Proteste wie in Teheran

Foto: epa/Philipp Guelland
Foto: epa/Philipp Guelland

BERLIN (dpa) - Der israelische Botschafter Jeremy Issacharoff ist noch keine vier Monate in Berlin, und schon ist er mit anti-israelischen Protesten konfrontiert. Auslöser für mehrere Demonstrationen in Berlin, bei denen auch israelische Fahnen angezündet wurden, war die Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt Israels durch US-Präsident Donald Trump. Im Interview mit der Deutschen Presse-Agentur erklärt Issacharoff, wie die Proteste auf Israel wirken und wie man seiner Meinung nach reagieren sollte.

Frage: Was denken Sie über die Proteste in Berlin?

Antwort: Ich denke, der schlimmste Teil der Proteste war die Verbrennung israelischer Flaggen. Das ist etwas, das ich nicht in Europa und auf keinen Fall in Berlin sehen möchte. Das sind Dinge, die es in Teheran geben mag, wo es keine Toleranz gibt. Es geht dabei nicht darum, ob jemand mit Israels Position in irgendeiner Frage nicht einverstanden ist. Es geht um die Tatsache, dass hier die Existenz Israels negiert wird. (...) Ich bin allerdings froh, dass das wenigstens von hochrangigen Persönlichkeiten der deutschen Gesellschaft und der politischen Führung rundum verurteilt wurde. Ich denke, das ist die angemessene Antwort. Aber es müssen weitere Schritte folgen.

Frage: Sollte das öffentliche Verbrennen ausländischer Flaggen verboten werden, so wie das der Zentralrat der Juden vorgeschlagen hat?

Antwort: Ich denke, das ist ein sehr wichtiger Vorschlag, der berücksichtigt werden sollte. Aber natürlich haben das die zuständigen Stellen in Deutschland zu entscheiden. Nochmal: Eine Fahne zu verbrennen, zeigt nicht nur, dass man unterschiedlicher Meinung ist. Es zeigt, dass man das Recht des anderen nicht akzeptiert, überhaupt eine Meinung zu irgendetwas zu haben. Und in diesem Sinne denke ich, es ist antidemokratisch und kann im Fall Israels sogar sehr antisemitisch sein. Diese Dinge sollten heute in Deutschland verhindert werden, weil Deutschland eine sehr demokratische und tolerante Gesellschaft geworden ist, und ich denke, es hat jedes Interesse daran, das zu bewahren.

Frage: Nach der Trump-Rede ist in Schweden eine Synagoge angegriffen worden. Droht nun auch Gewalt gegen jüdische Einrichtungen in Berlin oder anderswo in Deutschland?

Antwort: Ich hoffe nicht. Ich denke, die Haupt-Herausforderung ist es nun, die Diskussion von der Straße in die Führungsetagen der Politik zu verlagern und zu Gesprächen zwischen Israel und den Palästinensern zu kommen. Die beste Rolle, die Europa dabei einnehmen kann, ist, zum Zustandekommen solcher Gespräche beizutragen. (...)

Frage: Können Europa und Deutschland eine größere Rolle bei der Lösung der Nahost-Krise spielen?

Antwort: Das Wichtigste ist jetzt, die beiden Parteien zusammenzubringen. Sie müssen selbst eine Friedenslösung wollen, noch mehr als die außenstehenden Parteien. Ich finde, die Vereinigten Staaten haben dabei eine Rolle, und Europa kann auch dazu beitragen. (...) Das ist die eigentliche Rolle Europas: Zu versuchen, die Konfliktparteien zusammenzubringen, damit sie selbst die Entscheidungen treffen. (...) Erst zu einem späteren Zeitpunkt könnte vielleicht bei bestimmten Themen irgendeine Form der Vermittlung notwendig werden.

ZUR PERSON: Jeremy Issacharoff ist seit Ende August israelischer Botschafter in Berlin. Zuvor arbeitete er unter anderem als Diplomat bei den Vereinten Nationen in New York und in verschiedenen Funktionen im Außenministerium in Jerusalem. Den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu kennt der 62-Jährige seit mehr als 30 Jahren. Der in London geborene Issacharoff spricht zwar anders als sein Vorgänger noch kein Deutsch, aber perfekt Englisch mit britischem Akzent. Er ist verheiratet, hat eine Tochter und zwei Söhne.

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Oliver Harms 16.12.17 16:07
merkels schuld!
sie hat tür und tor für diese typen aufgerissen!
bezeichnet es als kulturbereicherung!!!