Faszination Nong Khai

Tabakanbau in der Region um Tha Bo

Unterwegs am Mekong
Unterwegs am Mekong

THAILAND: Die verschlafene Provinzhauptstadt Nong Khai im Nordosten Thailands, direkt am Mekong in unmittelbarer Nachbarschaft zu Laos gelegen, ist nichts für Jünger einer Spaßgesellschaft, sondern eher etwas für die Vertreter einer Generation, die auf der Suche ist nach Ruhe und der Abgeschiedenheit einer Landschaft, die einlädt zu Besinnlichkeit und Müßiggang. Nong Khai bietet dieses und übt deshalb für viele Zeitgenossen eine besondere Faszination aus.

Lothar W. Brenne-WegenerZugegeben, eigentlich gehöre ich, zumindest was das Reisen betrifft, zu jenen Zeitgenossen, die alles im Voraus perfekt planen und nichts dem Zufall überlassen. Dass es aber zu jeder Regel eine Ausnahme gibt, an die man sich zudem noch gerne zurückerinnert, davon handelt der folgende Reisebericht. Es geht um einen überraschenden und eigentlich gar nicht eingeplanten Ausflug in den Nordosten Thailands, genauer gesagt in die Region um Nong Khai.

Zurück geht meine unverhoffte Tour auf meinen Masseur vom Dongtan Beach. Eines Tages überraschte er mich mit der Frage, ob ich ihn nicht einmal auf einer seiner Fahrten zu seiner Familie nach Nong Khai begleiten wolle.

Da ich den Nordosten des Landes bisher noch nicht für mich entdeckt hatte, sagte ich spontan zu. Eine Woche raus aus Pattaya, wo inzwischen die Low Season eingesetzt hatte, eine Woche ursprünglich eigentlich gar nicht eingeplantes Abenteuer in der Unabhängigkeit eines privaten PKW, dazu noch mit einem ortskundigen Führer an Bord, da kam ein Hauch von Euphorie auf!

Das Wohnhaus des buddhistischen Mönchs Luang Poo Tet Tet Lang Sii, ehemals Berater Seiner Majestät des Königs.
Das Wohnhaus des buddhistischen Mönchs Luang Poo Tet Tet Lang Sii, ehemals Berater Seiner Majestät des Königs.

Ein Zimmer für mich bestellte mein fürsorglicher Begleiter im "Dee Heng Dee Hotel" - eine gute Wahl, wie sich später herausstellte. Er selbst würde bei seiner Familie übernachten. Na, dann konnte es ja losgehen.

Zunächst schlugen wir die Richtung Bangkok ein, um schließlich über Saraburi, Nakhon Ratchasima (Korat), Khon Kaen, Udon Thani nach Nong Khai zu gelangen. Insgesamt etwa 820 Kilometer.

Wir hatten noch nicht die Hälfte der Strecke hinter uns gebracht, als uns eine Polizeikontrolle zu einem unverhofften Stop zwang. Mein Fahrer wurde zu einer Urinprobe gebeten, bei der man feststellen wollte, ob er Alkohol (Whiskey) oder Drogen ("Yaba") zu sich genommen hatte. Da der Befund negativ ausfiel, konnten wir die Fahrt schon nach kurzer Zeit fortsetzen. Nach nur wenigen Minuten wurden wir ein weiteres Mal angehalten. Offenbar war mein Fahrer mit 120 km/h an einer Stelle unterwegs gewesen, wo nur 90 km/h erlaubt waren. Er bezahlte 100 Baht und erklärte mir während der Weiterfahrt, diese Polizisten hätten meistens irgendwo ein "Liebchen", das sie neben der Ehefrau unterhalten müssten. Wenn sie am Montag mit der Verteilung von Strafgeldern anfingen, hätten sie am Freitag wohl das erforderliche Sümmchen für ein abwechslungsreiches Wochenende zusammen.

Hoch über dem bedächtig dahinfließenden Mekong im Wat Hin Mak Peng, der ideale Platz für intensive Meditation.
Hoch über dem bedächtig dahinfließenden Mekong im Wat Hin Mak Peng, der ideale Platz für intensive Meditation.

Annäherung mit Hindernissen

Etwa auf halber Strecke schlug er mir einen Fahrerwechsel vor. Nach zwei Polizeikontrollen wären wohl keine weiteren zu erwarten. Bereitwillig nahm ich seinen Platz ein.

An die großzügige Auslegung thailändischer Verkehrsregeln hatte ich mich schnell gewöhnt. Überhaupt war der Ausbau und der Zustand der in beiden Richtungen zweispurig verlaufenden Straße überraschend gut. So hatte ich das nicht erwartet.

Auch nicht erwartet hatten wir dagegen hinter der nächsten Kurve eine weitere Polizeikontrolle. Natürlich hatte ich keinen internationalen Führerschein dabei. Argumentieren zwecklos! Letztendlich zuckte mein Begleiter bedauernd mit den Schultern und übersetzte, ich müsse ein Bußgeld von 500 Baht bezahlen. Im Gegenzug dafür erhielt ich ein entsprechendes Papier, das mir erlaubte, für den Rest des Tages den Wagen weiterzufahren.

Während mein thailändischer Freund noch einige Zeit dem Verlust der 500 Baht hinterherschimpfte, wurde unser Wagen nur einige Kilometer weiter erneut zur Kontrolle herausgewunken. Offenbar würden wir per Funk von Kontrollpunkt zu Kontrollpunkt weitergereicht, beklagte sich mein zunehmend aufgebrachter Beifahrer. Für die Bezahlung der weiteren 100 Baht hielt der Polizist sein Klemmbrett so geschickt in das Innere des Wagens, dass ich den Geldschein unbemerkt darunterschieben konnte, eine Vorsichtsmaßnahme, wie mir mein Begleiter später erklärte, um mögliche Fotos zu verhindern, mit denen man eventuell im Nachgang die unrechtmäßige Abzocke hätte dokumentieren können.

Ohne eine weitere Kontrolle erreichten wir schließlich den Stadtrand von Nong Khai. Das Hotel selbst lag direkt am Mekong. Mein Zimmer verfügte über einen kleinen Balkon, von dem linkerhand die 1994 in Betrieb genommene, hell erleuchtete Thai-Lao-Friendship Bridge zu sehen war. Ich setzte mich noch einige Minuten auf den Balkon, den Blick auf den dunklen Mekong gerichtet, jenen Fluss, dessen Name seit dem Vietnamkrieg einen so merkwürdigen Beigeschmack bekommen hat.

Am nächsten Morgen gab es an der Hotelrezeption eine kleine Broschüre, in der sämtliche in Nong Khai und Umgebung befindlichen Sehenswürdigkeiten aufgelistet waren.

Drogenhandel contra Tourismus?

Die von der Electricity Production Authority von Thailand finanzierte Pagode des Pra Sudham Chedi.
Die von der Electricity Production Authority von Thailand finanzierte Pagode des Pra Sudham Chedi.

An welche Touristen man in der Region indes in erster Linie dachte, ergab sich allein aus der Tatsache, dass bis auf den Titel der Broschüre "Nong Khai Guide Book" sämtliche Hinweise und Erklärungen ausschließlich in thailändischer Sprache abgefasst waren. Hier, an der Grenze zu Laos, lag zumindest der Schluss nahe, dass man wegen der möglichen Gefahren, die eventuell aus einem grenzüberschreitenden Drogenhandel seitens ausländischer Touristen drohen, nicht sonderlich an mehr Tourismus interessiert war. So verwunderte es nicht wirklich, dass der bescheidene wirtschaftliche Aufschwung der Stadt, der 1991 mit dem Beginn der Bauarbeiten an der Thai-Lao Friendship Bridge eingesetzt hatte, seit deren Inbetriebnahme 1994 ebenso schnell wieder abflaute wie er entstanden war. Bis heute verharrt der Ort in einem beschaulichen Dornröschenschlaf. Gleichwohl üben seine Stille, seine unaufgeregte Beschaulichkeit, seine friedvoll-bedächtige Atmosphäre ohne Hektik und nicht zuletzt wohl auch seine unmittelbare Lage am Mekong auf viele Besucher eine besondere Anziehungskraft aus.

Mein Begleiter zumindest schwärmte, dass seine kleine, circa 50.000 Einwohner zählende Heimatstadt einmal in der Liste der weltweit attraktivsten Ziele für Ruheständler den siebten Platz eingenommen habe.

Neben den hinlänglich bekannten Sehenswürdigkeiten der Region, über die auch an dieser Stelle schon mehrfach berichtet wurde, versteckten sich ausgerechnet an der auf einer Länge von circa 40 Kilometern Richtung Westen entlang des Mekong verlaufenden Uferstraße im Amphoe (Distrikt) Si Chiang Mai drei Ziele, deren Besuch selbst für meinen ortskundigen Führer ein Novum darstellte. Dass dabei immer wieder der Mekong mit traumhaft schönen Ausblicken ins Blickfeld geriet, verlieh dem Ganzen einen zusätzlichen Reiz und mag vielleicht auch Begründung dafür sein, dass es viele Touristen immer wieder hierher zog.

Für den erstmalig die Gegend bereisenden Besucher waren zunächst jedoch schon die in der Region von Tha Bo immer wieder auftauchenden riesigen Tabakfelder eine Überraschung. China als der größte Tabakproduzent der Welt ist bekannt, dass aber auch Thailand in der vordersten Liga mitspielte, war mir neu.

Die in Streifen geschnittenen Tabakblätter werden auf großen Platten ausgelegt und so in der Sonne getrocknet.
Die in Streifen geschnittenen Tabakblätter werden auf großen Platten ausgelegt und so in der Sonne getrocknet.

Tabakanbau in der Region um Tha Bo

Nachdem 1994 der mit den Bauarbeiten für die Thai-Lao Friendship Bridge zusammenhängende Wirtschaftsaufschwung der Region, der einherging mit einem aufkeimenden Tourismus, wieder verpufft war, haben viele Gasthäuser geschlossen, und die Bevölkerung konzentrierte sich stattdessen wieder auf die althergebrachten Standbeine Fischfang, Reis und Tabakanbau. Letzterer ist in vielen Dörfern im Nordosten Thailands inzwischen neben Reis die eigentliche Haupteinnahmequelle. Einer im Jahr 2009 erschienenen Studie zufolge nahm Thailand unter den weltweit größten Produzenten von Rohtabak 2007 den zwölften Platz ein. So bezieht die Firma Reynolds American zum Beispiel für ihre Marken wie Camel, Pall Mall oder Winston ihren Rohtabak neben den USA und Brasilien unter anderem auch aus Thailand oder der Türkei. Während die Geschmacksträger des Virginia Tabaks heute fast ausschließlich aus den USA, aus Brasilien, Simbabwe und Korea kommen, werden die Basistabake, die den Geschmack unterstreichen, vor allem in Malawi und Sambia angebaut. Aus Thailand, von den Philippinen und aus Indien stammen die Fülltabake.

1939 beschloss die thailändische Regierung, das Tabakgeschäft selbst in die Hand zu nehmen. Seit dieser Zeit dürfen Zigaretten nur vom staatlichen Tabakkonzern Thailand Tobacco Monopoly (TTM) hergestellt werden, der dem Finanzministerium untergeordnet ist. Die circa 100.000 Farmer im Norden des Landes und die zusätzlichen 20.000 im Isaan produzieren gegenwärtig bis zu 54.000 Tonnen Tabak pro Jahr. Insgesamt wird die Tabakindustrie des Landes auf 60 bis 70 Billionen Baht pro Jahr geschätzt.

Das Innere der 2001 fertiggestellten Pagode des Wat Pra Sudham Chedi ist sowohl Tempel als auch Museum.
Das Innere der 2001 fertiggestellten Pagode des Wat Pra Sudham Chedi ist sowohl Tempel als auch Museum.

Ziele am Mekong

Entlang der Hauptstraße im Si Chiang Mai Distrikt war schon von weitem die Pagode des Pra Sudham Chedi auszumachen. Was das auf dem Gelände des Wat Aranyabanpod errichtete Gebäude so ungewöhnlich machte, war die Tatsache, dass es sowohl als Museum als auch als Tempel diente. Der Bau des strahlend weißen Chedi mit seiner von vier baugleichen kleineren Türmchen umgebenen goldenen Mittelspitze wurde erst 2001 abgeschlossen. Oberhalb des Mekong mit einem beherrschenden Blick auf den Fluss gelegen, kombinierte er Elemente der traditionellen heiligen Reliquienbaukunst mit absolut moderner Architektur. Im Innern verliehen das leuchtende Rot des Teppichbodens, die acht bis an die Decke reichenden goldenen Säulen, die zarten Farben der Deckenmalerei, die rundum befindlichen großen Glasfenster sowie die großen gläsernen Ausstellungsvitrinen dem Raum einen eleganten Charakter. Gewidmet war dieser Chedi dem hochverehrten Mönch Luang Pu Rian Voralapo. Ein übergroßes Bildnis sowie eine ihn in sitzender Haltung darstellende Wachsfigur vor der zentralen Buddha-Statue erinnerte an den Mönch. In den gläsernen Vitrinen waren einige seiner Habseligkeiten ausgestellt.

Circa 85 Kilometer westlich von Nong Khai, in einem kleinen Dorf mit Namen Thai Charoen, lag in einem etwa zwei Quadratkilometer großen Waldstück ein weiteres Juwel, der Wat Hin Mak Peng, Heimat eines ebenfalls in Thailand bekannten Mönchs, des Mitte der 90er Jahre verstorbenen Luang Poo Tet Tet Lang Sii (Luang Pu Tes), Berater Seiner Majestät des Königs. Eine Seite des Grundstücks grenzte an den Mekong und gab wunderschöne Ausblicke auf den Fluss frei. Das Anwesen war ursprünglich als reiner Ort der Meditation für den im Isaan hochverehrten Mönch gedacht, dieser aber wandelte es später in eine Stätte um, in der sich auch die Allgemeinheit buddhistischer Studien hingeben konnte. Nach seinem Tod wurde auf dem Gelände ein Chedi errichtet, der seine Asche enthält. In seinem Wohnhaus, von außen von einer kleinen Terrasse durch hohe Glasscheiben einzusehen, war seine lebensgroße Wachsstatue ausgestellt, zusammen mit Dingen aus seinem persönlichen Besitz.

Der Information einiger zufällig vor Ort angetroffener thailändischer Gäste verdankten wir schließlich den Hinweis auf den Wat Pha Tak Suea. Über eine ebenso abenteuerliche wie abgelegene Schotterstraße erreichten wir den beschriebenen Tempel, und hätten wir diesen auf unserer Besichtigungstour ausgelassen, hätten wir damit wohl das touristische Highlight des gesamten Trips verpasst: Hoch über dem Mekong, mit einem atemberaubenden Fernblick, erhob sich die aus mehreren Gebäuden bestehende Anlage. Was von hier oben wie die Einmündung eines Nebenflusses in den Mekong aussah, stellte sich als Teilung des Flusses heraus, der sich nach Umgehung einer kleinen Insel in der Ferne wieder mit seinem Hauptarm vereinte. Von tief unter uns leuchtete der helle Boden der Sandbänke bis in unsere Höhe – ein unglaubliches Bild, ein starker Eindruck, wie selbst mein Begleiter zugeben musste, der – obwohl in Nong Khai zu Hause – niemals zuvor hier gewesen war.

Übrigens: auf der Rückfahrt nach Pattaya gab es nicht eine einzige Polizeikontrolle. Es war ja auch bereits Wochenende!

Übernachtung

Das "Dee Heng Dee Hotel" (Tel.: 0066 42413 595) liegt direkt am Mekong zwischen dem Westausgang von Nong Khai und der Thai-Lao Friendship Bridge. Es verfügt über 48 Zimmer und ist erst seit Ende 2010 in Betrieb. Das hinreichend geräumige Zimmer mit Balkon und Blick auf den Fluss kostete pro Nacht 550 Baht und verfügte über zwei getrennte Betten, einen Kleiderschrank, eine Minibar und einen Fernsehapparat. Elektrik und Klimaanlage ließen sich über eine Chipkarte in Gang setzen. Im Bad gab es am Handwaschbecken lediglich kaltes Wasser. Für jemanden, der es gewohnt ist, sich nass zu rasieren, gewöhnungsbedürftig. Das Frühstück war nicht im Preis inbegriffen und wurde nach dem berechnet, was man gemäß Karte bestellte. Insgesamt für den Preis ein akzeptabler Standard.

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