Prozessauftakt gegen Attentäter auf Club

Foto: epa/Tolga Bozoglu
Foto: epa/Tolga Bozoglu

ISTANBUL (dpa) - In der Silvesternacht stürmte ein Terrorist in den bekannten Istanbuler Club Reina, schoss um sich und tötete 39 Menschen. Nun muss sich der mutmaßliche Täter vor Gericht verantworten.

Knapp ein Jahr nach dem Terrorangriff auf den Istanbuler Club Reina in der Silvesternacht hat in der Türkei der Prozess gegen den mutmaßlichen Attentäter begonnen. Der inhaftierte Usbeke Abdulkadir Mascharipow wurde am Montag unter erhöhten Sicherheitsvorkehrungen in den Gerichtssaal am Gefängnis in Silivri nahe Istanbul gebracht, wie die Nachrichtenagentur DHA berichtete.

Zudem müssen sich 56 Komplizen Mascharipows vor Gericht verantworten von denen laut DHA am Montag 51 anwesend waren und die teilweise ebenfalls in Untersuchungshaft sitzen. Darunter ist die Frau des mutmaßlichen Attentäters. Mascharipow und anderen Angeklagten droht vielfache lebenslange Haft. Die Verhandlung endete am Montag nach mehreren Stunden und soll nach Angaben einer Prozessbeobachterin die gesamte Woche bis einschließlich Freitag fortgeführt werden.

Mascharipow war erst am 16. Januar gefasst worden. Nach Angaben türkischer Medien hatte er damals gestanden, den Club Reina in der Silvesternacht gestürmt und das Feuer auf die Feiernden eröffnet zu haben. Damals wurden 39 Menschen getötet und mindestens 79 weitere verletzt. Der Usbeke gab nach Medienberichten bei seinem Geständnis an, im Auftrag der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) gehandelt zu haben. Der IS reklamierte den Anschlag für sich.

DHA berichtete weiter, der Hauptangeklagte habe am Montag vor Gericht von seinem Recht zu schweigen Gebrauch gemacht. «Weil ich die türkischen Gesetze nicht genügend verstehen kann, werde ich nichts zu meiner Verteidigung sagen, bevor ich mich nicht mit meinem Anwalt beraten habe», sagte er demnach. Unter dem in der Türkei herrschenden Ausnahmezustand sei der Zugang zum Anwalt eingeschränkt. Der Richter habe einen Antrag auf Aufhebung der Einschränkung abgelehnt, berichtete DHA.

Mascharipow muss sich unter anderem wegen 39-fachen Mordes und des Versuchs verantworten, die verfassungsmäßige Ordnung zu stürzen, wie aus der Anklageschrift hervorgeht. Dafür fordert die Staatsanwaltschaft nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu 40 Mal lebenslange Haft. Zudem wirft die Staatsanwaltschaft Mascharipow Anadolu zufolge «vorsätzlich versuchten Mord» an 79 Personen vor, was mit bis zu 2.370 Jahren Gefängnis geahndet werden könnte. Außerdem würden ihm «Mitgliedschaft in einer bewaffneten Terrororganisation» und Verstoß gegen das Schusswaffengesetz vorgeworfen, was bis zu 15 beziehungsweise zwölf Jahre Haft nach sich ziehen könne.

Bei den meisten mutmaßlichen Komplizen, die nun vor Gericht stehen, handelt es sich nicht um Türken, sondern um Ausländer. Sie stammen laut Anklageschrift aus Usbekistan, Tadschikistan, Kirgistan, Kasachstan, Russland, Ägypten, Tunesien, Somalia, Frankreich, China und dem Irak. In der 90-seitigen Anklage heißt es allerdings, dass mehrere Planer des Anschlags weiterhin auf der Flucht sind.

Der Angriff in der Silvesternacht war der bislang letzte schwere Terroranschlag in einer türkischen Metropole. Westliche Experten führen das auch darauf zurück, dass die Regierung in Ankara das Vorgehen gegen den IS deutlich verschärft hat. Gegen die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK, die ebenfalls für zahlreiche Anschläge im Land verantwortlich ist, gehen türkische Sicherheitskräfte bereits sei dem Scheitern eines Waffenstillstands im Sommer 2015 mit harter Hand vor.

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