Eine Zuschrift zur Online-Nachricht „Sprachpanscher oder Spiegel der Zeit?“:
Der Duden, ein ursprünglich hoch angesehenes Wörterbuch, war lange Zeit die Richtschnur von Schülern, Erwachsenen, Lehrern und Germanisten für ein einwandfreies Deutsch, sowohl für die Bedeutung eines Wortes als auch was Grammatik und Rechtschreibung betraf. Seine Verbindlichkeit war geradezu sprichwörtlich. Diese Zeiten sind leider vorüber. Stark geschwächt durch mehrere, nicht zielführende und oberflächliche Rechtschreibreformen wurde er in den letzten Jahren in zunehmendem Maße mit echten und unechten Anglizismen aufgebläht, was ihm sogar den zweifelhaften Preis „Sprachpanscher des Jahres 2013“ einbrachte. Für Philologen war er nun nicht mehr sehr attraktiv und Heranwachsenden sowie ausländischen Studenten konnte er plötzlich kein zusammenhängendes Sprachbild vermitteln. Die zentrifugalen Kräfte waren zu groß geworden. So fristet der Duden heute eher ein Schattendasein als Präsentierteller eines wildwuchernden Sprachgemenges. Als Richtschnur wird er nun kaum noch gebraucht, ähnlich einem Metermaß, das verschnörkelt und nicht gradlinig ist. Vielleicht wird der Duden demnächst in Museen für avantgardistische Kunst zu sehen sein. 5.000 neue Wörter hat er sich inzwischen wieder zugelegt. In wenigen Jahren könnte es, falls keine Trendwende erfolgt, heißen: „Tut uns leid, der Duden ist geplatzt“. Schade eigentlich, dass er hauptsächlich den Zerfall der Sprache, dieses für den gesellschaftlichen Zusammenhalt sehr wichtigen Kommunikationsmittels dokumentiert. Eine Aufbruchsstimmung sieht anders aus.
Roland Grassl
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