Russen haben Pattaya fest im Griff

Spendable Klientel von Geschäftswelt umworben / Trinkfreudig und vulgär

Russen haben Pattaya fest im Griff

Den Anfang machten stinkreiche Russen. Aus ihren Taschen quollen dicke Geldbündel; keine Rubel, keine Baht – US-Dollar. Sie warfen mit der Weltwährung nur so um sich. Urlauber blickten neidisch, Geschäftsleute freuten sich ob des vermeintlichen Reichtums der neuen Touristen. Bereits wenige Jahre nach dem Zusammenbruch der UdSSR, so geht die Legende, sollen Neureiche, Mafiosi und Oligarchen in Begleitung von weiblichen Schönheiten mit Privatjets auf Pattayas Flughafen U-Tapao gelandet sein. Für eine Wochenendparty in der Spaß-Stadt.

Mehr als zehn Jahre später sind es überwiegend Pauschalurlauber, die nach Einschätzung der staatlichen Tourismusbehörde mehr Geld ausgeben als ein Einzelreisender aus Westeuropa. Mehr als drei Viertel der aus den Weiten Russlands an die thailändische Ostküste gejetteten Besucher sind Paare oder Familien. Sie entfliehen dem langen, extremen Winter in ihrer Heimat und erholen sich an Stränden, deren Namen sie zuvor nicht einmal kannten. Während der Sowjetzeit im eigenen Land eingesperrt, reisen sie massenweise zum tropischen Paradies Pattaya und plündern die Geschäfte. Russen sind die Top-Shopper. Sie kaufen vor allem Mode und Accessoires.

Waren es zur Jahrtausendwende nicht einmal 100.000, so zogen Russen bereits 2004 am Urlaubsweltmeister Deutschland vorbei und ließen zwei Jahre später auch alle anderen Nationen wie Südkorea, China und Großbritannien in der Zahl der Touristen hinter sich.

Da hatten Hotels, Restaurants, Tourveranstalter und Immobilienmakler auf den Ansturm längst reagiert. Stadtweit signalisiert Werbung in kyrillischer Schrift: Russen sind willkommen! Speisekarten informieren heute neben Thai und Englisch in Russisch, Fotos der Gerichte erleichtern den Gästen die Wahl. Selbst die Verleiher von Liegestühlen lernten ein paar Brocken Russisch. Makler suchten sich russische Mitarbeiter oder gleich einen Partner. Der Erfolg war programmiert: Zahlungskräftige Besucher investieren ihre Rubel in Immobilien, als Wohnsitz, für die nächsten Urlaube oder als Geldanlage. Zumal Haus oder Wohnung in einem begehrten Stadtviertel Moskaus um ein Vielfaches teurer käme.

Russen ließen sich als Geschäftsleute nieder, eröffneten Restaurants, Bars, Tauchshops und Maklerbüros, betreiben inzwischen drei Fernsehkanäle und schicken ihre Kinder auf internationale Schulen. Das Royal Cliff hat sich frühzeitig auf die neuen Gäste eingestellt und hingenommen, dass andere Nationen das Fünf-Sterne-Hotel meiden. Im Gegenzug eröffnete Russland im Resort ein Konsulat.

Russen sind bei anderen Urlaubernationen nicht sonderlich beliebt. Sie gelten als laut, vulgär, trinkfreudig und angeberisch. Doch sind sie wirklich so schlimm, wie die gängigen Klischees es wahrhaben wollen? Neureicher kann ein Paar Brocken Englisch, trägt eine gewaltige Goldkette um den Hals und einen großen Wohlstandsbauch…
Deutsche haben noch nie Hotel, Swimmingpool oder Strand mit einer lärmenden Touristengruppe aus anderen Ländern teilen wollen. Deutsche Urlauber ersetzten nach dem Vietnam-Krieg amerikanische Soldaten als Platzhirsche Pattayas. Dass der Zimmernachbar, die Gruppe Männer am Nebentisch eines Restaurants oder am Strand überwiegend deutschsprachig war, galt als sicher. Dann kamen die ersten Araber, nach ihnen Chinesen aus Singapur, Hongkong und Taiwan, später aus der Volksrepublik China, weiter Südkoreaner – all diese Menschen waren eine Überforderung, nicht nur für Deutsche. Wurde damals ein "Urlaub ohne…" gebucht, wünschen sich Deutsche heute einen Aufenthalt ohne "unzivilisierte Leute aus der Sowjetunion".

"Sie sind gewöhnungsbedürftig", meint Irma. "In den Hotels feiern sie Wodka-Exzesse und plündern das Büfett, sie kommandieren das Personal im Kasernenton herum. Im Restaurant zeigen sie auf ein Foto: Das Gericht wird angetestet, angebissen, liegengelassen und wandert in den Müll", weiß die Kölnerin. "Herrscht in deren Heimat Überfluss?", fragt sie. Thai- und Western-Food ersetzen Moskauern eben nicht die Borschtsch-Suppe, den beliebten geschmorten Weißkohl oder die Nudelspezialität Pelmeni.

"Sie stören, im Hotel und am Strand, haben keine Manieren", bestätigt Herbert aus Wuppertal. Der 63-Jährige bezieht seine Kritik aber nicht auf alle Russen. "Schließlich fällt derjenige nicht auf, der sich gut verhält. Und deutsche Typen essen, feiern und saufen ebenfalls und grölen in der Nacht."

"Wenn Russen in Hotels und Geschäften auf Russisch sprechende Mitarbeiter stoßen, denken sie, dass sie dort geliebt werden. Dabei werden sie nur wegen ihres Geldes geduldet", glaubt der 28-jährige Jens. "Die meisten Russen sind jung und wollen in ihrem Urlaub ganz viel Spaß haben", gibt sein Freund Manfred zu bedenken. "Und den finden sie halt in der Spaß-Stadt." Die russische Seele ist eben gro߅

Kriminelle mischen mit

Mit den russischen Linienflugzeugen und Chartermaschinen landen auf den Airports Suvarnabhumi und U-Tapao nicht nur Pauschaltouristen, die sich an den Stränden Thailands erholen wollen und im Urlaub in einen Einkaufsrausch geraten. Aus den Ländern der ehemaligen Sowjetunion kommen Frauen, die sich über Prostitution das schnelle Geld erhoffen. Die meisten geraten bereits in ihren Heimatländern in die Fänge von Zuhältern und werden später in Bangkok oder Pattaya abkassiert. Dass die Frauen scheinbar unbehelligt in Bars arbeiten und der Prostitution nachgehen, ist ein sichtbares Zeichen, dass einflussreiche Thais ihre Hände im Spiel haben. Wie überall weltweit, wächst im Rotlicht die Kriminalität. Russen sollen Schutzgelder erpressen, weiter im Drogengeschäft involviert sein. Experten bezweifeln indessen, dass die russische Mafia in Thailand Fuß gefasst hat. In Moskau und St. Petersburg könne die organisierte Kriminalität wesentlich höhere Umsätze erzielen.

Überzeugen Sie sich von unserem Online-Abo:
Die Druckausgabe als voll farbiges PDF-Magazin weltweit herunterladen, alle Artikel vollständig lesen, im Archiv stöbern und tagesaktuelle Nachrichten per E-Mail erhalten.
Pflichtfelder
Thomas Müller 08.02.14 14:24
Russen in Pattaya
Also ich werde nicht mehr nach Pattaya fahren. Was ich vom 11.01. bis 14.01.14 in Pattaya erlebt habe, gehr mir entschieden zu weit. Wir sind nicht mehr vom Jomtien zurück gekommen; ALLE Pick-up Taxis waren nur voll von Russen an uns vorbei gefahren. Wir mussten schliesslich in die Stadt laufen. Ich habe keine andere Sprache mehr gehört als Russisch. In einer Nachrichtensendung in Pattaya habe ich erfahren, dass die Hauptkaufklienten der neu gebauten Apartments fast ausschliesslich Russen sind. Das brauche ich nicht. Wenn ich Russen haben will, fahre ich nach Russland - aber dank der dortigen Homophobie ist auch dies für mich induskutabel.
Ich werde von nun an nur noch im Landesinnere Urlaub machen. Ohne Russen, so hoffe ich.
Pattaya könnte man umbenennen in "Pattayawvska".