Götzenbildnis Geld

Götzenbildnis Geld

Ein Dreifachmordfall veranlasst einen Leser, sich mit dem Thema Geld auseinanderzusetzen:

Vor kurzem berichtete das DER-FARANG-Newsportal über einen schrecklichen Dreifach-Mord eines Familienvaters an seiner thailändischen Frau und ihrer zwei Teenagerkinder, die er adoptiert hatte in Deutschland. Sie hat ihn wohl verlassen wollen, da er ihr kein Geld mehr für die Familie gab/ geben konnte und sich einem Immobilienmakler zugewandt hatte, der die für die Familie wichtige finanzielle Lücke schließen konnte.

Der Artikel beschrieb die Tat und Umstände sehr ausführlich und in einem unbedeutenden Nebensatz wurde beiläufig mitgeteilt, dass der Mann einmal ein Brautgeld von 5.000 Euro bezahlt hatte, was als normal angesehen wurde. Die Kommentare, die ich dann las, waren zu meinem Erschre­cken lange und ausführlich auf das Geld fokussiert und weniger auf die schreckliche Mordtat. Im Gegenteil, es gab sogar einige zarte Verständnisbekundungen für den Mörder.

Lang und breit und hitzig ergab sich dann aber eine Diskussion wegen des Brautgeldes. Dabei wurde hauptsächlich angeführt, dass es fraglich sei, überhaupt etwas zahlen zu müssen, oder man zahlt und nimmt es dann wieder zurück, oder, man gibt erst gar kein Geld. Warum? Der Tenor lautete übereinstimmend, um es kurz auf den Punkt zu bringen: Thais sind geldgierig.

Wenn ich die Repetierung der unendlich flachen Attitüde – „Thais sind gierig“ – höre oder lese, so scheint mir das Wissen um die Befindlichkeit der Thais nicht sehr groß. Man möge mir dieses Urteil nachsehen, aber es ergibt sich mir so zwangsläufig. Es ist in Thailand Usus und Sitte, dass die Jüngeren die Älteren unterstützen, so wie die Eltern einmal Kraft und Geld aufgewandt haben, um die Kinder zu erziehen. Dazu benötigt man Geld, was ist falsch daran?

Bei einer Minirente von 500 bis 800 Baht/ Monat für die alten Eltern, wie sollen die ihren Lebensunterhalt damit bestreiten, wenn auch mal eine Reparatur des Hauses ansteht, Saatgut für die Felder gekauft werden muss, das dringend benötigte Moped oder der Pick-up kaputt ist? Möglicherweise auch noch ein Kleinkredit von ein paar Hundert Baht zu zahlen ist?

Der dickbäuchige und faltige Farang, der in Europa selbst für Geld keine Möglichkeit mehr hat, mit einer Dame zusammenzukommen, möchte ein junges Mädchen haben, möglichst im Enkelkinderalter und schlank soll sie auch sein. Dafür geht er in die Bar und zahlt ihr 1.000 bis 3.000 Baht/ Nacht. Er glaubt sich damit im Recht und etwas Gutes mit dem Geld getan zu haben. Nein, das Mädchen benötigt das Geld und einiges mehr ganz dringend fürs Leben ihrer Familie im Isaan. Davon will der Farang nichts wissen und nennt sie gierig, wenn sie nach weiterem Geld fragt.

Nur mal so als Denkanstoß, wie würde sich der Farang mit 25 Jahren fühlen, wenn eine Dame in seinem jetzigen Alter und mit seiner jetzigen Figur Sex mit ihm hätte haben wollen?

Geld ist, so habe ich es in vielen Jahren meiner Zeit in Pattaya mitbekommen, ein Götzenbildnis geworden. Das Verständnis dafür und die Einstellung dazu hat ein Leser in einem Satz zum Ausdruck gebracht: „Farang = ATM = Geld abheben, bis nix mehr geht!“ Was für eine simple Aussage.

Das ach so lieb gewonnene Geld, das für viele Farangs offensichtlich zum Wichtigsten in ihrem Leben wurde, wird am Lebensende zu einem Riesenproblem. Wenn der Farang dann auf dem Sterbebett feststellen muss, dass das letzte Hemd keine Taschen hat, weiß er, dass er den schnöden Mammon nicht mitnehmen kann. Dafür sieht er alle Thais um sein Bett herumstehen, die dann sein Geld bekommen werden. Der Gedanke daran lässt ihn noch nicht mal friedlich einschlafen.

Ist Geld alles? Macht Geld glücklich? Kann man sich zu Lebzeiten nicht eine wundervolle Zeit mit einer Lebensgefährtin machen, selbst wenn man mal wechselt, wenn das Geld lediglich als Mittel zum Zweck dient, das beide Partner glücklich und zufrieden sind im selbst eingerichteten schönen Leben?

Ingo Kerp, Korat

Der Leserbrief bezieht sich auf nachfolgenden Artikel: Ein Dreifachmord und seine Vorgeschichte

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Ingo Kerp 16.09.16 12:58
@Thomas Mohr
Es freut mich sehr, das Sie die Thais auch in einem anderen Licht sehen, als dem Pattaya-Ladybar-Licht.