Verurteilte PiS-Politiker nach Begnadigung frei

Ex-Innenminister Mariusz Kaminski (L, im Auto) verlässt das Haftzentrum in Radom. Foto: epa/Iotr Polak Polen Out
Ex-Innenminister Mariusz Kaminski (L, im Auto) verlässt das Haftzentrum in Radom. Foto: epa/Iotr Polak Polen Out

WARSCHAU: Nach knapp zwei Wochen in Haft verlassen Polens Ex-Innenminister Kaminski und sein einstiger Mitarbeiter das Gefängnis. Präsident Duda hat sie begnadigt. Damit droht neuer Ärger für die Regierung von Donald Tusk.

Nach ihrer erneuten Begnadigung durch Präsident Andrzej Duda sind zwei wegen Amtsmissbrauchs verurteilte ehemalige Mitglieder der abgewählten nationalkonservativen PiS-Regierung aus der Haft entlassen worden. Ex-Innenminister Mariusz Kaminski habe am Dienstagabend das Gefängnis in Radom bei Warschau verlassen, meldete die Nachrichtenagentur PAP. Auch sein früherer Staatssekretär Maciej Wasik, der in Przytuly Stare im Nordosten des Landes eingesessen hatte, kam frei.

Wenige Stunden zuvor hatte der aus den Reihen der PiS stammende Präsident bekanntgeben, dass er die beiden Politiker ein zweites Mal begnadigt habe. Der Streit über das Schicksal von Kaminski und Wasik ist in den vergangenen Wochen zu einem zentralen Punkt der Auseinandersetzung zwischen der Mitte-Links-Regierung von Donald Tusk und der PiS mit ihrem Verbündeten Duda geworden.

Die PiS-Abgeordneten waren am 9. Januar verhaftet und ins Gefängnis gebracht worden, nachdem sie zunächst Schutz im Präsidentenpalast gesucht hatten. Die PiS bezeichnete die beiden seitdem als «politische Gefangene». Kaminski war gleich zu Haftbeginn in Hungerstreik getreten.

Der Fall der beiden PiS-Politiker hat eine lange Vorgeschichte. Im Jahr 2015, direkt nach der Machtübernahme der PiS, hatte Duda Kaminski und Wasik in einer umstrittenen Entscheidung begnadigt. Beide waren zuvor in erster Instanz wegen Amtsmissbrauchs zu drei Jahren Haft verurteilt worden. Grund der Verurteilung war eine im Jahr 2007 aufgedeckte Affäre, bei der die damals von Kaminski geleitete Antikorruptionsbehörde gezielt einen Korruptionsfall inszeniert haben soll, um den damaligen Landwirtschaftsminister Andrzej Lepper zu diskreditieren. Kaminski und Wasik gingen gegen das Urteil in Berufung.

Im vergangenen Juni hatte der Oberste Gerichtshof die Begnadigung Kaminskis und Wasiks durch den Präsidenten aufgehoben. Begnadigt werden könne nur, wer rechtskräftig verurteilt sei, hieß es in der Urteilsbegründung. Beide mussten sich erneut dem Verfahren stellen. Ende Dezember verurteilte sie das Warschauer Bezirksgericht zu zwei Jahren Haft. Das Gericht verfügte auch, dass beide PiS-Politiker für fünf Jahre kein öffentliches Amt bekleiden dürften und ihr Abgeordnetenmandat verlieren sollten.

Dieser letzte Punkt könnte nun nach der Freilassung von Kaminski und Wasik für erneuten politischen Zündstoff sorgen. Die PiS erkennt den gerichtlich verfügten Verlust der Abgeordnetenmandate nicht an. Parlamentspräsident Szymon Holownia, dessen Partei Dritter Weg ein Koalitionspartner von Tusk ist, hatte beide Abgeordnete jedoch bereits ausgeschlossen. «Herr Tusk, Herr Holownia, wir sehen uns bald wieder«, sagte Wasik nun nach seiner Freilassung.

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Ingo Kerp 24.01.24 14:10
Das hat schon eine neue politische Qualität, wenn sich der Präsident eines Landes willfährig mit einer die Wahl verlorenen Partei weiter verbunden fühlt, Gerichtsurteile mißachtet und sich mit der Begnadigung gegen die neue Regierung stellt.