BBC: Häusliche Gewalt immer öfter folgenlos

Foto: Pixabay
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LONDON: Anzeigen von einfacher Körperverletzung im häuslichen Umfeld in Großbritannien werden einem BBC-Bericht zufolge immer häufiger aus Zeitgründen zu den Akten gelegt. Demnach wurden in den vergangenen fünf Jahren allein in den beiden Landesteilen England und Wales beinahe 13.000 Ermittlungen von einfacher Körperverletzung eingestellt, weil sie nicht schnell genug bearbeitet werden konnten - Tendenz steigend.

Hintergrund ist, dass es in Großbritannien für einfache Körperverletzung eine Verjährungsfrist von nur sechs Monaten gibt. Verstreicht sie, ohne dass es zur Anklage kommt, wird der Fall zu den Akten gelegt.

Eine BBC-Umfrage bei 30 Polizeidirektionen in England und Wales zeigte, dass die Zahl der Anklagen in den vergangenen Jahren stetig zurückging. Gleichzeitig stieg die Zahl der Anzeigen wegen einfacher Körperverletzung im häuslichen Umfeld rapide an, wie die BBC am Freitag berichtete. Den von dem Sender zusammengetragenen Zahlen zufolge nahm die Zahl der Anzeigen seit 2016 um 70 Prozent zu.

Ohnehin führt nur ein Bruchteil der Anzeigen zur Anklage. Erst vor wenigen Wochen hatte eine Untersuchung ergeben, dass von allen Anzeigen häuslicher Gewalt - einschließlich sexueller Übergriffe - drei Viertel ohne eine Anklage zu den Akten gelegt werden. Bei Vergewaltigungsvorwürfen beträgt die Quote der Anklagen sogar nur 1,6 Prozent.

Frauenrechtsorganisationen und die Labour-Opposition forderten eine Gesetzesänderung, um die Verjährungsfrist für einfache Körperverletzung zu verlängern. Doch Polizei und Justiz gelten als chronisch unterfinanziert. Zudem wird ihnen vorgeworfen, Gewalt gegen Frauen zu verharmlosen.

Das Thema hatte in Großbritannien in diesem Jahr immer wieder die Schlagzeilen dominiert, vor allem nach dem Mord an Sarah Everard. Die Londonerin war im März von einem Mann verschleppt, vergewaltigt und ermordet worden. Der Täter - ein Polizist - wurde zu lebenslanger Haft ohne Chance auf vorzeitige Entlassung verurteilt.

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