Autoproduktion in Deutschland sinkt

​Umfrage: Dieselkrise und Klimaschutz verändern Autoindustrie

Foto: epa/Ronald Wittek
Foto: epa/Ronald Wittek

BERLIN/GENF (dpa) - Auf dem Genfer Autosalon wollen die deutschen Hersteller mit «zahlreichen Weltpremieren» punkten, kündigt der Verband VDA an. Der sieht die Branche gut aufgestellt. Doch die Risiken sind groß.

Die deutsche Autoindustrie erwartet in diesem Jahr einen deutlichen Rückgang der Inlandsproduktion. In den deutschen Werken dürften mit 4,8 Millionen Pkw rund 5 Prozent weniger Fahrzeuge vom Band rollen, teilte der Verband der Automobilindustrie (VDA) am Samstag mit. Die Auslandsproduktion dagegen werde aller Voraussicht nach um drei Prozent zulegen auf 11,6 Millionen Pkw. Hintergrund sind die abflauende Konjunktur, Handels- und Zollrisiken, aber auch der Aufbau und Ausbau von Werken in den USA, Mexiko und China.

«Auch in diesem Jahr wird die Auslandsproduktion stärker zunehmen als die gesamte Pkw-Produktion unserer Konzernmarken», sagte Verbandspräsident Bernhard Mattes. Die Beschäftigung bei den deutschen Autobauern dürfte 2019 aber stabil bleiben. Im vergangenen Jahr habe sich die Mitarbeiterzahl im Inland im Jahresdurchschnitt um 14 400 auf 834 400 Mitarbeiter erhöht. «Das ist der höchste Beschäftigungsstand seit der Wiedervereinigung», sagte Mattes.

Alle Märkte seien auf hohem Niveau. In Europa erwartet der Verband eine stabile Nachfrage, in China eine Nachfrage annähernd auf Vorjahresniveau, in den USA einen leichten Rückgang. Voraussetzung sei allerdings, dass die handels- und wirtschaftspolitischen Konflikte konstruktiv gelöst würden.

Der europäische Markt bleibe unter dieser Annahme mit 15,6 Millionen Pkw stabil. Der US-Markt dürfte 2019 zwar leicht um 2 Prozent sinken, doch mit 16,9 Millionen Fahrzeugen weiter ein hohes Niveau aufweisen. Der chinesische Pkw-Markt könnte bei Lösung des Handelskonflikts das Vorjahresniveau von gut 23 Millionen Autos erreichen.

Nach den Worten von Mattes muss ein «harter Brexit» - ein EU-Austritt Großbritanniens ohne Vertrag - vermieden werden. Ein «No-Deal-Szenario» wäre folgenschwer und für Unternehmen und Beschäftigte in der EU-27 mit erheblichen Risiken verbunden. Großbritannien sei, gemessen an den Stückzahlen, Deutschlands größter Pkw-Exportpartner. 2018 sei der Export aus Deutschland bereits um 13 Prozent auf 666 000 Neuwagen gesunken.

Mattes mahnte die EU und die USA, in den Handelsgesprächen «alles zu tun, um eine konstruktive Lösung am Verhandlungstisch zu erreichen». Den Abschwung am US-Automarkt bekommen die deutschen Hersteller inzwischen weiter zu spüren. Volkswagen, Audi und Daimlers Marke Mercedes-Benz USA meldeten für Februar Absatzrückgänge. BMW trat auf der Stelle. Doch die deutschen Autobauer sind keine Ausnahmen.

Auf dem Genfer Autosalon zeigen nächste Woche laut VDA auch die deutschen Hersteller neue Modelle und Studien, darunter viele Elektro- und Hybridautos. «Wir investieren in die Elektromobilität in den nächsten drei Jahren über 40 Milliarden Euro, hinzu kommen weitere 18 Milliarden Euro in die Digitalisierung, das vernetzte und automatisierte Fahren», sagte der VDA-Chef. Das Modellangebot deutscher Hersteller werde sich bis dahin auf rund 100 E-Modelle verdreifachen. Nötig seien aber mehr Ladestationen und Kaufanreize.

Umfrage: Dieselkrise und Klimaschutz verändern Autoindustrie

Deutsche Automanager sehen die Dieselkrise, strengere Klimaschutzvorgaben und den Wandel zum Elektro-Auto als größte Herausforderungen für ihre Unternehmen. 75 Prozent der von der Unternehmensberatung PwC befragten Manager sagten, die Dieselkrise werde im laufenden Jahr große Auswirkungen auf ihr Unternehmen haben, 70 Prozent nannten Regulierungen wegen des Klimawandels. Der Brexit, der chinesisch-amerikanische Handelsstreit und die abkühlende Konjunktur folgten dicht dahinter.

PwC Strategy& hatte im Februar 203 Führungskräfte von Autoherstellern und großen Zulieferern sowie Händler befragt. PwC-Partner Felix Kuhnert sagte: «Internationale Krisen und schwächelnde Kernmärkte machen der Branche gerade in einer Phase zu schaffen, in der große Investitionen in Zukunftsthemen wie das autonome Fahren oder auch vernetzte Mobilitätsdienstleistungen gefragt wären.»

Vor allem der schwächelnde chinesische Automarkt macht der Branche Sorgen, die Nachfrage dort sank im vergangenen Jahr deutlich. 40 Prozent der befragten deutschen Automanager sagten, der Rückgang bedeute für ihr Unternehmen Umsatzeinbußen von mehr als 10 Prozent. China ist mit rund 23 Millionen verkauften Autos der größte Einzelmarkt vor den USA.

Auch die Elektrifizierung sorgt für Unsicherheit. 77 Prozent der befragten Führungskräfte gaben an, bei der Entwicklung von Batterietechnologie unter enormem Innovationsdruck zu stehen. Weniger als die Hälfte der deutschen Unternehmen aus der Branche (48 Prozent) fühlt sich in diesem Zukunftsfeld gut vorbereitet.

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