Die vierte Bombe in Austin

Foto: epa/Stephen Spillman
Foto: epa/Stephen Spillman

AUSTIN (dpa) - Es war Bombe Nummer vier. Die ersten drei waren auf Türschwellen abgelegt, die jüngste wartete am Straßenrand, versehen mit einem Stolperdraht. Die Polizei nennt das für Austin eine neue Stufe der Bedrohung.

Kein Täter, kein Motiv. Vier Bomben und große Angst: Die US-Metropole Austin wird von einer unheimlichen Serie von Bombenexplosionen erschüttert. Drei Paketbomben waren im März schon hochgegangen. Sie töteten zwei Menschen, zwei wurden schwer verletzt. In der Nacht zu Montag eskalierte die Situation. Eine vierte Bombe explodierte. Sie lag einfach am Straßenrand, ausgelöst durch zwei Männer, die dort friedlich ihre Fahrräder entlang schoben.

«Zutiefst beunruhigend», sagt der leitende FBI-Ermittler Christopher Combs am Montag vor Medien. Austins Polizeichef Brian Manley stellt nüchtern fest: «Wir haben nun einen höheren Bedrohungslevel.» Die Ermittler finden Ähnlichkeiten zu den ersten drei Bomben. Nach der Explosion wird die Gegend abgeriegelt, noch in der Nacht um 1.30 Uhr Ortszeit steht die Polizei im gleißenden Licht vor Kameras, eindringlich warnt sie die Bevölkerung.

Travis Country ist ein ruhiges Wohnviertel der texanischen Hauptstadt, und nun wird es bis zum Montagnachmittag abgeriegelt. Teure Häuser, viel Grün, ein Park. Niemand soll auf die Straße. Gelbe Flatterbänder, schwarze FBI-Jacken mit ihren leuchtend gelben Schriftzügen, Spezialfahrzeuge. Mehr als 500 Ermittler sind nun eingesetzt, um diese rätselhafte Serie zu lösen. 100.000 Dollar Belohnung hat die Polizei für Hinweise ausgesetzt, dazu kommen 15.000 vom Gouverneur.

Ein Stolperdraht aus Auslöser: So etwas könne nicht jeder, sagt Frederick Milanowski von der Bundespolizeibehörde ATF. Jede Berührung lasse einen gespannten Draht auslösen.

Ein militärischer Hintergrund, womöglich Terrorismus? Polizeichef Manley antwortet ausweichend. «Nicht notwendigerweise. Wir ermitteln.» Die Bedrohung sei nun viel umfassender als zuvor - die ersten drei Bomben seien adressiert gewesen, die vierte nicht. «Ein Kind hätte darüber stolpern können, einfach so», sagt Combs vom FBI.

Die Polizei appelliert direkt an den oder die Täter: Nehmt Kontakt zu uns auf. Sagt uns, was ihr wollt, redet mit uns. Aber hört auf damit, unschuldige Menschen zu attackieren. Mit anderen Worten: Wir haben keine Idee, wer das war, was er will, und ob das so weitergeht. Der übernächtigte Bürgermeister Steve Adler mahnt seine Einwohner: «Fassen Sie nichts an, wenn Sie etwas sehen. Pakete, Rücksäcke, gar nichts. Die Sorgen sind berechtigt und sehr real.»

In der ersten März-Hälfte explodierten in Austin drei Paketbomben. Abgelegt auf den Türschwellen, das ist so üblich in Amerika. Am 2. März starb Stephan House, 39 Jahre alt, 1.100 Haverford Drive. Am 12. März tötet die zweite Bombe Draylen Mason, 4.800 Oldfort Hill Drive, er wurde nur 17 Jahre alt. Seine Mutter (41) wird schwer verletzt. Am gleichen Tag verletzt das dritte Paket eine 75 Jahre alte Frau, wohnhaft 6700 Galindo Street. Sie wird womöglich nur zufällig getroffen, schreibt die «Washington Post». Adressiert war das Paket an eine andere Adresse, vielleicht habe sie es dort hintragen wollen.

Die Namen der Verletzten wurden nicht veröffentlicht. Die 75-Jährige ist hispanischer Abstammung, die anderen Opfer Afroamerikaner. Das legte ein Hassverbrechen nahe, rassistische Hintergründe, aber die Polizei schloss auch andere Motive nicht aus. Bombe vier passt nicht ins Muster. Straßenrand statt Türschwelle, kein exakter Adressat, und die Opfer sind Weiße, zwei Männer in den Zwanzigern. Bomben eins bis drei explodierten im Osten der Stadt, Bombe vier im Südwesten, in einem Wohngebiet.

Austin, das ist eine der cooleren Städte der USA. Mitten im sonst oft knarzigen Texas gelegen, beherbergt sie die größte Uni der USA mit mehr als 50.000 Studierenden, hat viele Live-Clubs, Bars und Bühnen. Weiße stellen knapp die Hälfte der knapp 800.000 Bewohner, Hispanics mehr als ein Drittel, Afroamerikaner unter zehn Prozent. Die Stadt boomt kräftig, größte Arbeitgeber sind Internet- und Elektronikkonzerne.

Vier Bomben binnen eines Monats. Schon die ersten seien gekonnt gebaut gewesen, sagten die Experten. Die vierte weise nun einen «höheren Level an Raffinesse» auf. Die Ähnlichkeiten der Sprengsätze lassen Manley fast nebenbei das Wort «serial bomber» benutzen. Ein Serien-Bombenleger in Austin. Der Polizeichef sagt: «Ausschließen können wir gar nichts.»

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