Erste russische Züge auf Krim

Ukraine leitet Strafverfahren ein

MOSKAU (dpa) - Mit einem umstrittenen Zugverkehr bindet Russland die Halbinsel Krim fester an sich. Wenige Tage nach dem Start mit Kremlchef Putin in einer Lokführerkabine kamen jetzt die ersten Züge vom russischen Kernland an. Die Reaktionen sind gemischt.

Nach Ankunft des ersten russischen Personenzuges auf der Schwarzmeer-Halbinsel Krim haben Ermittler in der Ukraine ein Strafverfahren wegen Grenzverletzung eingeleitet. Der Personenzug aus St. Petersburg habe auf der Krim-Brücke illegal die Staatsgrenze der Ukraine überquert, teilte die zuständige Behörde der Generalstaatsanwaltschaft in Kiew mit. Die Krim gehört völkerrechtlich zur Ukraine, der Nachbar Russland sieht sie als sein Staatsgebiet an. Am Donnerstag kam auch ein Zug aus Moskau an.

Kremlchef Wladimir Putin hatte die Bahnverbindung am Montag mit einer weltweit beachteten Bahnfahrt in einer Lokführerkabine eröffnet. An dem Tag fuhr auch der Zug aus St. Petersburg los, der am Mittwoch sein Ziel erreichte. Der Moskauer Doppeldecker-Zug war am Dienstag gestartet. Damit bindet Russland die Krim nun noch fester an sich.

Die EU hatte die Freigabe der von Russland gebauten Krim-Brücke für den Bahnverkehr als weiteren Völkerrechtsverstoß verurteilt. Seit vergangenem Jahr ist die mit 19 Kilometern längste Brücke Europas und Russlands bereits für den Autoverkehr freigegeben. Russland hatte sich die Krim nach einem international nicht anerkannten Referendum einverleibt. Die USA und die EU sprechen von einer Annexion.

Von einer «hysterischen Reaktion» des Westens und der Ukraine sprach der Krim-Republikchef Sergej Aksjonow am Donnerstag. Ein Plus sei aber, dass die Ukraine mit dem Strafverfahren nun erstmals die Existenz der Krim-Brücke anerkenne. «Sie ist also keine Kulisse von «Mosfilm», sondern auf ihr fahren echte Züge», sagte er. Folgen des Verfahrens erwartet er demnach nicht.

Die Brücke verbessere das Leben der Menschen auf der Krim und lasse die Blockade der Ukraine sowie die Sanktionen des Westens ins Leere laufen. Das Ziel Kiews und Brüssels, den Menschen auf der Halbinsel maximal zu schaden, sei gescheitert, meinte Aksjonow. Er erwartet künftig noch mehr Touristen. Bisher kamen Reisenden vor allem auf dem neuen Flughafen nahe der Krim-Hauptstadt Simferopol an.

Die Ukraine hatte den Zugverkehr auf die Krim 2014 eingestellt. Sie besteht darauf, dass Einreisen nur über ukrainisches Staatsgebiet erfolgen dürfen. Diesen Weg auf der Straße benutzen aber fast ausschließlich Ukrainer. Russische Bürger und Ausländer nutzten bisher vor allem das Flugzeug. Dass nun erstmals wieder Züge von russischem Kernland auf die Halbinsel rollen, sieht die Ukraine als Verletzung ihrer Souveränität und territorialen Unversehrtheit.

Der Zug aus St. Petersburg mit 17 Wagen für insgesamt 600 Passagiere hatte die Strecke von 2471 Kilometern auf die Krim in 43,5 Stunden zurückgelegt. In der Hafenstadt Sewastopol empfing ein Orchester die Reisenden mit festlicher Musik. Von der russischen Hauptstadt Moskau aus gibt es nun auch täglich eine Verbindung in Simferopol. Die Fahrt ist rund 2000 Kilometer lang und dauert etwa 33 Stunden.

Früher fuhren die Züge durch die Ukraine. Die Kosten der Brücke in der Meerenge von Kertsch - zwischen Schwarzem und Asowschem Meer - werden mit 228 Milliarden Rubel (3,3 Milliarden Euro) angegeben. Güterzüge sollen dort erst vom Sommer 2020 an verkehren.

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