, die im Journalismus, bei der Polizei oder im Gesundheitswesen arbeiten», heißt es in dem Blogeintrag des Facebook-Managers.

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