Bekenntnis zum Atom-Deal als Test für US-Beziehungen zu Moskau

Foto: epa/Abedin Taherkenareh
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WIEN (dpa) - Airbus und Boeing reiben sich die Hände. Der europäische Flugzeugbauer liefert 100 Maschinen im Wert von 19 Milliarden Dollar (18 Mrd Euro) an den Iran, das US-Unternehmen hat einen Vertrag mit Teheran über 80 Maschinen für 15,7 Milliarden Euro abgeschlossen. Diese Aufträge sind die bisher prominentesten Beispiele für die Chancen, die die Aufhebung der Wirtschaftssanktionen gegen den Iran bieten.

Vor einem Jahr, am 16. Januar 2016, hatte die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) der Islamischen Republik die Einhaltung aller Auflagen des Atom-Deals bescheinigt. Damit war der Weg in vielen Bereichen frei für die wirtschaftliche Zusammenarbeit - aber der große Durchbruch blieb bisher aus.

Zwar steigerte die deutsche Wirtschaft laut Deutschem Industrie- und Handelskammertag (DIHK) 2016 ihre Ausfuhren um 15 Prozent, aber bis zur mittelfristig erhofften Vervierfachung des Handels-Volumens auf zehn Milliarden Euro ist es noch ein weiter Weg. Denn es hapert bei der Umsetzung. Banken halten sich mit Krediten aus Angst vor Ärger mit Washington zurück. Und die Konflikt-Situation dürfte sich mit der neuen US-Regierung unter Donald Trump verschärfen. Einen Vorgeschmack gab es im Dezember: Der US-Kongress verlängerte die US-Sanktionen von 1996 gegen ausländische Investments im Iran um weitere zehn Jahre.

So ist in den USA der Iran-Deal - starke Begrenzung des Atomprogramms Teherans gegen die Chance auf wirtschaftliche Erholung - eines der großen Streitthemen. Trump hält ihn für schlecht - nicht einmal so sehr aus Sorge um Irans Atomprogramm, sondern weil er US-Unternehmen nicht genügend Gewinnmöglichkeiten eröffne. «Der große Gewinner ist Russland. Sie stehen hinter einem iranischen Programm, und sie wissen, dass sie auch an die iranischen Gegner in der Region verkaufen können», sagte Trumps künftiger Nationaler Sicherheitsberater, Ex-General Michael Flynn, in einem Interview.

Das Weiße Haus verwies unlängst darauf, dass der Atomdeal juristisch kein Vertrag ist und deshalb vergleichsweise einfach zu lösen wäre. Allerdings hat sich der künftige US-Verteidigungsminister James Mattis durchaus pragmatisch gezeigt. «Es ist eine unvollkommene Rüstungskontrollvereinbarung, es ist kein Freundschaftsabkommen, aber wenn Amerika sein Wort gibt, müssen wir uns daran halten, und mit unseren Verbündeten zusammenarbeiten», sagte er bei einer Anhörung im Verteidigungsausschuss des Senats. Und die Streitfall-Kommission aus Mitgliedern aller beteiligten Länder hat sich bei ihrer Sitzung vor wenigen Tagen in Wien eindeutig zum Abkommen bekannt.

Der Deal war einer der großen außenpolitischen Erfolge des scheidenden US-Präsidenten Barack Obama. Nicht von ungefähr hatte US-Außenminister John Kerry jüngst noch einmal mit Nachdruck für das Abkommen geworben. «Wir haben 98 Prozent der (iranischen) Lagervorräte an angereichertem Uran beseitigt und zwei Drittel der Zentrifugen zur Anreicherung», sagte Kerry. Die Region sei sicherer geworden, das gelte auch für Israel.

«Die Welt vertraut dem Deal und damit auch dem Iran wieder», so das bisherige Fazit des reformorientierten iranischen Präsidenten Hassan Ruhani. Besonders wichtig sei, dass die internationale Gemeinschaft das Land nicht mehr als eine Bedrohung, sondern als einen potenziellen politischen und wirtschaftlichen Partner sehe.

Den Iranern hatte Ruhani mit dem Deal einen Aufschwung, fallende Preise für alltägliche Güter und dank ausländischer Investitionen mehr Arbeitsplätze versprochen. Obwohl der Ölexport schon wieder läuft, blieb der Boom aus. Ohne wirtschaftlichen Erfolg könnte es für Ruhani und die Reformer eng werden. Am 19. Mai wird ein neuer Präsident gewählt. Weil die Wirtschaftskrise anhält, bezeichnen die Hardliner das Atomabkommen als gescheitert und fordern den Ausstieg.

Nach Angaben von Atomchef Ali-Akbar Salehi könnte der Iran innerhalb von 18 Monaten sein Atomprogramm aus der Zeit von vor 2015 wieder aufnehmen. Das würde auch eine unbegrenzte Urananreicherung bedeuten und die Furcht vor einer iranischen Atombombe wiederbeleben.

Ein Ausstieg aus dem Abkommen wäre für Trump also ein gewagtes Spiel. Vor allem wenn er an seinem vielfach geäußerten Vorhaben festhält, die Beziehungen zu Russland verbessern zu wollen. Politik-Analysten meinen, dass Moskau seinen Einfluss im Nahen Osten mittels guter Kontakte zu Syrien und dem Iran massiv ausbauen wolle und Teheran beim Atom-Abkommen beistehen werde. «Wenn wir die Daumenschrauben beim Iran anziehen, werden wir kein gutes Verhältnis mit Russland bekommen», heißt es in der «Washington Post».

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