Biden: «Die transatlantische Allianz ist zurück»

US-Präsident Joe Biden spricht im State Dining Room des Weißen Hauses in Washington. Foto: epa/Stefani Reynolds
US-Präsident Joe Biden spricht im State Dining Room des Weißen Hauses in Washington. Foto: epa/Stefani Reynolds

MÜNCHEN: Die USA und Europa rücken nach der schwierigen Ära Trump wieder zusammen. Bei der Münchner Sicherheitskonferenz versucht US-Präsident Biden, das Vertrauen der Verbündeten zurückzugewinnen. Auf Forderungen verzichtet er. Kanzlerin Merkel bietet aber etwas an.

Der neue US-Präsident Joe Biden hat die Partnerschaft mit Europa als «Grundpfeiler» der amerikanischen Außenpolitik bezeichnet und sich klar zur Nato bekannt. «Amerika ist zurück. Die transatlantische Allianz ist zurück», sagte er am Freitag bei der Münchner Sicherheitskonferenz. «Und wir schauen nicht zurück. Wir schauen gemeinsam nach vorne.» Biden zog damit einen Schlussstrich unter die Ära seines Vorgängers Donald Trump, in der die Beziehungen zwischen den USA auf einen Tiefpunkt abgesackt waren.

Kanzlerin Angela Merkel nahm die ausgestreckte Hand des neuen US-Präsidenten an: «Deutschland steht für ein neues Kapitel der transatlantischen Partnerschaft bereit.» Sie bot dem neuen US-Präsidenten mehr Engagement - auch militärisch - besonders in der europäischen Nachbarschaft an.

Trump hatte internationale Verträge gekündigt, den Vorteil des eigenen Landes zur Maxime gemacht und Verbündete reihenweise verprellt. Auch das Verhältnis zu Deutschland wurde zunehmend frostig. Der neue US-Präsident Biden hat einen Kurswechsel eingeleitet, setzt sich für die Rückkehr in internationale Organisationen und Abkommen ein und will wieder stärker mit den traditionellen US-Verbündeten zusammenarbeiten.

«Ich weiß, die vergangenen Jahre haben unser transatlantisches Bündnis belastet und auf die Probe gestellt. Aber die Vereinigten Staaten sind entschlossen, wieder mit Europa zusammenzuarbeiten», sagte Biden. Ein freies, wohlhabendes und friedliches Europa sei weiterhin ein Kerninteresse der Vereinigten Staaten.

In seiner ersten Rede an ein europäisches Publikum verzichtete Biden ganz auf konkrete Forderungen an Deutschland oder andere Bündnispartner. Stattdessen bekannte er sich - anders als Trump in den vergangenen vier Jahren - klar zur Nato: «Die Vereinigten Staaten sind unserer Nato-Allianz voll und ganz verpflichtet.» Die USA würden der Verpflichtung zum militärischen Beistand nachkommen. «Ein Angriff auf einen ist ein Angriff auf alle.»

Unter Bidens Vorgänger Donald Trump war das Verhältnis zwischen den USA und der Nato äußerst angespannt. Trump hatte ohne Rücksicht auf die Folgen mehrfach Zweifel daran geweckt, ob die USA im Ernstfall ihrer Verpflichtung zum militärischen Beistand nachkommen würden. Hinzu kamen die nicht abgesprochene Ankündigung eines Rückzugs von US-Truppen aus Deutschland und andere Alleingänge. Zum Entsetzen der Alliierten drohte Trump sogar mit dem Nato-Austritt.

Sein Hauptkritikpunkt an Deutschland waren die aus seiner Sicht mangelnden Militärausgaben. Biden begrüßte dagegen, dass europäische Staaten nun mehr in ihre militärischen Fähigkeiten und damit in die «gemeinsame Verteidigung» investierten. Merkel bekannte sich im Gegenzug klar zu dem Nato-Ziel, zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung auszugeben. In diesem Jahr wird Deutschland trotz einer deutlichen Steigerung vermutlich bei 1,5 Prozent liegen.

Die Kanzlerin räumte zwar ein, dass es weiter Differenzen mit den USA geben werde. «Ich mache mir darüber keine Illusionen.» Aber von der Wertebasis und der Überzeugung, dass die Demokratie handlungsfähig sei, «haben wir ein breites, gutes gemeinsames Fundament».

Biden sprach als erster US-Präsident bei einer Münchner Sicherheitskonferenz. Das weltweit bedeutendste Expertentreffen zur Sicherheitspolitik sollte eigentlich drei Tage dauern und im Hotel Bayerischer Hof in München stattfinden. Wegen der Corona-Pandemie wurde daraus nun eine digitale Veranstaltung, zu der sich die Teilnehmer per Video zuschalteten. Eine physische Konferenz soll - soweit die Pandemie es zulässt - später im Jahr nachgeholt werden.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sprach sich bei der Veranstaltung für eine stärkere Rolle Europas in der Nato aus. Das bestmögliche Engagement der Europäischen Union in dem Bündnis sei, deutlich mehr Kontrolle über die eigene Sicherheit zu gewinnen.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen betonte die Bedeutung der transatlantischen Zusammenarbeit beim Umgang mit China und Russland. «Ein immer selbstbewusster auftretendes China hat 2020 ein robustes Wirtschaftswachstum gezeigt - trotz der Pandemie», sagte sie. Und ein immer widersprüchlicher werdendes Russland verstoße nach wie vor im In- und Ausland gegen internationale Regeln. Es gehe nun darum, dass Europa und die USA wieder «Schulter an Schulter» vorgingen. «Denn wenn wir vorangehen, dann geht es nicht nur darum, Kräfte zu bündeln. Das ist ein Signal an die Welt», sagte von der Leyen.

Der britische Premierminister Boris Johnson äußerte sich geradezu euphorisch über den Machtwechsel im Weißen Haus. «Amerika ist uneingeschränkt zurück als der Anführer der freien Welt. Das ist eine fantastische Sache», sagte er.


Transatlantik-Koordinator fordert nach Biden-Rede konkrete Schritte

BERLIN: Der Transatlantik-Koordinator der Bundesregierung, Peter Beyer, hat sich zufrieden mit dem klaren Bekenntnis des neuen US-Präsidenten Joe Biden zu einer engen Partnerschaft mit Europa gezeigt. «Er hat damit dem Westen nach der Unklarheit der Trump-Jahre eine kraftvolle Perspektive für die kommenden Jahrzehnte aufgezeigt» sagte der CDU-Politiker der Deutschen Presse-Agentur. «Wir müssen nun dieses Angebot mit Leben und konkreter Politik füllen.»

In einer Rede bei der virtuellen Münchner Sicherheitskonferenz hatte Biden am Freitag die Partnerschaft mit Europa als «Grundpfeiler» der amerikanischen Außenpolitik bezeichnet und sich klar zur Nato bekannt: «Amerika ist zurück. Die transatlantische Allianz ist zurück.»

Beyer sagte, Peking und Moskau dürften sich nicht über diesen Ausdruck neuer westlicher Einigkeit gefreut haben, und das sei gut so. Nun müsse der Westen einen Schritt weiter gehen: «Wir müssen transatlantische Strategien für den Umgang mit den Systemrivalen China und Russland entwickeln.»

Beyer vermisste in Bidens Rede allerdings das Thema Handel. «Die Zeit der Strafzölle muss ein Ende haben», sagte er. Stattdessen sollten die engen Verbündeten EU und USA über ein Freihandelsabkommen verhandeln. «Ich erwarte, dass hier bald richtig Tempo gemacht wird. Nur gemeinsam als transatlantische Partner können wir die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts meistern.»

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Frank Matthias 21.02.21 21:07
2%Ziel
Das Beharren auf dem 2% Ziell ist zu kurz gedacht, wenn man auch einmal die durch militärisches Vorgehen entstanden Kosten bei der Bewältigung der Flüchtlingszahlen und der dadurch zu leistenden Kosten mit einbezieht.
Da trägt Deutschland einen hohen Anteil der humanitären Kosten auf lange Zeit.
Ebenfalls bei der Entwicklungshilfe.
Das kann man nicht isoliert betrachten.
Ingo Kerp 21.02.21 17:18
Nach 4 Jahren übler Beschimpfungen, Lügen und Vorhaltungen durch Trump ist die Frage, wird die transatlantische Allianz noch so benoetigt, wie Biden es gerne hätte? In der Zwischenzeit haben sich einige Verhältnisse doch verschoben und man wird nicht umgehend daran gehen, diese wieder abzuschaffen.