Zeitungen zum Geschehen am Dienstag

Foto: Pixabay/Gerd Altmann
Foto: Pixabay/Gerd Altmann

«Stuttgarter Zeitung» zum Ärztemangel

Mit Steuerrabatten für Hausärzte im Ruhestand würde nur an Symptomen herumgedoktert.

Das mag dem Patienten Gesundheitssystem vielleicht kurzfristig Linderung verschaffen. Doch was es wirklich braucht, sind strukturelle Reformen, die über die bisherige Flickschusterei hinausgehen. Schließlich hakt es auch an vielen anderen Stellen ? etwa bei den Kliniken oder in der Pflege. Ein zentraler Punkt ist die unzureichende Patientensteuerung in Deutschland. Zwar ist die freie Arztwahl, die es so in kaum einem anderen Industrieland gibt, aus Patientensicht ein hohes Gut. Sie führt aber teilweise zu überflüssigen Facharztbesuchen und bindet Kapazitäten zulasten derer, die wirklich einen Spezialisten benötigen und oft viel zu lange auf einen Termin warten müssen. Hausärzte sind prädestiniert, die Rolle des Lotsen zu übernehmen, der die Patienten durch das komplizierte Gesundheitssystem führt.


«Frankfurter Rundschau» zum Gedenken an den 8. Mai

Nie wieder Faschismus, nie wieder Auschwitz, nie wieder Krieg ? das sind die wichtigsten Losungen, die aus dem 8. Mai 1945 für die Bundesrepublik abgeleitet wurden. Doch so eingängig die Losung ist ? sie in die Realität umzusetzen, ist alles andere als simpel.

Umso wichtiger ist das Beharren auf dem ?Nie wieder ist jetzt?, am Festhalten an den Grundlagen von Demokratie, Menschenrechten, Freiheitsrechten und Friedenswillen. Die Gespenster des Nationalsozialismus begleiten den Aufstieg von Leuten wie Alexander Gauland oder Björn Höcke. Der Protest dagegen beansprucht das ?Nie wieder? für sich. Gut so. Denn damit werden die Werte markiert, um die es geht. Aber das Land muss auch damit umgehen, dass ein erheblicher Teil der Menschen sich in diesen Protesten nicht wiederfindet. Deswegen muss dieser andauernde Kampf um die Demokratie weitergeführt werden. Gerade in einer Migrationsgesellschaft, in der viele Menschen aus Ländern mit einer anderen Geschichte als der deutschen stammen. Die Grundsätze aber, die der 8. Mai 1945 für dieses Land bedeutet ? sie müssen für alle gelten.


«Handelsblatt» zum Koalitionsstreit und Lindners Veto beim Rentenpaket

>>> Die Bürger sind einiges an handwerklichem Murks von der Ampel gewohnt.

Heizungsgesetz, Kindergrundsicherung, das Cannabisgesetz. Die Flickschusterei bei all diesen Vorhaben gehört zum Alltag der Koalition aus SPD, Grünen und FDP. Was sich beim Rentenpaket II abgespielt hat, rundet dieses erratische Bild nun ab. Zuerst raus, dann wieder rein. Der Finanzminister stoppt das Rentenpaket II und nimmt es von der Tagesordnung des Bundeskabinetts. Dann kommt auf einmal wieder die Kehrtwende. Willkommen im Ampel-Kindergarten.


«Frankfurter Allgemeine Zeitung» Xi in Europa

Deutschland und Frankreich müssen nicht alles zusammen machen, auch nicht in der Außenpolitik.

Die ist aus gutem Grund in der EU nicht vergemeinschaftet. Aber es wäre besser, wenn die beiden europäischen Führungsnationen gegenüber China, das die Bundesregierung ja ganz offiziell als ?systemischen Rivalen? bezeichnet, mit einer Stimme sprechen würden. Dass der Bundeskanzler die Einladung des französischen Präsidenten ausschlug, gemeinsam in Paris mit dem chinesischen Staats- und Parteichef Xi Jinping zu reden, war ein taktischer Fehler. Es schwächt die Position der EU in einer heiklen Phase(?). Eigentlich liegen die Interessen Deutschlands und Frankreichs gar nicht so weit auseinander, wenn es um China geht. (?) Gerade der Kanzler der ?Zeitenwende? sollte es besser wissen.(?).


«Jyllands-Posten»: Der Geist der Freiheit ist die stärkste Waffe

AARHUS: Die rechtsliberale dänische Tageszeitung «Jyllands-Posten» meint am Dienstag zu den Protesten in Georgien:

«Der Fall der Mauer, die friedlichen Revolutionen in Mittel- und Osteuropa, der Kollaps des Kommunismus. Es ist jetzt 35 Jahre her, dass demokratische und liberale Proteste die sowjetisch-kontrollierten «Volksdemokratien» im östlichen Europa auf den Misthaufen der Geschichte warfen. Die demokratische Entladung war damals befeuert von einer Wut auf die wirtschaftliche Ineffektivität des Kommunismus, die engstirnige Kontrollgesellschaft und die Heuchelei der Sowjet-gläubigen Elite. Aber es war nicht nur eine negative Reaktion. Der Geist von 1989 war von einer optimistischen Zukunftsvision, von der Hoffnung auf etwas Besseres, vom Glauben an Demokratie und die Möglichkeiten der Freiheit angetrieben.

Wir sehen es zurzeit jeden Abend auf den Straßen der georgischen Hauptstadt Tiflis, wo der Versuch der Regierung, das kaukasische Land unter das russische Joch zu zwingen, auf Widerstand von Zehntausenden Aktivisten trifft. Sie sprechen dieselbe Sprache wie die Ukrainer 2014 und 2004, die Deutschen und Tschechen 1989 und die polnischen Aktivisten in den 1970er- und 80er-Jahren.

Der freiheitliche Geist ist noch immer die stärkste Waffe im demokratischen Arsenal. Er ist über die letzten dreieinhalb Jahrzehnte nicht gealtert, trotz mancher Enttäuschungen. Alle können die Populisten zurückdrängen und die Imperialisten unserer Zeit in Russland und China schachmatt setzen.»


«La Vanguardia»: Im Gaza-Krieg droht ein Endlos-Konflikt

MADRID: Zu der von Israel geplanten Großoffensive auf die Stadt Rafah im Gazastreifen schreibt die spanische Zeitung «La Vanguardia» am Dienstag:

«Heute sind sieben Monate seit dem Massaker der Hamas in Israel vergangen und der hebräische Staat befindet sich immer noch im Krieg mit der Terrororganisation im Gazastreifen. Es ist schon der zweitlängste Konflikt in der Geschichte Israels und noch weiß niemand, wann und wie er enden wird. (...) Der Krieg zieht sich ewig hin und die Palästinenser leiden unter Tod und Verwüstung. (...)

Der Einmarsch in Rafah wird die Zahl der Opfer noch weiter erhöhen. Und die Proteste gegen die Invasion des Gazastreifens breiten sich weltweit aus. Es geht nicht mehr nur um amerikanische Universitäten. In Barcelona wurde gestern ein Anti-Kriegs-Camp errichtet. In Valencia begann der Protest bereits am Sonntag. Der Krieg ist noch lange nicht gelöst und droht zu einem Endlos-Konflikt zu werden.»


«The Times»: Putin hat Russland zum Pariastaat gemacht

LONDON: Zum Beginn der neuen Amtszeit des russischen Präsidenten Wladimir Putin meint die Londoner «Times» am Dienstag:

«Unter seiner Führung ist Russland zu einem Pariastaat geworden, der in China, einem anderen Modell staatlicher Unterdrückung, einen Verbündeten sucht. Der Traum von der Demokratie ist zu Staub zerfallen, während eine ganze Generation zum Militärdienst in einer brutalen, schlecht ausgerüsteten russischen Armee gezwungen wird. In der Ukraine wurden Millionen von Zivilisten vertrieben oder waren gezwungen, vor den russischen Angriffen aus dem Land zu fliehen.

Wie bei jedem Mitglied einer Bande, das zum gefürchteten Chef eines Kartells aufsteigt, hat sich die erdrückende Macht des ehemaligen KGB-Agenten über sein Land nicht plötzlich in einer Nacht eingestellt. Viel zu lange hat der Westen weggeschaut, während Putin bei Russlands Abenteuern im Ausland seine wahre Natur offenbarte. (...)

Russische Exilanten wie der Schachgroßmeister Garri Kasparow versuchten jahrelang, westliche Meinungsmacher zu warnen, dass Putin immer autoritärer wurde, sich isolierte und eine aktive Gefahr für die Nachbarstaaten darstellte. Erst als Russland 2022 in großem Stil in die Ukraine einmarschierte, begannen sie ernsthaft zuzuhören.»


«Nepszava»: Budapest ist Chinas trojanisches Pferd in der EU

BUDAPEST: Zum bevorstehenden Besuch des chinesischen Präsidenten Xi Jinping in Ungarn schreibt die oppositionelle Budapester Tageszeitung «Nepszava» in einem Kommentar am Dienstag:

«Ungarns Regierung lässt sich auf (Infrastruktur-)Investitionen ein, die mit chinesischen Krediten finanziert werden und die sich vielleicht nie rentieren werden, allein deshalb, um Brüssel eins auszuwischen. Präsident Xi hat wiederum erkannt, dass er Ungarn dazu benutzen kann, zu verhindern, dass sich - entsprechend den Vorstellungen von (Frankreichs Präsidenten Emmanuel) Macron - eine einheitliche europäische Politik gegenüber China herausbildet. Für Xi wäre das in jedem Fall gut, doch was Ungarns Bevölkerung davon hätte, ist eine andere Frage. (...) Zumal sich Ungarn nicht nur wirtschaftlich dem chinesischen Regime annähert, sondern auch politisch jenes Land als Vorbild betrachtet, das Moskau im Krieg gegen die Ukraine unterstützt und damit unmittelbar die europäische Sicherheit gefährdet.»


«de Volkskrant»: Russlands wirtschaftliche Perspektiven sind nebulös

AMSTERDAM: Zu Russlands wirtschaftlichen Perspektiven in der neuen Amtszeit von Präsident Wladimir Putin heißt es am Dienstag in der niederländischen Zeitung «de Volkskrant»:

«Die wirtschaftlichen Aussichten für die neue Amtszeit Putins sind nebulös und hängen teilweise von den langfristigen Auswirkungen der Sanktionen und dem Verlauf der Kämpfe in der Ukraine ab. Anfang des Jahres zeichnete Putin in seiner jährlichen Ansprache vor dem Parlament ein optimistisches Bild der nächsten sechs Jahre. Er gab seiner Regierung den Auftrag, dafür zu sorgen, dass Russland bis 2030 die viertgrößte Wirtschaft Europas wird. Russland soll autark werden, die Importe sollen sinken, die eigene Industrieproduktion und die Exporte langlebiger Güter sollen drastisch steigen.

Die Indikatoren sind weniger rosig. Die dramatischen Verluste des staatlichen Gasunternehmens Gazprom im vergangenen Jahr sind ein Indikator dafür, dass Russland in den kommenden Jahren erhebliche Deviseneinbußen erleiden wird. Gazprom wird diesen Ausfall nicht wettmachen können, es sei denn, die Lieferungen nach Europa werden irgendwann wieder aufgenommen. Auch die Ölproduktion und die Ölexporte werden in dem Maße zurückgehen, wie die vorhandenen förderbaren Reserven ausgeschöpft werden. Das wird Russlands wirtschaftliche Entwicklung auf längere Sicht unweigerlich beeinträchtigen.»


«NZZ»: Der eigentliche Test für Merz kommt erst noch

ZÜRICH: Zum CDU-Parteitag heißt es am Dienstag in der«Neuen Zürcher Zeitung»:

«Merz spricht knapp eineinhalb Stunden lang, und er bietet seinen Kontrahenten in dieser Zeit keine Angriffsfläche. Ein «Rechtsruck», den seit seiner Wahl zum Parteichef im Januar 2022 viele befürchtet beziehungsweise herbeigeschrieben haben, ist in Berlin ebenso wenig erkennbar wie ein Drang zur Abrechnung mit der früheren Parteivorsitzenden und langjährigen Kanzlerin Angela Merkel. Im Gegenteil: Der 68-jährige Jurist Merz präsentiert sich als Staatsmann und Vertreter der politischen Mitte. (?)

Knapp 90 Prozent der Delegierten bestätigen Merz am Montag im Amt. Auf dem Parteitag wird das als gutes Ergebnis interpretiert. Aber der eigentliche Test kommt erst noch. Falls die CDU in Thüringen, Sachsen und Brandenburg im Vergleich zu den vorangegangenen Wahlen zulegt, dürfte dem Parteichef die Spitzenkandidatur für die Bundestagswahl nicht mehr zu nehmen sein. Andernfalls dürfte es nur eine Frage der Zeit sein, bis in der Partei Stimmen laut werden, die ihm für seine Parteiarbeit nach der verlorenen Bundestagswahl 2021 danken ? und ihm anschließend nahelegen, den Wahlkampf einem jüngeren Parteifreund mit Regierungserfahrung zu überlassen.»


«La Repubblica»: Russland kurz vor Überschreiten weiterer roter Linie

ROM: Die italienische Tageszeitung «La Repubblica» vergleicht die aktuelle Bedrohungslage in Europa mit der Zeit des Kalten Kriegs:

«Heute hat sich alles geändert. Das zeigt sich auch daran, dass die aktuelle Herausforderung nicht mehr zwischen der UdSSR und den USA besteht, sondern zwischen Russland und zwei europäischen Ländern. Auch die Tatsache, dass der Kreml auf Erklärungen Frankreichs und Großbritanniens über die mögliche Entsendung von Soldaten in die Ukraine reagiert, indem er sein taktisches Nukleararsenal erstmals in einer Übung vorführt, bestätigt, wie alle Muster gesprengt wurden.

Die verbale Eskalation der letzten Monate schickt sich an, eine weitere rote Linie zu überschreiten. Denn wenn die Ankündigung wahr gemacht wird, werden russische Soldaten Sprengköpfe aus den Bunkern holen und auf Flugzeuge, U-Boote, Schiffe und selbstfahrende Raketen verladen: eine Geste, die über die regelmäßigen Schießübungen des ehemaligen Präsidenten Dmitri Medwedew weit hinausgeht.»


«Wall Street Journal»: Israel muss Druck auf Rafah aufrechterhalten

NEW YORK: Zu der geplanten Großoffensive Israels auf die Stadt Rafah im Süden des Gazastreifens schreibt das «Wall Street Journal» am Dienstag:

«Rafah beherbergt die Anführer der Hamas, vier Terroristen-Bataillone, Geiseln und den Grenzübergang zu Ägypten, von dem aus die Hamas Hilfslieferungen kontrolliert und militärische Güter einschmuggelt. Es ist die entscheidende Stadt für die Zukunft der Terrorgruppe. Nur wenn Rafah zu fallen droht, wird die Hamas bereit sein, ihre verbleibenden Geiseln zu übergeben.

Nachdem Israel am Montag die Evakuierung der Zivilbevölkerung ankündigt hatte, unterbreitete die Hamas schließlich schnell ein Gegenangebot. Interessant, was echter Druck bewirken kann. Es sei daran erinnert, dass die Hamas nach dem israelischen Angriff auf Gaza-Stadt im November 105 Geiseln freiließ, um eine Verschnaufpause zu bekommen.»

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