Ukraine kann mit Milliardenhilfen rechnen

Russland nennt US-Hilfe für Ukraine erwartbar und zerstörerisch

Foto: Pixabay
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WASHINGTON: Lange Zeit sah es so, als ob sich die Republikaner nicht zu neuen Ukraine-Hilfen durchringen können. Dabei sind die USA Kiews wichtigster Verbündeter. Nun gibt es gute Nachrichten für Selenskyj.

Applaus und Ukraine-Fähnchen im US-Kongress: Die Ukraine kann nach monatelangem Stillstand mit neuen Hilfen in Milliardenhöhe aus den USA rechnen. Das US-Repräsentantenhaus billigte am Samstag mit überparteilicher Mehrheit ein Hilfspaket von 61 Milliarden US-Dollar (57 Milliarden Euro), das auch dringend benötigte Waffenlieferungen zur Verteidigung gegen Russland enthält. Damit ist die Parlamentskammer einer Forderung von US-Präsident Joe Biden nachgekommen. Die nötige Zustimmung des Senats steht noch aus, gilt aber als sicher. Das Repräsentantenhaus verabschiedete außerdem Unterstützung in Milliardenhöhe für Israel und Taiwan. Den republikanischen Vorsitzenden, Mike Johnson, könnten die Ukraine-Hilfen den Job kosten.

Die bisherigen US-Militärhilfen für die von Russland angegriffene Ukraine sind ausgelaufen - Kiew ist auf die Unterstützung der Amerikaner angewiesen. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj zeigte sich nach der Abstimmung «dankbar für die Entscheidung, die die Geschichte auf dem richtigen Weg hält». «Demokratie und Freiheit werden immer eine globale Bedeutung haben und niemals scheitern, solange Amerika hilft, sie zu schützen», teilte er mit. US-Präsident Biden forderte den Senat auf, in dem seine Demokraten die Mehrheit haben, nun schnell zu handeln. Mit Abstimmungen wird ab Dienstag gerechnet. Biden kündigte an, die Hilfspakete sofort zu unterzeichnen, sobald sie auf seinem Schreibtisch landen. Vor dem Kongress in Washington versammelten sich nach der Abstimmung zahlreiche Menschen mit Ukraine-Flaggen und riefen «Danke, USA!».

Zankapfel Ukraine

Die USA gelten als wichtigster Verbündeter der Ukraine im Abwehrkampf gegen die russische Invasion. Seit Kriegsbeginn im Februar 2022 hat die Regierung von Präsident Biden militärische Hilfe im Umfang von mehr als 44 Milliarden US-Dollar für Kiew bereitgestellt. Hinzu kommen noch weitere Milliarden an nicht-militärischer Finanzhilfe. Das nun verabschiedete Paket sieht unter anderem Mittel für die Aufstockung des US-Militärbestands vor. Das Geld geht somit indirekt an die Ukraine, da die USA das von Russland angegriffene Land in der Regel mit Ausrüstung aus ihren Beständen ausstatten. Der Rest ist für weitere militärische Unterstützung und Finanzhilfe in Form von Darlehen vorgesehen. Der Text dringt auch auf die Lieferung weittragender Raketensysteme vom Typ ATACMS, auf die Kiew hofft.

Etliche Republikaner lehnen weitere US-Hilfen für die Ukraine vehement ab. Sie argumentieren, die US-Regierung sollte das Geld stattdessen für die Sicherung der Südgrenze zu Mexiko ausgeben. Befeuert wurde diese Haltung auch immer wieder von Ex-Präsident Donald Trump, dessen Anhänger in der Partei besonders lautstark gegen die Ukraine-Hilfen wettern. Monatelang hat sich der Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Johnson, bei dem Thema nicht bewegt und von radikalen Parteikollegen vor sich hertreiben lassen. Die Republikaner haben eine hauchdünne Mehrheit in der Kammer. Daher ist es schwierig, an ihnen vorbei ein Votum zu erzwingen. Nun war es Johnson, der die Abstimmung möglich gemacht hat. Seinen Sinneswandel begründete er damit, auf der richtigen Seite der Geschichte stehen zu wollen.

Johnson riskiert Job

Wie gespalten die Fraktion der Republikaner ist, zeigte sich bei der Abstimmung am Samstag. Es stimmten 112 Republikaner gegen das Hilfspaket für die Ukraine, 101 dafür. Bidens Demokraten hingegen stimmten geschlossen für den Gesetzesentwurf. Nach der Abstimmung wedelten einige Abgeordnete im Plenum mit Ukraine-Flaggen und applaudierten. Sie wurden vom Sitzungsleiter zur Ordnung gerufen. Johnson kritisierte die Abgeordneten und sagte: «Wir sollten nur mit einer Flagge im Plenum wedeln.» Die glühende Trump-Anhängerin Marjorie Taylor Greene gab sich entrüstet über die Abstimmung und die Flaggen im Plenum. «Ich denke, jeder Amerikaner in diesem Land sollte wutentbrannt sein», sagte die stramm rechte Abgeordnete.

Greene hatte im März einen ersten Antrag für Johnsons Abwahl eingereicht, später schlossen sich zwei weitere Abgeordnete der Partei an. Bisher hat sie ein Votum über Johnsons Abwahl nicht forciert. Johnson dürfte nun zumindest kurzfristig aufatmen, denn die 49-Jährige machte am Samstag deutlich, dass sie vorerst die Füße stillhalten werde. Johnsons Verhalten nannte sie einen «Betrug». Sollte Greene wirklich auf eine Abstimmung über eine Abwahl bestehen, dürfte Johnson wegen der knappen Mehrheit seiner Fraktion auf die Stimmen der Demokraten in der Kammer angewiesen sein, um seinen Job zu behalten.

Der 52-Jährige hatte das Amt, das in der staatlichen Rangfolge der Vereinigten Staaten an dritter Stelle nach dem Präsidenten und dessen Vize kommt, erst vor rund einem halben Jahr übernommen. Seinem Vorgänger Kevin McCarthy hatten die Demokraten die Unterstützung verwehrt. Er wurde Anfang Oktober in einer historischen Abstimmung aus dem Amt gejagt. Dieses Mal könnten die Dinge anders liegen, weil Johnson den Demokraten mit der Abstimmung über die Ukraine-Hilfen entgegengekommen ist. In Johnsons eigener Fraktion sind Abgeordnete wie Greene in erster Linie darauf aus, Chaos zu stiften. Das Verabschieden von Gesetzen scheint für viele nicht unbedingt Priorität zu haben.

Auch Hilfen für Israel und Taiwan

Deshalb ist beachtenswert, dass nun neben den Ukraine-Hilfen noch weitere Entwürfe die Kammer passiert haben. Ein Text sieht gut 26 Milliarden US-Dollar für Israel vor. Einerseits sollen damit zum Beispiel Israels Raketenabwehr und die laufenden Militäroperationen der USA in der Region finanziert werden. Andererseits sind davon rund 9 Milliarden US-Dollar für humanitäre Unterstützung gedacht, darunter für die Menschen im Gazastreifen und in anderen Regionen. Ebenfalls gebilligt sind rund 8 Milliarden US-Dollar an Unterstützung für Taiwan und den Indopazifik-Raum und ein Text, der einen Verkauf der chinesischen Kurzvideo-App Tiktok vorsieht sowie Sanktionen gegen den Iran und die Beschlagnahmung russischer Vermögenswerte.

Zwar wurde die Hilfe für Israel mit breiter überparteilicher Mehrheit angenommen, doch anders als bei der Ukraine und Taiwan gab es hier auch Gegenstimmen aus den Reihen der Demokraten. Es votierten 37 Demokraten und 21 Republikaner gegen das Paket. Die USA sind wichtigste Schutzmacht Israels und unterstützen das Land jährlich mit Milliardenbeträgen, von denen ein beachtlicher Teil in Raketenabwehr und andere Militärtechnik fließt. Vor allem bei den Demokraten wird Israels Verhalten im Gaza-Krieg zunehmend kritisch gesehen. Einige haben gefordert, dass weitere Hilfen an Bedingungen geknüpft werden.


Russland nennt US-Hilfe für Ukraine erwartbar und zerstörerisch

MOSKAU: Das US-Repräsentantenhaus hat die Militärhilfe für den Kampf der Ukraine gegen die russische Invasion bewilligt. Moskau wirft Washington nun einmal mehr vor, sich an dem Krieg nur zu bereichern.

Die vom US-Repräsentantenhaus bewilligte milliardenschwere Militärhilfe für die Ukraine wird nach russischer Darstellung das Land weiter in den Ruin treiben. «Die Entscheidung, der Ukraine Hilfe zu leisten, war erwartbar und wurde vorhergesagt. Sie wird die Vereinigten Staaten von Amerika weiter reich machen und die Ukraine weiter zugrunde richten, sie wird zu noch mehr toten Ukrainern führen», sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Samstagabend der russischen staatlichen Nachrichtenagentur Tass zufolge.

Moskau hatte Kiew immer wieder vorgeworfen, den Kampf mit westlicher Hilfe führen zu wollen, bis kein Ukrainer mehr übrig sei. Die westlichen Waffenhilfen verlängerten den Krieg, hieß es. Dagegen dankte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj den USA nach dem Votum für die weitere Hilfe im Kampf gegen die russische Invasion.

Das US-Repräsentantenhaus hatte nach monatelanger Blockade ein milliardenschweres Hilfspaket für die Ukraine gebilligt. Die Parlamentskammer verabschiedete am Samstagnachmittag (Ortszeit) einen entsprechenden Gesetzentwurf, der rund 61 Milliarden US-Dollar (57 Milliarden Euro) für Kiew enthält. Die nötige Zustimmung des Senats steht noch aus, gilt aber als sicher.

Zugleich warnte Peskow einmal mehr davor, russisches Staatsvermögen zu konfiszieren. Amerika werde sich dafür verantworten müssen, wenn es tatsächlich dazu komme. Russland werde entsprechend eigenen Interessen eine Antwort darauf geben, sagte der Kremlsprecher. Das Repräsentantenhaus votierte am Samstag auch für die Beschlagnahmung eingefrorener russische Vermögenswerte. Die Details der Entscheidung müssten noch analysiert werden, sagte Peskow.

Gebilligt wurde im US-Repräsentantenhaus auch Militärhilfe für Israel und Taiwan. Auch das stieß in Moskau auf Kritik. «Die Gewährung von Militärhilfe der Vereinigten Staaten für die Ukraine, Israel und Taiwan wird die globalen Krisen verschärfen», sagte die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa. «Die Militärhilfe für das Kiewer Regime ist eine direkte Unterstützung terroristischer Aktivitäten; für Taiwan - eine Einmischung in die inneren Angelegenheiten Chinas; für Israel - ein direkter Weg zur Eskalation einer noch nie dagewesenen Verschärfung der Lage in der Region.»


Biden lobt Billigung der Ukraine-Hilfen und fordert Tempo vom Senat

WASHINGTON: Monatelang haben die Republikaner neue US-Hilfen für die Ukraine blockiert. Nun kam es zum Durchbruch. Die milliardenschwere Unterstützung dürfte bald zur Unterschrift auf Bidens Schreibtisch landen.

US-Präsident Joe Biden hat nach der Billigung neuer milliardenschwerer Hilfen für die Ukraine und Israel im Repräsentantenhaus den Senat aufgefordert, schnell zu handeln. Nach der Zustimmung der zweiten Parlamentskammer werde er das Gesetz unterzeichnen, kündigte der Demokrat am Samstag an. Es gilt als sicher, dass der Senat die Hilfen billigt. Bidens Demokraten haben dort eine Mehrheit. Zu einer Abstimmung könnte es schon in der kommenden Woche kommen.

Zuvor hatte am Samstag das Repräsentantenhaus die Milliarden-Hilfen angenommen. «An diesem kritischen Wendepunkt kamen sie zusammen, um dem Ruf der Geschichte zu folgen», schrieb Biden über die Abgeordneten im Repräsentantenhaus, die für die Hilfen gestimmt haben, und bedankte sich bei ihnen.

In mehreren Gesetzesentwürfen hat die Parlamentskammer rund 61 Milliarden US-Dollar (57 Milliarden Euro) für die Ukraine und 8 Milliarden US-Dollar für Taiwan und den Indopazifik-Raum gebilligt. Auch milliardenschwere Hilfe für Israel wurde angenommen - es handelt sich um ein Paket in Höhe von 26 Milliarden US-Dollar. Damit sollen zum Beispiel Israels Raketenabwehr und die laufenden Militäroperationen der USA in der Region finanziert werden. Das Paket enthält auch rund neun Milliarden US-Dollar für humanitäre Unterstützung - für die Menschen im Gazastreifen und in anderen Regionen.

«Ich weiß, dass es Kritiker der Gesetzesentwürfe gibt. Ich verstehe, dass dies keine perfekte Gesetzgebung ist», sagte der republikanische Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Mike Johnson, nach der Abstimmung. In seiner Fraktion gab es Widerstand gegen die Ukraine-Hilfen. Die Republikaner haben eine hauchdünne Mehrheit in der Kammer. Da aber nicht alle Republikaner für die Ukraine-Hilfen stimmten, war Johnson auf die Stimmen von Bidens Demokraten angewiesen. Nach dem Votum wedelten einige Abgeordnete mit Ukraine-Flaggen im Plenum. Sie wurden zur Ordnung gerufen. «Wir sollten nur mit einer Flagge im Plenum wedeln», sagte Johnson kurze Zeit später.

Vor dem Kongress versammelten sich etliche Menschen, einige waren in Gelb und Blau gekleidet, den Farben der ukrainischen Flagge. Sie riefen «Danke, USA!». Die Demonstrantin Catherine Pedersen sagte zu der Abstimmung: «Wir stehen jetzt gegen Russland, China und Nordkorea auf und verhindern, dass sie die Welt in ein weiteres Chaos stürzen.» Die Menschen in der Ukraine kämpften auch für die USA, sagte sie weiter.


Selenskyj dankt für US-Votum über milliardenschwere Hilfe

KIEW: Für die Ukraine ist die US-Milliardenhilfe durch die Billigung im Repräsentantenhaus nun in greifbarer Nähe. Aus Kiew kommt prompt Dank.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat dem US-Repräsentantenhaus für die Billigung der milliardenschweren Militärhilfe für den Kampf gegen den russischen Angriffskrieg gedankt. Er sei beiden Parteien sowie persönlich dem republikanischen Vorsitzenden des Repräsentantenhauses, Mike Johnson, «dankbar für die Entscheidung, die die Geschichte auf dem richtigen Weg hält», teilte Selenskyj am Samstagabend kurz nach der Abstimmung auf der Plattform X (vormals Twitter) mit. «Demokratie und Freiheit werden immer eine globale Bedeutung haben und niemals scheitern, solange Amerika hilft, sie zu schützen.»

Das US-Repräsentantenhaus hatte nach monatelanger Blockade ein milliardenschweres Hilfspaket für die von Russland angegriffene Ukraine gebilligt. Die Parlamentskammer verabschiedete am Samstagnachmittag (Ortszeit) einen entsprechenden Gesetzentwurf, der rund 61 Milliarden US-Dollar (57 Milliarden Euro) für Kiew enthält. Die nötige Zustimmung des Senats steht noch aus, gilt aber als sicher.

«Wir hoffen, dass die Gesetzesentwürfe im Senat unterstützt werden und auf Präsident Bidens Schreibtisch gelangen. Vielen Dank, Amerika!», schrieb Selenskyj weiter. «Das heute vom Repräsentantenhaus verabschiedete lebenswichtige US-Hilfsgesetz wird eine Ausweitung des Krieges verhindern, Tausende und Abertausende von Menschenleben retten und dazu beitragen, dass unsere beiden Nationen stärker werden», meinte der ukrainische Staatschef bei X. «Gerechter Frieden und Sicherheit können nur durch Stärke erreicht werden.»

Die Ukraine wehrt sich seit mehr als zwei Jahren gegen die russische Invasion. Sie ist nach Angaben der Führung in Kiew dringend auf mehr Munition und Flugabwehrsysteme angewiesen, um den russischen Vormarsch zu stoppen.

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