Nahostkrise: Aktuelles Geschehen am Dienstag

Nahostkrise: Aktuelles Geschehen am Dienstag

Galant: Bei Rafah-Einsatz kompromissbereit im Falle eines Geisel-Deals

TEL AVIV: Israels Armee ist nach Angaben des israelischen Verteidigungsministers Joav Galant bereit, im Falle eines Abkommens über die Freilassung von Geiseln bei der Offensive in Rafah Kompromisse einzugehen. «Aber wenn diese Option wegfällt, werden wir weitermachen und den Einsatz vertiefen», sagte Galant nach Angaben seines Büros am Dienstagabend. Dies gelte für das gesamte Küstengebiet. Der militärische Druck werde zur Zerschlagung der Hamas führen.

Am Montag habe Galant die Armee angewiesen, nach Rafah vorzurücken und den Grenzübergang zu übernehmen. Die Stadt liegt im Gazastreifen an der Grenze zu Ägypten. Israels Militär übernahm die Kontrolle des Grenzübergangs auf palästinensischer Seite. «Dieser Einsatz wird fortgesetzt, bis wir die Hamas im Gebiet von Rafah und im gesamten Gazastreifen eliminiert haben oder bis die erste Geisel zurückkehrt.»

Israel und die islamistische Hamas verhandeln derzeit indirekt über eine Waffenruhe im Gaza-Krieg sowie die Freilassung von Geiseln im Gegenzug für palästinensische Häftlinge. «Wir sind bereit, Kompromisse einzugehen, um Geiseln zurückzuholen», so Galant.


Weißes Haus nach Gesprächen mit Israel: Einsatz in Rafah ist begrenzt

WASHINGTON: Die US-Regierung setzt nach Gesprächen mit Vertretern Israels darauf, dass es sich beim Vorrücken der Armee auf die Stadt Rafah im südlichen Gazastreifen um einen «begrenzten» Einsatz handelt. «Wir haben unsere Bedenken hinsichtlich einer größeren Bodenoperation im Gazastreifen, die die Flüchtlinge, die sich noch immer dort aufhalten, in große Gefahr bringen würde, immer wieder deutlich gemacht, und daran hat sich nichts geändert», sagte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrats, John Kirby, am Dienstag. Washington sei aber in Gesprächen mit Vertretern Israels versichert worden, dass es sich um eine «Operation von begrenztem Umfang, Ausmaß und Dauer» handele, die darauf abziele, «die Fähigkeit der Hamas, Waffen über die Grenze von Rafah zu transportieren, zu unterbinden». Kirby betonte, man beobachte das weitere Vorgehen.

Mit Blick auf die Verhandlungen über ein Geiselabkommen mit der islamistischen Hamas sagte Kirby, dass er davon ausgehe, dass die bestehenden Lücken zwischen den Standpunkten beider Seiten geschlossen werden könnten. «Wir werden alles in unserer Macht Stehende tun, um diesen Prozess zu unterstützen und dieses Ergebnis zu erreichen», sagte Kirby. Details wollte er auf Nachfrage nicht nennen. «In dieser sehr heiklen Phase und zu einem sehr sensiblen Zeitpunkt, an dem wir uns in den Verhandlungen befinden, halte ich es für das Beste, die Verhandlungsführer die bestehenden Lücken schließen zu lassen.» Mit Blick auf den Text gehe man aber davon aus, dass das möglich sei.

In Ägypten verhandeln Israel und die islamistische Hamas derzeit indirekt über eine Waffenruhe im Gaza-Krieg sowie die Freilassung von Geiseln im Gegenzug für palästinensische Häftlinge. Katar, Ägypten und die USA agieren dabei als Vermittler. Die Hamas hatte am Montagabend ihre Zustimmung zu einem Verhandlungsvorschlag über eine Waffenruhe im Gaza-Krieg erklärt. Nach Darstellung des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu hat die Hamas jedoch versucht, mit der Zustimmung zu einem neuen Verhandlungsvorschlag die israelische Offensive in Rafah zu torpedieren.


Netanjahu: Hamas wollte mit Ja zu Vorschlag Rafah-Einsatz verhindern

TEL AVIV: Die Hamas hat nach Darstellung des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu versucht, mit der Zustimmung zu einem neuen Verhandlungsvorschlag die israelische Offensive in Rafah zu torpedieren. «Dies ist nicht geschehen», sagte Netanjahu in einer Videobotschaft am Dienstagabend. Militärischer Druck auf die Hamas sei bereits beim vergangenen Abkommen im November eine Voraussetzung dafür gewesen, dass aus Israel Entführte zurückgekehrt seien, so Israels Regierungschef. Das aktuelle Angebot der Islamisten sei weit entfernt von den «notwendigen Anforderungen» Israels. Dazu zähle auch die Gewährleistung der Sicherheit seines Landes.

Er habe das israelische Verhandlungsteam, das sich derzeit in Kairo befinde, angewiesen, an Israels Bedingungen festzuhalten, teilte Netanjahu weiter mit.

In Ägypten verhandeln Israel und die islamistische Hamas derzeit indirekt über eine Waffenruhe im Gaza-Krieg sowie die Freilassung von Geiseln im Gegenzug für palästinensische Häftlinge. Katar, Ägypten und die USA agieren dabei als Vermittler. Die Hamas hatte am Montagabend ihre Zustimmung zu einem Verhandlungsvorschlag über eine Waffenruhe im Gaza-Krieg erklärt.

Israelische Soldaten rückten in der Nacht zu Dienstag in Teile Rafahs im Gazastreifen vor. Die Stadt liegt an der Grenze zu Ägypten. Die Armee übernahm dort eigenen Angaben nach auch die Kontrolle des Grenzübergangs auf palästinensischer Seite. Der Einsatz in Rafah zielt nach Angaben des israelischen Regierungschefs darauf ab, die Geiseln zu befreien sowie die Hamas zu zerschlagen. Die Einnahme des Grenzübergangs sei ein «sehr wichtiger Schritt» auf dem Weg dorthin, sagte Netanjahu.


Türkei fordert sofortigen Rückzug Israels aus Rafah

ISTANBUL: Die Türkei hat Israel zum sofortigen Rückzug aus der Stadt Rafah im Gazastreifen aufgefordert. «Israel muss sich sofort von der Seite des Grenzübergangs Rafah in Gaza zurückziehen. Der Status quo in Rafah und am Grenzübergang muss ohne weitere Verzögerung wiederhergestellt werden», teilte der Sprecher des türkischen Außenministeriums, Öncü Keceli, am Dienstag auf der Plattform X, vormals Twitter, mit.

Israels Streitkräfte sind in der Nacht zu Dienstag in Teile Rafahs in dem abgeriegelten Küstenstreifen vorgerückt und haben damit Sorgen vor einer folgenschweren Militäroffensive befeuert.

Vor dem Hintergrund der indirekten Verhandlungen über eine Waffenruhe mit der islamistischen Hamas warf Keceli Israel vor, nicht vertrauenswürdig zu handeln. Die Hamas hatte am Montagabend ihre Zustimmung zu einem Verhandlungsvorschlag über eine Waffenruhe im Gaza-Krieg erklärt. «Angesichts dieser positiven Entwicklung hin zur Beendigung der Zerstörung und des Massakers in Gaza haben die zunehmenden Angriffe Israels auf Rafah erneut gezeigt, dass die Netanjahu-Regierung nicht in gutem Glauben handelt», so der türkische Sprecher. Nach israelischen Angaben entspricht der von der Hamas angenommene Vorschlag allerdings nicht den israelischen Forderungen. Israels Militär sagte, man prüfe den Vorschlag.

Die Türkei und ihr Präsident Recep Tayyip Erdogan haben Israel seit Beginn des Gaza-Kriegs immer wieder rhetorisch scharf angegriffen. Vergangene Woche hatte die Türkei zudem alle Handelsbeziehungen mit Israel eingestellt.


Hamas richtet drei angebliche Kollaborateure in Rafah hin

GAZA/TEL AVIV: Mitglieder des militärischen Arms der Terrororganisation Hamas haben am Dienstag im Westen der Stadt Rafah im Gazastreifen drei Palästinenser wegen angeblicher Kollaboration mit Israel hingerichtet. Weitere Details zum Tod der drei Männer wurden von den Kassam-Brigaden zunächst nicht mitgeteilt. Israelische Truppen waren in der Nacht zum Dienstag in den östlichen Teil der Stadt Rafah vorgedrungen.

Israels Ziel ist es, die militärischen und die Regierungsfähigkeiten der Hamas im Gazastreifen zu zerstören. Hintergrund ist das beispiellose Massaker mit mehr als 1200 Toten, das Terroristen der Hamas und anderer extremistischer Organisationen am 7. Oktober vergangenen Jahres im israelischen Grenzgebiet angerichtet hatten.

Die Hamas will die Kontrolle des Gazastreifens bewahren, die sie 2007 an sich gerissen hatte. Die rivalisierende Fatah-Organisation des palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas war damals von der Hamas aus dem Gebiet vertrieben worden. Die Fatah und die Hamas sind erbitterte Rivalen.


Paris wirft Iran Festhalten von Franzosen als «staatliche Geiseln» vor

PARIS: Frankreich hat dem Iran vorgeworfen, mehrere französische Staatsbürger bereits über Jahre willkürlich festzuhalten. Das Außenministerium in Paris forderte am Dienstag die sofortige und bedingungslose Freilassung von zwei französischen Touristen, die vor zwei Jahren im Iran unter Spionagevorwürfen festgenommen wurden und seitdem festgehalten werden. Außerdem müssten zwei weitere französische Staatsbürger freikommen, die ebenfalls seit Längerem von Teheran festgehalten werden.

«Frankreich verurteilt diese staatliche Geiselpolitik und die ständige Erpressung durch die iranischen Behörden», teilte das Außenministerium in Paris mit. «Frankreich verurteilt die abscheuliche Praxis der Islamischen Republik, erzwungene und öffentliche Geständnisse abzulegen, sowie die unmenschlichen und unwürdigen Haftbedingungen, die unseren Landsleuten zugefügt wurden.» Das Ministerium erinnerte auch an die anderen europäischen Geiseln, die im Iran unschuldig im Gefängnis säßen und absurden Anklagen und Scheinprozessen ausgesetzt seien.

Im vergangenen Oktober hatte eine im Iran inhaftierte französische Wissenschaftlerin nach Frankreich zurückkehren können, die nach ihrer Festnahme wegen Gefährdung der nationalen Sicherheit und Verbreitung regimefeindlicher Propaganda zu fünf Jahren Haft verurteilt worden war. Ein gleichzeitig festgenommener und inhaftierter Kollege der Wissenschaftlerin war im Zuge eines Gefangenenaustausches bereits früher freigekommen.


Baerbock warnt Israel vor Großoffensive in Rafah

DENPASAR/INDONESIEN: Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hat Israel vor einer Großoffensive in der Stadt Rafah im Gazastreifen gewarnt. «Eine Million Menschen können sich nicht in Luft auflösen. Sie brauchen Schutz», schrieb die Grünen-Politikerin am Dienstag auf dem Rückweg von ihrer Indopazifik-Reise nach Berlin auf X (früher Twitter). «Sie brauchen dringend weiter humanitäre Hilfe.» Dafür müssten die Grenzübergänge Rafah und Kerem Schalom unverzüglich wieder geöffnet werden.

Israels Streitkräfte sind in der Nacht zu Dienstag in Teile der Stadt Rafah in dem abgeriegelten Küstenstreifen vorgerückt und haben damit Sorgen vor einer folgenschweren Militäroffensive befeuert.


Hisbollah feuert gleichzeitig mehrere Drohnen auf Israel ab

BEIRUT/TEL AVIV: Die proiranische Hisbollah im Libanon hat nach eigenen Angaben gleichzeitig mehrere Angriffsdrohnen auf Ziele im Norden Israels abgefeuert. Sie hätten unter anderem auf israelische Soldaten in Jiftach gezielt, erklärte die Schiitenmiliz am Dienstag. Andere Drohnen seien auf Plattformen des israelischen Raketenabwehrsystems Iron Dome südlich von Ramot Naftali abgefeuert worden. Darüber hinaus reklamierte die Hisbollah weitere Angriffe auf israelische Ziele für sich.

Das israelische Militär erklärte, mehrere verdächtige Flugobjekte in der Luft registriert zu haben. Sie sollen sich israelischem Territorium genähert haben. Das Luftabwehrsystem habe eines der Objekte erfolgreich abgefangen. Andere Objekte seien unter anderem in offenes Gebiet gestürzt. Es habe leichte Schäden, aber keine Verletzten gegeben, teilte Israels Armee mit. Weiterhin habe das Militär eine «Bedrohung» aus Richtung des libanesischen Orts Alma Al-Schaab beseitigt.

Bei einem Drohnenangriff der Hisbollah wurden am Montag zwei israelische Reservisten getötet. Die israelische Armee teilte am Dienstag mit, die beiden 31-jährigen Soldaten seien am Vortag bei einem Vorfall an der Nordgrenze ums Leben gekommen. Die mit Sprengstoff beladene Drohne hatte am Montag ein Gebäude in der Stadt Metulla angegriffen. Nach Medienberichten war es der Armee nicht gelungen, den unbemannten Flugkörper abzufangen. Die Hisbollah hatte den Angriff für sich reklamiert.

Seit Beginn des Gaza-Kriegs vor sieben Monaten kommt es an der Grenze zu militärischen Konfrontationen von Israels Armee und der Hisbollah-Miliz im Libanon. Dabei gab es auf beiden Seiten schon Todesopfer. In Ortschaften auf beiden Seiten der Grenze hat der gegenseitige Beschuss schwere Zerstörungen angerichtet. Rund 150.000 Menschen wurden evakuiert oder haben die Kampfzone verlassen.


Phil.Cologne debattiert über Israel und Gaza

KÖLN: Der Israel-Gaza-Krieg ist im kommenden Monat ein zentrales Thema des Philosophie-Festivals Phil.Cologne in Köln. So diskutieren der israelische Soziologe Natan Sznaider und der Schriftsteller Navid Kermani Friedensperspektiven für die zerrissene Region.

Der ehemalige israelische Botschafter in Deutschland, Avi Primor, erörtert die Kriegsführung Israels und der Hamas und beschäftigt sich mit der Frage, ob der Konflikt jemals friedlich beigelegt werden kann. Auch die französisch-israelische Soziologin Eva Illouz, eine scharfe Kritikerin des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu, bespricht die Lage im Nahen Osten.

Wie die Veranstalter am Dienstag mitteilten, umfasst die Phil.Cologne dieses Jahr erstmals 40 Veranstaltungen. Mitwirkende sind unter anderem der Kunstfälscher Wolfgang Beltracchi, der ehemalige Bundestagspräsident Norbert Lammert und die Soziologen Steffen Mau und Hartmut Rosa. Das Festival dauert vom 11. bis zum 18. Juni.


Ägypten verurteilt Israels Militäraktion in Rafah

KAIRO: Ägypten hat das Vorrücken der israelischen Armee auf die Stadt Rafah im südlichen Gazastreifen aufs Schärfste verurteilt. Das Außenministerium in Kairo sehe darin eine «gefährliche Eskalation, die das Leben von mehr als einer Million Palästinenser» bedrohe, wie es in einer Erklärung vom Montag hieß. Ägypten rufe die israelische Seite dazu auf, ein Höchstmaß an Zurückhaltung zu üben und nicht mit dem Feuer zu spielen.

Israels Nachbarstaat befürchtet unter anderem, es könnte bei einer großangelegten Offensive in Rafah zu einem Ansturm von Palästinensern über die Grenze kommen. In Rafah liegt der Grenzübergang vom Gazastreifen nach Ägypten, es ist auch ein wichtiges Tor für humanitäre Hilfslieferungen in den abgeriegelten Küstenstreifen. Aus ägyptischen und palästinensischen Sicherheitskreisen hieß, dass der Verkehr am Grenzübergang bereits gestoppt wurde. Ein Vertreter des ägyptischen Roten Halbmondes sagte der Deutschen Presse-Agentur außerdem, dass auch die Einfuhr in den Gazastreifen von humanitärer Hilfe vorerst eingestellt wurde.

Israels Streitkräfte sind am Dienstagmorgen in Teile der Stadt Rafah im abgeriegelten Küstenstreifen vorgerückt und haben damit Sorgen vor einer folgenschweren Militäroffensive befeuert. Der Grenzübergang Rafah nach Ägypten sei auf der palästinensischen Seite unter «operativer israelischer Kontrolle», teilte ein ranghoher israelischer Militär mit. Auf Videoaufnahmen der Armee war zu sehen, wie Panzer in den Grenzbereich von Rafah einrollten. Auf einem der Panzer wehte eine israelische Nationalflagge.

Im Kampf Israels gegen die islamistische Hamas im Gazastreifen ist eine Offensive auf Rafah seit Längerem geplant. International gibt es Sorgen, dass der Militäreinsatz folgenschwere Konsequenzen insbesondere für die Zivilbevölkerung haben könnte. Das israelische Kriegskabinett entschied am Montag, den Militäreinsatz in Rafah fortzusetzen, um den militärischen Druck auf die Hamas zu erhöhen und die eigenen Kriegsziele durchzusetzen.


UN: Israels Militäraktion könnte Kriegsverbrechen darstellen

GENF: Die humanitären Organisationen der Vereinten Nationen haben Israels Vorrücken in Rafah im Süden des Gazastreifens verurteilt. Für die zur Räumung bestimmter Zonen in Rafah aufgeforderte Zivilbevölkerung gebe es keine sicheren Routen Richtung Norden und keine sicheren Zufluchtsorte mit ausreichend Sanitäranlagen und Nahrungsmittelversorgung. Dies seien Grundvoraussetzungen für Evakuierungen, sagte die Sprecherin des UN-Menschenrechtsbüros, Ravina Shamdasani, am Dienstag in Genf. Wenn diese nicht erfüllt seien, handele es sich um Zwangsumsiedlungen, die Kriegsverbrechen darstellen könnten. «Es gibt starke Anzeichen dafür, dass (diese Militäroperation) auf eine Weise ausgeführt wird, die das internationale Völkerrecht verletzt», sagte sie.

«Dieser Morgen ist einer der dunkelsten in diesem sieben Monate langen Albtraum», sagte der Sprecher des UN-Nothilfebüros OCHA, Jens Laerke, weil Israel die beiden wichtigsten Grenzübergänge geschlossen hat, über die bislang humanitäre Hilfe in den Gazastreifen gebracht wurde, Rafah und Kerem Schalom. Über den vor nicht langer Zeit geöffneten Übergang in Erez im Norden könnte nur ein Bruchteil der nötigen Hilfe in den Gazastreifen gebracht werden. Die israelischen Streitkräfte hätten alle Warnungen über die Auswirkungen auf die Zivilbevölkerung ignoriert. «Panik und Verzweiflung breiten sich aus. Die Menschen sind total verängstigt.» Es gebe kaum Lagerbestände, weil ankommende humanitäre Hilfe immer umgehend verteilt werde. Das Benzin für Generatoren und Lieferwagen reiche womöglich nur einen Tag.

«Unsere schlimmsten Befürchtungen sind jetzt offenbar Realität», sagte der Sprecher des UN-Kinderhilfswerks Unicef, James Elder. Nach seinen Angaben müssen Kinder mit amputierten Gliedmaßen, die wegen der Überfüllung der Krankenhäuser in Zelten hausten, sich nun auf den Weg Richtung Norden machen.


Delegationen treffen zu indirekten Gaza-Gesprächen in Kairo ein

DOHA/KAIRO: Eine katarische Delegation ist Flughafenkreisen zufolge am Dienstagmittag in der ägyptischen Hauptstadt Kairo eingetroffen. Am Nachmittag sind dort den Quellen zufolge auch Vertreter der islamistischen Hamas sowie CIA-Chef William Burns in Begleitung einer Delegation angekommen.

Das katarische Außenministerium hatte zuvor erklärt, dass die Vertreter aus Katar für weitere indirekte Verhandlungen zwischen Israel und der islamistischen Hamas nach Ägypten reisen würden. Es soll um eine Waffenruhe im Gaza-Krieg, die Freilassung von Geiseln und Häftlingen sowie die ungehinderte Lieferung humanitärer Hilfsgüter in den Gazastreifen gehen.

Nach Angaben des israelischen Militärs wird auch ein Team aus Israel an den neuen Vermittlungsgesprächen in Kairo teilnehmen. Katar, Ägypten und die USA agieren als Vermittler zwischen der Hamas und Israel, die keine direkten Verhandlungen miteinander führen.

Die Hamas hatte am Montagabend ihre Zustimmung zu einem Verhandlungsvorschlag über eine Waffenruhe im Gaza-Krieg erklärt. Nach israelischen Angaben entspricht dieser Vorschlag allerdings nicht den israelischen Forderungen. Das Militär sagte, man prüfe den Vorschlag.


Borrell: Israel hat Bodenoffensive begonnen - viele Tote zu befürchten

BRÜSSEL: Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell hat das Vorrücken israelischer Streitkräfte in Teile der Stadt Rafah im südlichen Gazastreifen scharf kritisiert. Es habe Bitten der internationalen Gemeinschaft, etwa von den USA und den EU-Staaten, an Israel gegeben, Rafah nicht anzugreifen. «Trotz dieser Warnung und dieser Aufforderung hat der Angriff gestern Abend begonnen», sagte der Spanier am Dienstag in Brüssel und sprach von einer Bodenoffensive. Ein israelischer Militärvertreter sagte am Dienstag zu den aktuellen Entwicklungen, es handele sich um einen «präzisen Anti-Terror-Einsatz in sehr begrenztem Umfang».

Borrell äußerte die Befürchtung, dass es wieder viele zivile Opfer geben werde, und verwies darauf, dass im Gazastreifen Hunderttausende Kinder lebten. Diese sollten zwar in «sogenannte sichere Zonen» gedrängt werden, führte er weiter aus. Borrell sagte aber: «Es gibt keine sicheren Zonen in Gaza.»

Borrell zeigte sich auch enttäuscht, dass Verhandlungen für einen Waffenstillstand vorerst offensichtlich gescheitert sind. Die Hamas habe diesen akzeptiert, Israel aber abgelehnt, so der 77-Jährige. Er betonte, dass die Lage sehr angespannt sei und jeden Moment explodieren könne.

Die Hamas hatte am Montagabend ihre Zustimmung zu einem Verhandlungsvorschlag über eine Waffenruhe erklärt. Nach israelischen Angaben entspricht dieser Vorschlag allerdings nicht den israelischen Forderungen. Wenige Stunden nach der Ankündigung der Hamas griff die israelische Armee am späten Montagabend Ziele im Osten von Rafah an. Am Dienstag hieß es vom Militär, der Grenzübergang Rafah nach Ägypten sei auf der palästinensischen Seite unter «operativer israelischer Kontrolle».


Staatssekretär: Sehen Israels Vorrücken auf Rafah mit Sorge

BRÜSSEL: Entwicklungsstaatssekretär Jochen Flasbarth hat das Vorrücken der israelischen Streitkräfte auf die Stadt Rafah im südlichen Gazastreifen als besorgniserregend bezeichnet. «Wir alle sehen mit Sorge (...) die Nachrichten, dass es eine weitere Zubewegung auf Rafah gibt», sagte der SPD-Politiker am Dienstag vor dem letzten Treffen der EU-Entwicklungsministerinnen und -minister vor den EU-Parlamentswahlen Anfang Juni in Brüssel. «Wir alle haben gesagt, dass Israel das Völkerrecht auch in dieser Kriegssituation respektieren muss und wir hoffen, dass das auch geschieht.»

Im Kampf Israels gegen die islamistische Hamas im Gazastreifen ist seit Längerem eine Militäroffensive auf Rafah geplant. International gibt es Sorgen, dass ein solcher Einsatz folgenschwere Konsequenzen insbesondere für die Zivilbevölkerung haben könnte. Derzeit rücken israelische Streitkräfte in Teile Rafahs vor. Ein ranghoher israelischer Militär teilte am Dienstag mit, der Grenzübergang Rafah nach Ägypten sei auf palästinensischer Seite unter «operativer israelischer Kontrolle». Zuvor waren die rund 100.000 Einwohner des östlichen Teils der Stadt an der Grenze zu Ägypten zur Evakuierung aufgerufen worden.


US-Firma soll Kontrolle über Rafah-Grenzübergang bekommen

TEL AVIV: Nach Ende des israelischen Militäreinsatzes in Rafah soll einem israelischen Medienbericht zufolge ein privates amerikanisches Sicherheitsunternehmen die Verwaltung des Grenzübergangs in der Stadt nahe Ägypten übernehmen. Darauf hätten sich Israel, die USA und Ägypten geeinigt, meldete die israelische Zeitung «Haaretz» am Dienstagabend. Um welches Unternehmen es sich konkret handeln soll, war zunächst unklar.

Israels Regierung wollte sich auf Anfrage nicht zu dem Bericht äußern. Der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrats in den USA, John Kirby, sagte, er wisse nichts davon.

Israels Militär war in der Nacht zu Dienstag in Teile Rafahs im Gazastreifen vorgerückt. Die Armee übernahm dort eigenen Angaben nach auch die Kontrolle des Grenzübergangs auf palästinensischer Seite.

Israel habe zugesagt, die Einrichtungen des Grenzübergangs nicht zu beschädigen, um den fortwährenden Betrieb sicherzustellen, schrieb die «Haaretz» weiter. Israel habe sich den Vereinigten Staaten und Ägypten gegenüber zudem verpflichtet, den Einsatz in Rafah zu beschränken. Ziel sei einzig, dass die Hamas keinerlei Kontrolle mehr über den Grenzübergang habe. Israel geht demnach davon aus, dass dies einen erheblichen Rückschlag für die Islamistenorganisation bedeute. Die Hamas könne so etwa keine Steuern mehr auf eintreffende Waren erheben.


Britische Bildungsministerin kritisiert Protestcamps an Universitäten

LONDON: Die britische Bildungsministerin Gillian Keegan hat propalästinensische Protestcamps an den Elite-Universitäten Oxford und Cambridge sowie an weiteren Hochschulen kritisiert. Seit dem Angriff der Terrororganisation Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 habe die Zahl der antisemitischen Vorfälle stark zugenommen, schrieb Keegan in der Zeitung «Daily Telegraph» (Dienstag). «Dies führt zu einer feindseligen und vergifteten Atmosphäre auf dem Campus.» Die Proteste verstärkten diese, während die Studierenden gerade mit den wichtigsten Prüfungen ihres Lebens begännen.

Am Montag hatten Studierende an den Universitäten Oxford und Cambridge Zelte aufgeschlagen und Protestbotschaften aufgestellt. Sie folgen ähnlichen Demonstrationen an US-Hochschulen. Die Studierenden fordern die Hochschulen auf, wegen der israelischen Offensive gegen den Gazastreifen auch indirekte Investitionen der Universität in Waffen und Rüstung zu verbieten. In einem offenen Brief solidarisierten sich mehr als 200 Professoren, Dozenten und weitere Beschäftigte der Uni Oxford mit dem Protestcamp. Auf einem Protestplakat, das der «Daily Telegraph» zeigte, waren zudem Parolen mit antisemitischem Anteil enthalten, etwa die Forderung, Investitionen in den «israelischen Genozid, die Apartheid und die Besatzung» zu unterbinden.

Die Regierung werde nicht wegschauen, wenn Jüdinnen und Juden leiden, schrieb Ministerin Keegan. «Die Rede- und Meinungsfreiheit ist für die akademische Gemeinschaft von entscheidender Bedeutung. Sie darf jedoch nicht dazu verwendet werden, zu schikanieren und einzuschüchtern oder den wichtigen Betrieb der Hochschulbildung erheblich zu stören.»

Die Universität Oxford teilte der britischen Nachrichtenagentur PA mit, sie respektiere das Recht von Studierenden und Beschäftigten auf freie Meinungsäußerung und friedliche Proteste. «Wir bitten alle, die daran teilnehmen, dies mit Respekt, Höflichkeit und Einfühlungsvermögen zu tun», hieß es. Auch in Liverpool und an der SOAS University of London errichteten Studierende Protestcamps. Ähnliche Aktionen liefen in Manchester, Sheffield und Newcastle.


Polizei beendet Proteste an Amsterdamer Universität - 125 Festnahmen

AMSTERDAM: Die Polizei hat ein Zeltlager von propalästinensischen Demonstranten an der Amsterdamer Universität gewaltsam geräumt. 125 Studenten seien vorläufig festgenommen worden, teilte die Polizei am Dienstag mit. Die meisten von ihnen wurden kurze Zeit später wieder auf freien Fuß gesetzt.

Studenten hatten am Vortag einige Zelte auf einem Campus der Universität aufgestellt. Sie forderten, dass die Universität alle Beziehungen zu Israel abbricht, als Protest gegen israelische Angriffe auf den Gazastreifen. Universitätsleitung und Polizei hatten die Demonstranten aufgefordert, das Gelände zu verlassen. Die meisten Demonstranten waren nach Polizeiangaben dem Aufruf gefolgt, doch etwa 125 Menschen hatten sich in dem Lager verschanzt. Am frühen Morgen durchbrach die Polizei die Barrikaden mit einem Schaufelbagger. Nach Angaben der Polizei hatten einige Demonstranten Steine und Feuerwerkskörper geworfen.

Bildungsminister Robbert Dijkgraaf bedauerte, dass die Polizei eingreifen musste. «Universitäten sind gerade Orte für Debatte und Dialog», sagte er in Den Haag. Proteste seien erlaubt, «doch das muss auf eine Art und Weise geschehen, die für jeden sicher ist».


Ausgefallener Frachter unterbricht Schiffsverkehr im Bosporus

ISTANBUL: Der Schiffsverkehr auf der Meeresstraße Bosporus in Istanbul ist wegen eines auf Grund gelaufenen Frachters am Morgen unterbrochen worden. Das Schiff habe einen Motorschaden gehabt, teilte die Küstensicherheit am Dienstag auf der Plattform X, vormals Twitter, mit. Der Bosporus wurde erst am Nachmittag wieder für den Schiffsverkehr geöffnet, wie die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu berichtete.

Fotos zeigten den etwa 230 Meter langen Frachter und im Hintergrund die weltberühmten Moscheen Hagia Sofia und Sultanahmet in der Altstadt Istanbuls.

Das Schiff Alexis sei auf dem Weg von der Ukraine nach Ägypten unterwegs, hieß es von der Küstensicherheit. Einem Sprecher zufolge hat das Frachtschiff Lebensmittel geladen.


Zwei Soldaten bei Hisbollah-Angriff an Israels Nordgrenze getötet

TEL AVIV/BEIRUT: Bei einem Drohnenangriff der libanesischen Schiitenmiliz Hisbollah auf Israel sind nach Militärangaben zwei israelische Reservisten getötet worden. Die israelische Armee teilte am Dienstag mit, die beiden 31-jährigen Soldaten seien am Vortag bei einem Vorfall an der Nordgrenze ums Leben gekommen. Die mit Sprengstoff beladene Drohne hatte am Montag ein Gebäude in der Stadt Metulla angegriffen. Nach Medienberichten war es der Armee nicht gelungen, den unbemannten Flugkörper abzufangen. Die Hisbollah hatte den Angriff für sich reklamiert.

Bei einem Luftangriff Israels im Libanon waren am Sonntag nach libanesischen Angaben vier Zivilisten getötet worden. Der Angriff ereignete sich im Ort Mais al-Dschabal nahe der gemeinsamen Grenze. Bei den Todesopfern handle sich um ein Elternpaar und deren zwei Söhne. Zwei weitere Menschen seien verletzt worden. Das angegriffene Haus sei stark beschädigt worden.

Seit Beginn des Gaza-Kriegs vor sieben Monaten kommt es an der Grenze zu militärischen Konfrontationen von Israels Armee und der Hisbollah-Miliz im Libanon. Dabei gab es auf beiden Seiten schon Todesopfer. In Ortschaften auf beiden Seiten der Grenze hat der gegenseitige Beschuss bereits schwere Zerstörungen angerichtet. Rund 150.000 Menschen wurden evakuiert oder haben die Kampfzone verlassen.


Rafah-Übergang im Gazastreifen unter israelischer Kontrolle

TEL AVIV: ? Das israelische Militär hat übereinstimmenden Medienberichten zufolge auf palästinensischer Seite des Grenzübergangs Rafah im Süden des Gazastreifens die Kontrolle übernommen. Die israelische Nachrichtenseite Ynet sowie die Zeitung «Haaretz» berichteten am Dienstag, israelische Truppen seien im Osten von Rafah im Einsatz und der Rafah-Grenzübergang nach Ägypten sei auf der palästinensischen Seite unter «operativer israelischer Kontrolle». Auch die zentrale Straße, die den Norden des Gazastreifens mit dem Süden verbindet, sei unter Kontrolle der israelischen Armee. Eine offizielle Bestätigung gab es dafür zunächst nicht.

International gibt es Sorgen, dass eine mögliche Bodenoffensive Israels in Rafah folgenschwere Konsequenzen insbesondere für die Zivilbevölkerung im umkämpften Gazastreifen haben könnte.

Ynet berichtete weiter, bei dem Einsatz der israelischen Armee in der Nacht seien 20 Terroristen getötet und drei Tunneleingänge entdeckt worden. Ein mit Sprengstoff präpariertes Auto, das in Richtung von Soldaten gefahren sei, sei zerstört worden. Die israelische Luftwaffe habe seit Beginn des Einsatzes 100 Ziele in dem Gebiet angegriffen. Unter israelischen Soldaten gebe es keine Opfer.

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