Südkoreas Präsident: Nordkorea nähert sich «roter Linie»

Foto: epa/Jung Yeon-je / POOL
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SEOUL/TOKIO (dpa) - Angesichts des verschärften Konflikts mit Nordkorea hat Südkoreas Präsident Moon Jae In das Nachbarland vor dem Überschreiten einer «roten Linie» gewarnt. Falls Nordkorea die Entwicklung von Interkontinentalraketen (ICBM) vervollständigen und diese mit Atomsprengköpfen einsatzbereit machen sollte, würde er das als Grenzüberschreitung ansehen, sagte der linksliberale Politiker am Donnerstag bei einer Pressekonferenz in Seoul zu seinen ersten 100 Tagen im Amt. «Nordkorea nähert sich der roten Linie.»

US-Präsident Donald Trump hatte Nordkorea nach neuen Raketentests zuletzt mit «Feuer und Wut» gedroht und damit vor dem Hintergrund der atomaren Bewaffnung beider Länder weltweit für große Unruhe gesorgt. Nordkorea drohte damit, Raketen in Gewässer nahe der US-Pazifikinsel Guam abzufeuern, stellte diese Pläne dann aber vorerst zurück.

Moon äußerte sich zuversichtlich, dass es keinen neuen Krieg auf der koreanischen Halbinsel geben werde. Die USA würden keine militärischen Schritte gegen Nordkorea unternehmen, ohne dies mit ihrem Alliierten Südkorea abzusprechen, bekräftigte Moon. «Jede militärische Aktion auf der koreanischen Halbinsel erfordert Südkoreas Zustimmung, sofern sie nicht außerhalb der Halbinsel erfolgt.»

Die Worte wurden in Seoul auch als Versuch Moons verstanden, Befürchtungen im In- und Ausland entgegenzuwirken, der Atomstreit mit Nordkorea könne zu einem bewaffneten Konflikt auf der Halbinsel eskalieren. Er gehe davon aus, dass Trump mit seinen scharfen Worten vor allem seine Entschlossenheit zeigen wolle, noch mehr Druck auf Pjöngjang auzuüben, sagte Moon, der im Mai das Amt mit dem Vorsatz angetreten war, wieder stärker auf Nordkorea zuzugehen.

Moon rief die kommunistische Führung in Pjöngjang auf, zum Dialog zurückzukehren und von «weiteren Provokationen» Abstand zu nehmen. Nordkorea müsse sich ansonsten auf noch härtere Sanktionen einstellen, denen es letztlich nicht mehr standhalten könne, warnte Moon. Sollte Nordkorea auf weitere Raketen- und Atomtests verzichten, werde er erwägen, einen Sondergesandten nach Pjöngjang zu schicken.

Japan will indes wegen der Bedrohung durch Nordkoreas Raketen seine Raketenabwehr weiter ausbauen. Wie die Nachrichtenagentur Kyodo am Donnerstag unter Berufung auf Regierungskreise berichtete, wird ein landgestütztes Aegis-System erwogen. Das Verteidigungsministerium wolle die für die Planung eines solchen Systems nötigen Finanzmittel im kommenden Staatshaushalt beantragen. Der derzeit in Washington weilende Verteidigungsminister Itsunori Onodera dürfte die Pläne für ein weiteres Abwehrsystem mit seinen US-Kollegen besprechen, hieß es.

Bisher verfügt die Nummer Drei der Weltwirtschaft über zwei Raketenabwehrsysteme: das Patriot Advanced Capability (PAC-3) auf dem Land, das in Tokio und anderen Orten stationiert ist, unter anderem in der Nähe japanischer und amerikanischer Militäreinrichtungen. Ein weiteres System ist das auf Aegis-Zerstörern installierte Standard Missile-3 (SM-3). Ein zusätzlich auf Land installiertes Aegis-System würde dieselben Komponenten verwenden wie das auf den Zerstörern, so Kyodo.

Der UN-Sicherheitsrat hatte Anfang dieses Monats nach zwei Tests mit Langstreckenraketen durch Nordkorea im Juli die bislang schärfsten Sanktionen gegen das diplomatisch isolierte Land verhängt. Experten zufolge könnten die Raketen auch US-Gebiet erreichen. Die Spannungen zwischen Washington und Pjöngjang hatten sich dadurch nochmals verschärft. Nordkorea wirft den USA vor, durch ihre Militärübungen mit Südkorea einen Angriff vorzubereiten, was beide aber bestreiten.

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Ingo Kerp 18.08.17 15:55
S.Koreas Präsident weiß aber auch, das er der erste ist, den eine Rakete aus N.Korea trifft, oder?