Neulich, am Strand: Gute Nacht

Neulich, am Strand: Gute Nacht

Hundemüde lasse ich mich ins Bett fallen. Dass ich gestern, nach gemeinsamen Fußballwatching in der Stammkneipe, erst um halb 4 Uhr in der Frühe heimgekommen bin, hat mich aus meinem Rhytmus geworfen. Zudem war der Tag auch anstrengend. Mein Besuch aus der Heimat will betreut sein.

Ich bin derzeit auch noch Reiseleiter. Doch das geht vorüber. Fußball bis in alle Hergottsfrühe, dazu etliche Biere, einige sonst schon zwischendurch über den Tag verteilt. Dann die Streifzüge mit meinen Heimatkumpanen durch die Stadt. Auch nicht gerade auf staubtrockenem Terrain, ja das kann den alten Mann schon stressen. Wenn es wenigstens mal etwas anderes als immer nur Bier zu saufen gäbe. Schlimm. Aber da geht man durch. Weil es ja nicht anders geht! Das Rentnerleben im Paradies ist halt richtig anstrengend. Daheimgebliebene verstehen sowas halt nicht. Kommt nur her. Ihr werdet schon sehen, ha! Ich drücke das Kissen zurecht und versenke meinen Kopf darin. „Woau“, der langersehnte Moment des Pennens ist gekommen. Ab, ins Reich der Träume.

Irgendwo in der Nähe läuft ein Fernseher, laut. Nein, sehr laut. Das hat mir gerade noch gefehlt. Und mein Nachbar hat auch wieder einen Raucherhustenanfall. „Hust, hust“, dazwischen das Geballere des Films im TV. „Bäng, bäng, Boum. Geschrei: Ouäh, dramatische Begleitmusik.“ Ich versuche wegzuhören. In der Bar gegenüber beginnt eine Party. Gelächter, Schreie durcheinander, Musik volles Rohr, alte Hits der 70er und 80er. Eigentlich genau mein Stil. Doch bitte nicht jetzt. Das Fens­ter taugt auch nicht als Schallhemmer. Zu laut. „Bäng, bäng, hust, hust“, dazu nun „T.Rex“ und „Status Quo“. Ich ertappe mich, dass ich mit dem Fuss im Rhytmus der Songs mitwippe. Scheiße, ich will meine Ruhe haben. Schlafen, nur schlafen. In der Wohnung über mir kommt das Pärchen nach Hause. He­rumtreten, „bom, bom, bom“, es erzittert mein Bett bei jedem Schritt. „Eigentlich wird da oben nur nicht gerade he­rumgelaufen, wenn sie in der Dusche stehen, oder im Bett liegen“, ärgere ich mich. Kurz: Nach ausgiebigem Duschen, wird tatsächlich schwer im Bett gearbeitet. Voller Körpereinsatz. „Na, ja. Wenigstens trampeln sie nicht herum“, denke ich. Ich stopfe mir die Ohren mit Wachskugeln zu. Doch es hilft nur mäßig.

Ich will doch nur schlafen!

Inzwischen hat ein Pick-up an der Beach Road, keine 50 Meter weit entfernt einen Parkplatz gefunden. Türen auf, Lightshow an, Gedröhne an. Musik kann man den Basspauken-, Trillerpfeiffenlärm nicht nennen. Die Fenster beginnen zu vibrieren und klappern im Takt. „Soll ich nun aufstehen und die Fenster besser befestigen?“, ratschlage ich. Immerhin übertönt es das Liebesgestöhne von oben. Eine Thai steht vor der Bar, in der die Party steigt, und telefoniert. Eigentlich. Im Grunde genommen schreit sie aber so laut in ihr iPhone, dass ihre Mutter im Isaan sie auch so hören sollte. „Na, was soll's. Wird vorbeigehen. Wie die Rackerei von oben. Der alte Herr hat noch nie lange durchgehalten“, beruhige ich mich selber. Husten des Nachbarn, Filmmusik, Party vor dem Fenster, Discocar ein paar Meter weiter, telefonierende Schrei-Thai - HILFE! Ich will doch nur schlafen. BITTEEE!

Nach ein paar Minuten beginnen mir die Ohren zu schmerzen. Also raus mit der Wachspaste. Hat auch nichts gebracht. Wenn ich nicht so hundemüde wäre, ginge ich selber auf die Party. Dann würde ich mir die Laterne so füllen, dass ich eine an mir vorbeiziehende Militärparade verpennen würde. Die Fete wird immer turbulenter. „Highway to hell“, alle gröhlen mit. „Da, taa, tam. Da, taa, tadaa“, schreien die Farangs den Song „Smoke on the water“. Die Ladys kreischen durcheinander. Das wilde Geschrei wirkt wie Hühnergega­ckere. Mein Nachbar hustet sich die Lunge aus dem Laib. „Nimm 'ne Zigarette. Das beruhigt den Juckreiz“, empfehle ich ihm im Geiste. Am Strand wird ein Feuerwerk gezündet. „Ratsch, bum, päng.“ Die schlafenden Hunde am Strand schrecken auf. Bellen wild durcheinander. Eine ganze Meute. „Was, ihr habt bis jetzt verschlafen?“, fluche ich eifersüchtig. Wie kann man in solchem Trubel pennen? Selbst wenn man ein Hund ist. Unverschämt.

Inzwischen dröhnt die Stranddisco, die Party in der Bar, Mama im Isaan versteht ihre Tochter immer noch nicht. Aber es bessert sich. Der Alte oben hatte wirklich keine Kondition. Wie erwartet ist nach ein paar Minuten Ruhe eingekehrt. Der Film im TV ist auch zu Ende gegangen und allzuviel Kohle wollen die Feuerwerker auch nicht verpulvern. Auch da ist Entwarnung. Die Farangs jaulen „Hei tonight“. Auf der Beach Road kommt eine Polizeipatrouille mit Sirene dahergejagt. Von weither ist sie zu hören. Blitzartig verstummt die Pick-up-Disko. In der Bar wird die Musik leise gedreht. Herrlich, diese Ruhe plötzlich. Nur ein paar Hunde heulen mit der Sirene. Die Thai steht immer noch mitten in der Straße und beschreit ihr Telefon. „Nun müsste Mama endlich alles verstehen!“, stelle ich befriedigt fest. Die Polizei rast vorbei. Von der Schrei-Thai wollen sie anscheinend nichts. Doch die Musik wird nicht gleich wieder aufgedreht. Da sind noch zwei weitere Cops auf ihren Motorrädern. Die fahren von Party zu Party. Es ist schon fast 4 Uhr mittlerweile. Wirklich Zeit zum Schlafenge-hen. Wenn ich nämlich morgen verkatert daherkomme, höre ich dann wieder Sprüche wie: „Du solltest halt auch schlafen, wenn du mal früh ins Bett gehst.“

Überzeugen Sie sich von unserem Online-Abo:
Die Druckausgabe als voll farbiges PDF-Magazin weltweit herunterladen, alle Artikel vollständig lesen, im Archiv stöbern und tagesaktuelle Nachrichten per E-Mail erhalten.
Pflichtfelder
Jack Norbert Kurt Leupi 21.11.16 13:12
Das "Paradise" /Herr Prinz
" Das Paradise ist heute miese "! Nein, das ehemalige Paradies ist heute , unter welchen Einflüssen auch immer , teilweise zur Hölle geworden ! Statt Qualitätstouristen tummeln sich immmer mehr Luzifers und Satane am Strand der braungelbgrünen Brühe ! Und nicht erst " neulich " !
Prinz 21.11.16 11:39
;-) Paradise
und Heute alles von vorne ;-) deshalb lieben wir das Paradise :-)))