Neulich, am Strand: Nur für Rolf & Peter & Helga…

Neulich, am Strand: Nur für Rolf & Peter & Helga…

Nun hocke ich da und sollte eine amüsante Kolumne schreiben. Doch irgendwie läuft es nicht so, wie ich es will. Ich habe so viele Beobachtungen oder Begebenheiten gesehen und gehört, dass ich mit links ein dickes Buch schreiben könnte. Thailand ist voll mit Besuchern, die sich über den Tisch ziehen lassen. Dies immer wieder auf erheiternde Art und Weise.

Die Thais lassen diesbezüglich ihrer Kreativität freien Lauf und improvisieren, was das Zeug hält, um sich ein Stück vom Kuchen abschneiden zu können. Hinzu kommen die Farangs, die mit ihrer mitgebrachten Unbekümmertheit es den Ladys sehr, sehr leicht machen, ihre Ziele zu erreichen. Ein wunderbares Sammelbecken zum Geschichten fischen. Doch heute zermartere ich mir mein Hirn, es will einfach nichts Brauchbares zum Schreiben kommen. Ich habe mich vermutlich zu sehr mit einigen Kommentaren zu den letzten Episoden beschäftigt.

„Was ist denn los?“, will meine Frau wissen. Sie hat bemerkt, dass ich mich zunehmend ärgere. „Ich bringe nix hin, Schreibblockade!“, antworte ich. „Du hast doch so viele Notizen, Schreibblöcke vollgeschrieben mit Stichwörtern, Fress­zettel überall. Da wird doch wohl was Taugliches übrig sein“, meint sie und fügt noch hinzu: „Dann kann ich ja endlich die Sauerei aufräumen. Es sieht ja furchtbar aus hier!“ „Mein Schreibtisch ist und bleibt tabu. Fremdaufräumen nur über meine Leiche!“, versuche ich das Thema erst gar nicht aufkommen zu lassen. „Dann schreib was über die beiden Schwulen, die seit zwei Wochen da sind. Die treiben doch jeden Abend die Sauen durchs Dorf“, schlägt sie vor. „Geht nicht. Dann zerlegen mich die Schwulen, wenn sie es lesen“, lehne ich ab. „Dann nimm die Ladys und den Norweger aus der Bar gegenüber. Er soll eine Dame mit 30.000 Baht bedacht haben. Das ist doch was.“ „Geht auch nicht. Dann würde ich mir ja einen Spaß aus dem Unglück anderer machen“, gebe ich zu bedenken. „Spinnst du?“, MEINE Frau sieht mich streng an. „Ein Kommentator meint, man darf sich nicht über andere lustig machen.“ Bedrückt schaue ich sie an. Zudem sollte ich nicht mehr „meine Thai“ oder „meine Frau“ verwenden. Es könnte so aussehen, als ob ich ein neues Auto gekauft habe.“ „Die Redewendung ‚mein(e) Frau/Mann‘ ist seit Jahrhunderten in unserem Sprachgebrauch“ wende ich ein. „Wenn dein Kommentator das so sieht, ist es seine Sache. Der kann kaufen, was er will“, braust MEINE Frau auf und schüttelt den Kopf. Als wolle sie sagen: „Wie kann man nur…?“ „Also, was soll ich denn nun schreiben?“ Händeringend, der Verzweiflung nahe sitze ich vor dem leeren Bildschirm. „Weißt du was? Saug dir was aus den Fingern“, schlägt meine beste Ehefrau vor. „Da hat doch auch einer gemeint, es seien erfundene Geschichten gewesen, weil man gar nicht so bescheuert sein könne.“ Ja das ist es! Ich werde einmal versuchen, etwas zu erfinden.

Doch nach 10 Minuten ist noch immer keine Zeile vorhanden. „Geht nicht“, stelle ich fest. „Eine Story einfach an den Haaren herbeizuziehen funktioniert nicht“, resigniere ich. „Es spielt ja eh keine Rolle, ob fiktiv oder nicht. Du schaust zu sehr auf die Stänkerer“, gibt meine Frau zu bedenken. „Zudem gehören die Stänkerer und Nörgler auch zu deinen Geschichtenlieferanten. Ohne die, wäre die Suppe ohne Salz.“ Da hat sie Recht. Ohne die schrägen Ansichten einiger spezieller Mitbürger wäre das Leben wirklich fade. Ich frage mich nur, ob ich das nun verwenden kann, ohne von ‚Spaßexperten‘ zerrissen zu werden. Dass es Thai-Spezialisten und ThailandVersteher gibt, bei denen jeglicher Widerspruch zwecklos ist, wissen wir alle. Es gibt halt Leute, die nur ihre eigene Sicht der Dinge kennen wollen. Da kennt man kein Pardon. Toleranz, eine Kernkompetenz der Thais, bei gewissen Farangs - Fehlanzeige! Nur immer die eigene Sicht gelten lassen. „Und da wir gerade dabei sind, kann ich dir auch gleich den Kopf waschen. Dauernd versuchst du, die perfekte Story zu schreiben. Dabei lesen völlig unterschiedliche Leute die Kolumne. Logisch, sind da immer wieder solche dabei, denen etwas nicht gefällt, warum auch immer“, streng sieht sie mich an. „Ja, klar. Aber das sollte ja bekannt sein, dass man nicht für jeden Leser eine eigene Ausgabe schreiben kann, nämlich genau die, die ihm genehm ist“, verteidige ich mich. „Es gibt immer Leute, denen etwas nicht passt. Mach dir nichts draus, und nun, schreib mal was Gutes!“, sagt sie und lässt mich hängen. „Ha, schreib mal was Gutes“, fluche ich verärgert leise vor mich hin.

Gut, dann werde ich nun eine Geschichte schreiben, die es in sich hat. Wenn ein Leser schon den FARANG kauft, dann wird er ja auch den Anspruch erheben, eine lustige, ihm genehme Story vorgesetzt zu bekommen. Schließlich hat er ja dafür bezahlt. Wenn er denn nicht ein Gratisexemplar ergattert hat, so denken wenigstens einige. Ich überlege mir aber auch, dass ein solcher Leser für die früheren Ausgaben dieser Lektüre Schadenersatz einfordern müsste. Bevor es diese Kolumne gab, kostete diese Zeitschrift nämlich gleich viel.

Also schreibe ich für alle anderen, für Rolf, Emma, Helga, Peter usw. nun eine super Story. Nicht für die Stänkerer. Nein, diese sollen wegschauen. Was nun folgt, ist nur für die, die etwas Verstand im Gebrauch haben. Ich beschließe, die Kommentatoren in meine geis­tige Tonne zu schmeißen und lege los. Doch da kommt nix. „Weißt du was? Ich gehe mit meinen Kumpels einen trinken. Heute wird das nix mit Schreiben“, gebe ich auf und verabschiede ich mich zuhause. „Mit wem gehst du?“, will MEINE Frau wissen. „Mit dem Nikolaus und James Bond“, flunkere ich. „Aha, das wird mir was werden. Kommst du zum Essen?“, fragt sie noch. „Nein, vermutlich nicht. Wir gehen ins Restaurant und lassen uns den Osterhasen grillen.“ „Dann gibt es nächstes Jahr keine Ostern“, meint sie noch. „Na und? Wer glaubt denn an den Osterhasen?“, rufe ich den Gang hinunter. „Na, einen Spinner wird es sicher noch haben!“, höre ich noch, bevor die Lifttüre aufgeht und ich mich vor dem Schreibstau-Gespenst in Sicherheit bringe. Und nun werden vermutlich wieder einige darüber spekulieren, ob ich James Bond und den Nikolaus wirklich kenne. Wenigstens habe ich mit dieser Episode keinem Pedell aus dem Moralpalast auf den Füßen herum getreten (oder etwa doch???).

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