GDL und Bahn legen Tarifstreit bei - Keine Streiks mehr

Während des Streiks der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) in München sitzt ein Fahrgast am Münchner Hauptbahnhof. Foto: epa/Anna Szilagyi
Während des Streiks der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) in München sitzt ein Fahrgast am Münchner Hauptbahnhof. Foto: epa/Anna Szilagyi

BERLIN: Mehr als vier Monate dauerte der Tarifkonflikt bei der Bahn, sechs Mal brachten Lokführerstreiks den Zugverkehr weitgehend zum Erliegen. Nun haben Gewerkschaft und Bahn - kurz vor Ostern - eine Lösung gefunden.

Nach mehr als vier Monaten und sechs Streiks der Lokführergewerkschaft GDL können Bahnreisende aufatmen: Deutsche Bahn und GDL haben in ihrem lange Zeit festgefahrenen Tarifkonflikt eine Einigung erzielt, wie beide Seiten am Montagabend mitteilten. Über die Details des Abschlusses wollen sie am Dienstagvormittag in separaten Pressekonferenzen in Berlin informieren. Streiks drohen den Fahrgästen sowie Industriekunden der Bahn nun nicht mehr. Zuvor hatten beide Seiten Stillschweigen bis zum Abschluss der Tarifverhandlungen vereinbart.

In der Politik wurde die Einigung mit Erleichterung aufgenommen. «Es ist ein wichtiges Signal der Sicherheit und Verlässlichkeit für die Millionen von Pendlerinnen und Pendlern und die erwarteten Reisenden zu den Ostertagen», sagte die verkehrspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Isabel Cademartor. «Die Einigung ist ein Gewinn für das System Schiene, das in den nächsten Monaten vor großen Herausforderungen steht.»

Pendler und Wirtschaft streikgeplagt

Die wiederholten Streiks der GDL hatten Millionen Bahnreisende getroffen, die Bahn konnte im Fernverkehr derweil lediglich ein Grundangebot an Zügen auf die Beine stellen. Auch die ohnehin angeschlagene deutsche Wirtschaft litt unter den Ausständen, da sie ebenfalls den Güterverkehr trafen. Industriekunden der Bahn-Tochter DB Cargo etwa aus der Auto- und Chemiebranche mussten umdisponieren, Geschäftsreisen, etwa zu Messen, fielen aus. Das arbeitgebernahe Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) schätzte die Kosten eines bundesweiten Streiks bei der Bahn auf bis zu 100 Millionen Euro an verlorener Wirtschaftsleistung pro Tag.

Unklarheit über Details - Knackpunkt war die Wochenarbeitszeit

Wie der Kompromiss zwischen Bahn und GDL aussieht, blieb zunächst offen. Knackpunkt der Tarifrunde war von Beginn an die Forderung der GDL nach eine Senkung der Wochenarbeitszeit für Schichtarbeiter von 38 auf 35 Stunden bei gleichbleibenden Löhnen und Gehältern. Die Bahn hatte die Forderung auch mit Blick auf den Lokführermangel kritisiert, war aber bei einer vorigen Gesprächsrunde bereit, sich auf 36 Stunden bei vollem Lohnausgleich in zwei Schritten bis 2028 einzulassen.

Die Gewerkschaft unter ihrem Vorsitzenden Claus Weselsky lehnte das allerdings ab. Es folgten zwei weitere Streiks mit erheblichen Einschränkungen im Personenverkehr. Vor rund einer Woche hatten die Bahn und die GDL dann mitgeteilt, dass sie wieder miteinander sprechen - hinter verschlossenen Türen.

Ob die Bahn bei den Arbeitsstunden nun vollends eingelenkt hat, blieb am Montagabend offen. Strittig war darüber hinaus auch die Laufzeit eines künftigen Tarifvertrags. Daneben forderte die GDL ursprünglich 555 Euro mehr pro Monat sowie eine steuer- und abgabenfreie Inflationsausgleichsprämie in Höhe von 3000 Euro.

Außerdem wollte die Gewerkschaft auch für die Beschäftigten der Infrastruktur verhandeln, für die es bisher keine GDL-Tarifverträge gibt. Der Kompromissvorschlag der Vermittler vom Februar sah eine schrittweise Anhebung der Löhne und Gehälter um 410 Euro vor. 200 Euro mehr sollte es zum 1. August dieses Jahres geben, 210 weitere Euro zum 1. April 2025. Die Laufzeit des Vertrags hätte 30 Monate betragen.

Früh das Scheitern erklärt

Begonnen hatte der Tarifkonflikt Anfang November. Bereits nach der zweiten Verhandlungsrunde erklärte Weselsky die Gespräche für gescheitert und leitete im Dezember eine Urabstimmung über unbefristete Streiks ein. Insgesamt sechs Mal kam es in der Tarifauseinandersetzung zu Arbeitskämpfen. Zwei kürzeren Warnstreiks folgten im Januar zwei mehrtägige Streiks.

Nach den erneut gescheiterten Verhandlungen im Februar verschärfte Weselsky die Maßnahmen: Die Arbeitskämpfe sollten künftig deutlich kurzfristiger angekündigt werden, so dass Bahn und Fahrgästen weniger Zeit bleibt, sich darauf einzustellen. Ein Streik folgte noch nach dem bekannten Muster mit 48 Stunden Vorlauf. Nur wenige Tage später lagen zwischen der Ankündigung und dem Beginn des nächsten Ausstands im Personenverkehr schließlich nur noch 30 Stunden. Die Bahn scheiterte wiederum Mitte März am Arbeitsgericht Frankfurt und am Hessischen Landesarbeitsgericht damit, die Arbeitsniederlegungen juristisch zu stoppen. Mit der Einigung sind nun weitere Arbeitskämpfe für die Dauer der Vertragslaufzeit vom Tisch.

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Norbert Kurt Leupi 27.03.24 00:00
Streik beendet und ...
der Sieger heisst : Weselsky mit seiner GDL ! Wie man sieht , lohnt es sich zu Streiken !
Hans-Dieter Volkmann 26.03.24 21:50
Helge Fitz 26.03.24 19:20
Okay, habe verstanden. Auch ich war gewerkschaftlich tätig, als Personalrat im öffentlichen Dienst.
Helge Fitz 26.03.24 19:20
@H.D.Volkmann, werter Herr Volkmann, ich muss wohl an meinem Schreibstil arbeiten.
Vielleicht einfach konkreter werden. Seit 40 bin ich selbst Gew.- mitglied und unterstütze jeden einzelnen Streik. Ich habe ( leider ) noch nie an einem Streik teilgenommen und war bis auf eine Ausnahme auch immer nur bei kleineren Unternehmen beschäftigt. Mit nichts wie weg meinte ich die Chance jedes Mitbürgers/ jeder Mitbürgerin , emmissionsarm in ihre verdienten Osterferien verreisen zu können.
Hans-Dieter Volkmann 26.03.24 17:10
Tarifstreit 26.03.24 16:20
Ich zitiere: "Es gibt zuviele Baustellen in D , also nix wie weg." So kann man sich doch nur äußern, wenn man die Realität nicht kennt. Deutschland ist in Europa eines jener Länder, in denen am wenigsten gestreikt wird. In der Öffentlich ist davon so gut wie nichts bekannt. Ob das an der Presse liegt, wie diese das darstellen?
Helge Fitz 26.03.24 16:20
Dank den Vermittlern ! Es herrscht wieder Reisefreiheit.
Es gibt zuviele Baustellen in D, also nix wie weg.